Jeder Kuss ein Treffer
Menge Bilder machen. Dann bekommt Annie mehr Gäste, als sie aufnehmen kann.«
»Lovelle und ich tun alles, was Annie will«, sagte Theenie. »Stimmt‘s, Lovelle?«
Lovelle war ganz aufgeregt. »Ja, und wenn Annie Geld braucht, kann ich im Ballsaal eine Aufführung geben. Wir nehmen fünfzig Dollar pro Kopf.« Erdle hob noch einmal den Kopf und sah sich um. »Und ich höre auf zu trinken.«
SECHS
»Ich hasse den Dachboden«, sagte Annie am Abend zu Wes. »Da oben bekomme ich immer Zustände. Ich habe da schon öfter mal eine Fledermaus gesehen.« Sie erschauderte.
Wes folgte ihr über einen Treppenabsatz, von dem ein paar Stufen zur Dachkammer hinaufführten, das einzige Zimmer in dem Stock. »Bestimmt treibt sich Destinys Gespenst die ganze Zeit dort rum.«
Annie verfehlte die Stufe und verlor das Gleichgewicht, doch Wes fing sie auf und bewahrte sie davor, mit ihm zusammen die Treppe hinunterzufallen. Aber als Annie den Halt wiedergefunden hatte, ließ er sie nicht los, sondern schlang die Arme um ihre Taille und zog sie an sich.
Annie war sich nur allzu bewusst, dass ihre Hüfte sich gegen seinen harten Körper drückte. »Ahm, Wes?«
Er rieb die Nase an ihrem Hals. »Ja?«
Annie schloss die Augen. Seine Lippen liebkosten ihren Nacken. Ihre Haut prickelte, Schauer liefen ihr den Rücken hinunter. Oh, Mann, dachte sie. Dieser Kerl brauchte sie nur zu berühren, und ihr Körper drehte durch.
»Entschuldigung«, brachte sie in dem Ton hervor, den Theenie immer aufsetzte, wenn sie Erdle wegen seines Trinkens rügte. Wes küsste sich zu einem Ohr hinüber und knabberte mit den Zähnen zärtlich an Annies Ohrläppchen. Sie vergaß, was sie hatte sagen wollen. Ihr Körper schmolz dahin.
»Ich möchte mit dir schlafen«, sagte er.
Adrenalin rauschte durch Annies Körper, gefolgt von einer Hitzewelle in ihrem Unterkörper, worauf sie wacklige Beine bekam. Kein gutes Zeichen. Wes sah Annie in die Augen. »Was meinst du?«
»Hm.« In Gedanken schüttelte sich Annie, um einen klaren Kopf zu bekommen. »Es wäre wohl besser, wenn wir es langsam angehen ließen. Wir wollen nichts überstürzen.«
»Nein?«
»Auf gar keinen Fall. Ich weiß aus berufenem Munde, dass Männer und Frauen, die sich aus reiner Lust aufeinanderstürzen, am Ende nur leer und enttäuscht sind, weil sie zwar ihre sexuellen, nicht aber ihre emotionalen Bedürfnisse befriedigen. Oft empfinden sie anschließend Schuldgefühle, Groll oder ein geringes Selbstwertgefühl. Schlimmer noch, sie haben ein erhöhtes Risiko, an sexuell übertragbaren Leiden zu erkranken. Wenn du Oprah sehen oder die Leserbriefe in den Zeitungen lesen würdest, wüsstest du das.«
Wes starrte Annie ungläubig an. »Ist das dein Ernst?«
»Absolut. Da bekommt man vernünftige Ratschläge zu so gut wie jedem Thema, zum Beispiel zu Affären am Arbeitsplatz oder wie man eine Beziehung taktvoll beendet oder wie man besser mit seiner Schwiegermutter zurechtkommt, welche Nachteile Körperpiercings haben und so weiter.« Annie hielt inne, um Luft zu holen.
Wes schaute verwirrt drein. Schließlich ließ er Annie los. »Soll ich also zuerst in die Dachkammer gehen?«
»Ja, bitte! Und pass auf die Fledermäuse auf.«
Wes öffnete die Tür, ertastete den Lichtschalter und legte ihn um. Dann trat er ein. Annie wartete draußen.
»Wow, was hier alles rumsteht!«, sagte er.
»Fliegt auch irgendwas rum?«
»Nein. Keine Sorge, ich pass auf, dass dir nichts geschieht.«
Annie spähte durch die offene Tür. Als sie keine herumflitzenden schwarzen Viecher entdecken konnte, betrat sie den Dachboden, blieb aber nahe am Ausgang. »Nach dem Tod meiner Großmutter habe ich unzählige Kisten durchsucht und viele Sachen dem Frauenhaus geschenkt. Aber da war mir auch noch keine Fledermaus gegen den Kopf geflogen. Ich wäre fast gestorben vor Angst und habe schreiend das Weite gesucht.«
Wes hob verschiedene Decken an und spähte darunter. »Du hast eine Menge toller Antiquitäten.«
»Meine Großmutter wollte sich von nichts trennen, das in der Familie vererbt wurde. Keine Ahnung, wie lange die Sachen schon hier oben stehen.«
Wes wies hinüber zu einigen hohen Aktenschränken an der Wand. »Bewahrst du da deine Einkommenssteuerunterlagen auf?«
Annie nickte. »Dritter Schrank, oberste Schublade«, sagte sie. »Sie sind nach Jahren geordnet und als Sicherheitskopien gekennzeichnet.« Wes durchquerte den Raum, Annie blieb stehen. Er öffnete die Schublade und holte heraus, was er
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