Jeder kann mal Robin sein
den Hof und spielst mit... mein Bruder, weißt du ... mußt du nicht heim ... ich schon, wird ja dunkel...«
Genau so plötzlich, wie sie angefangen hatte, brach Tine ab. Was sollte das? Sie bekam ja doch keine Antwort. Sie drehte sich um und ging lang-sam weiter. Aber kurz vor der Haustür blieb sie stehen. »Willst du mir nicht sagen, wie du heißt?«
Vom Müllkasten her kam ein schwacher Laut, wie ein Hauch.
Tine horchte ihm nach. »Lilly? Hast du Lilly gesagt?«
Keine Antwort. Zögernd stieg Tine die Treppe hinauf.
Nach etwa zehn Minuten klingelte es Sturm bei Kochs. Als Tine Max die Tür öffnete, blinzelte er ihr zu und fuhr mit den Armen in der Luft herum.
Tine stutzte. »Was ist los?
»Der Späher!« Max keuchte. »Eben ist er entführt worden. War einer von diesem Gisborne.«
»Wie, was? Ich verstehe kein Wort.«
»Eben ist ein Mann gekommen, der ist aus einem roten Auto geklettert und hat ihn mitgeschleift.«
»Du meinst das Mädchen?«
Max nickte.
»Der Mann hat sie in das Auto gezogen?«
»Nein, hier die Treppe rauf.«
»Na und? Da wohnt sie doch.«
»Ja, aber sie wollte nicht. Sie hat gezappelt und gestrampelt.«
»Das sind ja wahre Räubergeschichten.« Oma war aus der Küchentür getreten. »Was ist denn da
nebenan eigentlich los? Gestern das jämmerliche Weinen und jetzt... Sag mal, ich habe eben aus dem Fenster geschaut. Dieser Mann mit dem roten Wagen, ist das der Vater von der Kleinen?«
Tine zuckte die Achseln. »Muß wohl!«
»Aber manchmal steht auch ’n Lastwagen vor unserm Haus«, warf Max ein. »Und da steigt auch immer ein Mann aus.«
»Gehört der auch in die Wohnung nebenan, Tine?«
»Keine Ahnung. Die Leute wohnen noch nicht lange da. Ich weiß bloß, daß die Kleine Lilly heißt.«
»Was?« Max riß die Augen auf. »Hat der Späher dir das verraten, Tine?«
»Späher?« Oma schüttelte den Kopf. »Kinder, jetzt komm ich überhaupt nicht mehr mit.«
»Ach, Oma«, sagte Tine. »Es ist so: Wenn wir unser Greenwoodspiel spielen, dann müssen alle Leute, die uns gerade in die Quere kommen, mitmachen, ob sie wollen oder nicht.«
»Aha, so geht das also. Da bin ich mal gespannt, was für eine Rolle ich demnächst in eurem Spiel abgebe.«
»Wie’s gerade so paßt, Oma. Kann schon passieren, daß du mal der gräßliche Gisborne sein mußt«, erklärte Max.
»Das will ich aber nicht«, wehrte Oma ab.
»Telefon!« Max war schon auf dem Sprung. »Ich geh ran. Vielleicht ist es Mama.«
»Laß mal, es könnte auch für mich sein!« Oma überholte ihn und nahm den Hörer ab.
»Ja, Johann«, hörten Tine und Max sie sagen. »Ja, ich bin pünktlich angekommen. Ja, wir sind wohlauf, das heißt, ziemlich lebhaft geht’s hier schon zu. Und wie geht’s dir? Wie? Auch lebhaft? Wieso das? Na, das ist ja die Höhe!«
Neugierig rückten Tine und Max Oma ein Stück näher auf den Leib.
»Hör mal! Dann mußt du ihr aber gehörig ein paar hintendrauf geben!«
Tine und Max spitzten die Ohren, aber Oma hatte schon ein anderes Thema beim Wickel. Sie telefonierte ziemlich lange, und als sie endlich den Hörer auflegte, hatte sie kleine rote Flecken auf den Backen, wischte sich mit ihrem Taschentuch die Stirn, knüllte es zusammen und stopfte es heftig in die Tasche ihrer Küchenschürze. »Nun stellt euch vor!« Sie lief an Max und Tine vorbei in die Küche. »Hat doch diese unverschämte Mecke dem Opa einen Stoß in den Hintern versetzt, daß er längelang ins Heu gefallen ist.«
»Mecke?« Max kicherte. »Ist das nicht eure Ziege?«
»Jawohl!« Oma stemmte die Arme auf den Tisch. »So ein freches Ding! Sonst melke ich sie ja, da tut sie immer lammfromm, aber nun muß Opa ran, das hat der Dame Mecke anscheinend nicht gepaßt. Na, die kann was erleben, wenn ich wieder nach Hause komme!«
Max lachte laut heraus. Wenn er sich vorstellte, wie die Ziege Opa auf die Hörner genommen hatte! Tine knuffte ihn in die Rippen, obwohl ihr selbst zum Kichern war. Oma lief aufgebracht in der Küche hin und her.
»Du, Oma!« platzte Max heraus. »Bist du in Opa verliebt?«
»Wie?« Mit einem Ruck blieb Oma stehen. »Verliebt? Ja, natürlich.«
Max nickte zufrieden. »Papa und Mama sind auch ziemlich verliebt.«
»Das will ich hoffen!«
»Aber nicht immer«, fügte Tine hinzu. »Manchmal streiten sie sich auch.«
»Das gehört dazu. Ich streite auch manchmal mit Opa. Zum Beispiel, wenn er bockbeinig ist und hemdsärmelig raus in den Nordwind geht. Ihr solltet mal sehen, wie wütend ich
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