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Jedes Kind ist hoch begabt: Die angeborenen Talente unserer Kinder und was wir aus ihnen machen (German Edition)

Jedes Kind ist hoch begabt: Die angeborenen Talente unserer Kinder und was wir aus ihnen machen (German Edition)

Titel: Jedes Kind ist hoch begabt: Die angeborenen Talente unserer Kinder und was wir aus ihnen machen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Hüther , Uli Hauser
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zuckt, umso stabiler wird es. Und je koordinierter diese Vernetzungen im Gehirn die Bewegungen des Armes steuern können, desto präziser werden die Armbewegungen. Am Ende der Schwangerschaft kann man dann beobachten, wie das ungeborene Kind mit Hilfe dieser nutzungsabhängig herausgeformten, seine Armbewegungen steuernden Vernetzungen in der Lage ist, seinen Daumen gezielt in den Mund zu stecken. Ist kein Arm da, kann sich im Gehirn auch keine solche Nervenzellverschaltung zur Steuerung der Armbewegungen herausbilden.
    Hat ein Kind schon vorgeburtlich sehr große Extremitäten, so wird in seinem Gehirn ein für die Steuerung dieser großen Arme und Hände optimales Netzwerk aus diesem primär bereitgestellten Überschuss an Vernetzungsoptionen angelegt. Sind die Extremitäten eines Embryos eher klein und filigran, entsteht ein anderes, für ihre Steuerung optimal geeignetes Netzwerk. Nach der Geburt wird man beobachten können, dass jedes dieser beiden Kinder etwas anders greift und zugreift. Im Kindergarten wird man dann feststellen, dass ein Kind beispielsweise mit der Schere besser eine Papierschablone ausschneiden kann als das andere. Und weil das praktische Greifen mit den Händen nur die Vorstufe für das spätere gedankliche Begreifen ist, wird irgendwann die Lehrerin in der Grundschule feststellen, dass sich beide Kinder auch darin unterscheiden, wie schnell sie komplexe und abstrakte Zusammenhänge begreifen. Im Gespräch mit der Mutter kommt man anschließend wahrscheinlich darauf, dass Fritzchen seine Begriffsstutzigkeit vom Vater geerbt haben müsse. Was Fritzchen aber von seinem Vater genetisch vererbt bekommen hat, ist kein Gen für Begriffsstutzigkeit, sondern die Anlage für die Herausbildung ziemlich großer Arme und Hände.
    So kommt jedes Kind mit Vernetzungen in seinem Gehirn zur Welt, die– weil sie anhand der aus dem eigenen Körper im Gehirn ankommenden Signalmuster und der dafür optimierten Reaktions- und Antwortmuster stabilisiert worden sind– genau zu diesem Körper des betreffenden Kindes » passen«. Und weil jedes Kindin seiner genetischen Veranlagungeinen einzigartigen Körper ausbildet, hat es eben auch ein ganz besonderes, ein einzigartiges Gehirn. Bis auf eineiige Zwillinge. Die haben sehr ähnliche körperliche Merkmale, anhand derer sich dann auch ihr Gehirn in sehr ähnlicher Weise strukturiert.
    Aber es wird noch viel spannender. Natürlich machen auch alle Kinder, bevor sie auf die Welt kommen, bereits unterschiedliche Erfahrungen im Mutterleib. Der Schatz an eigenen, bereits im Mutterleib gemachten Erfahrungen, den jedes Baby mit auf die Welt bringt, ist weitaus größer, als bisher angenommen. Nicht nur die in den älteren Bereichen des Gehirns angelegten Nervenzellverschaltungen zur Steuerung aller lebenswichtigen Körperfunktionen sind zum Zeitpunkt der Geburt weitgehend ausgereift. Auch die emotionalen Zentren im sogenannten limbischen System sind gut entwickelt. Gefühle wie Angst oder Wohlbefinden kennt das Baby also schon. Es hat bereits vor der Geburt gelernt, mit Armen und Beinen zu strampeln, sich zu drehen und zu wenden und sogar an seinem Daumen zu lutschen. Die zur Koordination all dieser Bewegungen erforderlichen Nervenzellverschaltungen sind nutzungsabhängig miteinander verknüpft und stabilisiert worden.
    Deshalb kennt das Baby seinen Körper recht gut. Und es hat bereits eine ganze Reihe von Erfahrungen über die Welt » da draußen« gemacht und in seinem Gehirn als entsprechende Repräsentanzen (Nervenzellverschaltungen) verankert: Es kennt die Stimme der Mutter (und des Vaters), ihre Lieblingslieder und Lieblingsmusik und weiß, wie die Mutter riecht (weil die Duftstoffe und Aromen auch im Fruchtwasser enthalten waren). Es mag das Schaukeln, das es schon kennt, ebenso wie den Rhythmus des Herzschlags, der ihm bestens vertraut ist. Doch die höheren, sehr langsam ausreifenden, vorderen Bereiche der Hirnrinde, des sogenannten Frontalhirns, sind noch nicht » verkabelt«. Deshalb » weiß« das Baby noch nicht, was es schon alles weiß.
    Ein Experiment mit frisch geschlüpften Hühner-, Enten- und Gänseküken eignet sich besonders gut, um zu veranschaulichen, wie diese Lernprozesse ablaufen. Bringt man die Küken in einen Raum, in dem aus drei Lautsprechern der Lockruf einer Henne, einer Ente und einer Gans ertönt, läuft jedes von ihnen genau zu dem Lautsprecher, wo es gewissermaßen » hingehört«. Auch dann, wenn es im Brutschrank ausgebrütet wurde

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