Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jeder kann mal Robin sein

Jeder kann mal Robin sein

Titel: Jeder kann mal Robin sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lotte Betke
Vom Netzwerk:
Jetzt kam er um die Ecke geflitzt. Tine winkte zu Oma hinauf, dann trabten die beiden die Straße entlang.
    Oma gähnte herzhaft. Es war nun schon die dritte Nacht, in der sie vom Kinderweinen nebenan wach geworden war. Fröstelnd zog sie ihren Morgenmantel zusammen. Wenigstens hatten Tine und Max nichts gehört. Aber so konnte es nicht weitergehen. Sie seufzte. Zu Hause wäre alles ganz einfach gewesen. Da wäre sie nach nebenan gegangen, hätte die Tür aufgemacht und gesagt: Hör mal, Stine oder Boy oder wer auch immer, was ist hier eigentlich los?
    Aber hier? Sie konnte doch nicht einfach rübergehen und klingeln! Da mußte erst mal ’ne Tasse Kaffee her. Aber ’ne starke.
    Nach dem Frühstück brachte Oma Max in den Kindergarten. Als sie zurückkam, traf sie Frau Schumacher, die Hausmeisterin, die im Erdgeschoß wohnte.
    »Na, auch schon munter«, wurde Oma begrüßt. »Ja, ja, wenn man Enkelkinder hütet, muß man früh auf den Beinen sein. Kinder machen Arbeit. Und die Jüngste sind Sie ja auch nicht mehr.«
    Oma sah der Frau in die Augen. »Wenn Sie die Hausarbeit meinen, da hab ich andere Sorgen.« Sie überlegte und sagte rasch: »Vielleicht können Sie mir sogar helfen?«
    »Worum geht’s denn?«
    Oma blickte hinter sich nach oben. »Ich weiß nicht recht, wie ich’s sagen soll...« Sie zögerte, spürte, wie die Frau sie neugierig musterte, ärgerte sich, daß sie überhaupt etwas gesagt hatte, und fing an, die Treppe hinaufzugehen.
    Aber die Frau ließ nicht locker. »Ich kann mir’s schon denken. Es handelt sich um Ihre Nachbarn, oder?«
    Oma nahm die nächste Stufe.
    »Geben Sie’s doch zu«, rief die Frau hinter ihr her, »Sie haben die Kleine plärren gehört.«
    »Plärren!« Oma fuhr herum. »Das Kind hat jämmerlich geweint.«
    »Das werden Sie noch oft hören.«
    »Wieso?«
    »Immer, wenn die Mutter arbeitet, geht das so.«
    »Macht die Mutter Nachtschicht?«
    »Bedienung in ’ner Wirtschaft, habe ich gehört. Und der Mann ist doch immer unterwegs. Fernfahrer.«
    »Man kann doch so ein kleines Kind nicht allein lassen.« Oma schüttelte den Kopf.
    »Wenn’s bloß das wäre«, sagte Frau Schumacher. »Nehmen Sie mal die Autos vor unserem Haus. Heute morgen steht da ’n rotes. Und wenn das nicht da steht, dann parkt auf derselben Stelle der große Laster. Na, geht Ihnen nun ’n Licht auf?«
    Oma sah Frau Schumacher gerade ins Gesicht. »Nein. Wissen Sie, mit Autos weiß ich überhaupt nicht Bescheid, weil’s bei uns auf der Hallig überhaupt keine gibt.«
    »Keine Autos? Ja, kann man so überhaupt leben?«
    »Und wie gut! Aber Autos hin oder her, ob rot oder groß, ich muß jetzt rauf zu uns.« Energisch nahm Oma die letzten Stufen.
    »So was!« Frau Schumacher stieß die Luft heraus. »Nicht mal Autos! Und sonst sind die Kochs doch ganz ordentliche Leute.«

    Beim Mittagessen war Oma sehr schweigsam.
    Schließlich konnte Tine es nicht mehr aushalten. Sie legte die Gabel hin und fragte: »Oma, war Max frech zu dir?«
    Oma hob den Kopf. »Max? Wie kommst du denn darauf?«
    »Weil du so ’n Gesicht machst.«
    »Immer ich.« Max ließ den Löffel fallen. »Dabei hab ich gar nichts getan!«
    »Hast du auch nicht.« Oma stützte die Arme auf und schaute einen nach dem anderen an. »Sagt mal, habt ihr heute nacht nichts gehört?«
    Beide schüttelten den Kopf. »Hast du denn was gehört?«
    »Ja, leider.«
    In Tine stieg eine Ahnung auf. »Die Lilly? War sie wieder auf dem Treppenflur?«
    »Nein. Aber ich hab sie durch die Wand hindurch weinen hören.«
    »Oh, Oma!« Tine sah ihre Großmutter erschrocken an. »Und was sollen wir nun tun?«
    »Wenn ich das wüßte! Ich denke schon den ganzen Vormittag darüber nach. Ich hab auch schon mit Frau Schumacher darüber gesprochen, aber das ist ’ne Klatschbase, mit der komm ich nicht weiter.«
    »Aber das geht doch nicht! Man muß doch ... Kannst du nicht mal mit Lillys Mutter reden, Oma? Tust du wohl nicht gern?«
    »Nein, wahrhaftig nicht.«
    Max reckte den Kopf vor. »Soll ich mal drüben klingeln, Oma?«
    »Du?« Tine verzog das Gesicht. »Und was willst du sagen, wenn Lillys Mutter tatsächlich aufmacht?«
    »Dann, dann sag ich, ich bin der Späher und ...«
    »Siehst du, du weißt schon jetzt nicht weiter.«
    »Hört mal«, sagte Oma, »ich finde es gar keine so schlechte Idee, wenn ihr Kinder euch kümmert. Aber vielleicht ist es besser, wenn du es versuchst, Tine.«
    »Und was soll ich sagen?«
    »Zum Beispiel könntest du fragen, ob Lilly

Weitere Kostenlose Bücher