Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jedes Kind kann richtig essen

Jedes Kind kann richtig essen

Titel: Jedes Kind kann richtig essen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gräfe und Unzer , Hartmut Morgenroth
Vom Netzwerk:
sich professionelle Unterstützung.
    Selbstvertrauen geben
    Mehr können und dürfen Sie nicht tun. Ihr Einfluss auf die Figur Ihres Kindes ist begrenzt. Aber Sie haben großen Einfluss darauf, ob es sich wohl in seinem Körper fühlt und sich zutraut, seine Nahrungsaufnahme nach seiner inneren Stimme selbst zu regeln.
    Davon kann es sein Leben lang profitieren. Ist Ihr Kind wirklich übergewichtig, helfen Ihnen die Informationen ab >  im vierten Kapitel.
»Du musst mehr essen!«
    BEI UNSERER UMFRAGE in der Kinderarztpraxis stellte sich heraus, dass bis zu 20 Prozent der Eltern mit Kindern zwischen einem und fünf Jahren der Meinung waren: »Mein Kind isst zu wenig.« Es ist nur ein sehr kleiner Schritt von dieser Meinung zum »Mogeln«. Finden auch Sie Ihr Kind »zu dünn«? Was liegt dann näher als der Versuch, mehr Essen in das Kind hineinzubekommen, damit es endlich etwas zulegt? Aber wie können Sie das bewerkstelligen, ohne Druck auszuüben? Die Antwort lautet: Es geht nicht. Ihr Kind muss selbst die Menge bestimmen dürfen, wie wenig das auch ist. Eltern nutzen viele Möglichkeiten, gegen die Spielregel zu verstoßen und dem Kind mehr Essen einzuflößen, als es möchte.
    → Füttern unter Zwang
    Füttern unter Zwang kann extreme Formen annehmen und dem Kind großen Schaden zufügen. Dr. Morgenroth berichtet von einem Fall aus seiner Kinderarztpraxis:
     
    »Das Schlimmste, was ich in meiner Praxis gesehen habe, passierte mit einem sechs Monate alten Mädchen.
    Seine Mutter konnte es nicht ertragen, dass ihr Kind nichts vom Löffel annehmen wollte. Immer wieder drehte es schreiend den Kopf zur Seite. Eines Tages, als es ihr selbst schlecht ging, verlor die Mutter völlig die Kontrolle und stopfte ihrem Kind in ihrer Verzweiflung den Löffel mit Gewalt in den Hals. Als sie mit ihrem Baby in die Praxis kam, stellte ich zu meinem Entsetzen fest, dass der Gaumenbogen zerrissen war. Die Kleine musste sofort ins Krankenhaus, weil sie nicht mehr schlucken konnte.«
     
    Füttern unter Zwang muss nicht wie in diesem Beispiel in schlimmste Kindesmisshandlung ausarten. Aber ein Kind gegen seinen Willen zu füttern ist immer Zwang.
    Ich habe von Eltern gehört, die ihr Kind in der Badewanne fütterten, weil es sich so sehr wehrte und das meiste wieder ausspuckte. Manche Eltern zwängen ihrem Baby immer wieder den Sauger des Fläschchens in den Mund. So machte es Ankes Mutter, von der im ersten Kapitel (siehe > ) schon die Rede war: Obwohl Anke schrie und zappelte und versuchte, den Kopf wegzudrehen, wurde ihr die Flasche immer wieder in den Mund gedrückt, bis sie leer war.
    Manche Eltern halten den Kopf ihres Kindes fest, damit es sich nicht wegdrehen kann. Oder sie drücken gegen seine Wangen, damit sich der Mund öffnet. Oder sie halten ihm die Nase zu, um dann in den sich öffnenden Mund Essen hineinzubekommen. Oder sie warten, bis ihr Kind schreit, und stopfen dann Essen in seinen Mund. Oder sie schieben den Löffel so weit in den Rachen wie möglich.
    Landet der Löffel hinter dem Zungengrund, kann das Kind das Essen nicht mehr mit der Zunge aus dem Mund befördern. Diese grausame »Technik« war vor einer Generation noch äußerst verbreitet, und Sie selbst sind vielleicht als Baby auch noch so gefüttert worden: Bis in die 70er Jahre hinein war Stillen eher die Ausnahme.
    Dafür wurden schon winzige, erst wenige Wochen alte Babys mit dem Löffel gefüttert. Der Löffel musste praktisch bis zum Anfang der Speiseröhre eingeführt werden, denn sonst hätten die Babys mit ihrer Zunge alles postwendend wieder hinausbefördert.
    Das tun sie während der ersten vier Lebensmonate reflexartig. Es leuchtet mittlerweile jedem ein, dass frühes Löffel-Füttern absolut unsinnig ist.
    Aber bei älteren Babys und kleinen Kindern kommt Füttern unter Zwang immer noch vor. Eltern, die es tun, sind verzweifelt und reden möglichst nicht darüber. Wer es als Kind selbst erlebt hat, vergisst es allerdings nie. Die Mutter eines Zweijährigen erzählte mir, dass sie in ihrer Kindheit regelmäßig Prügel bekam, wenn sie es nicht geschafft hatte, die vorgesetzte Portion aufzuessen. Wundert es Sie, dass diese Mutter mit ihrem Sohn heute Probleme beim Essen hat? Auch eine »harmlosere« Art von Zwang war recht verbreitet: Der Teller musste leer gegessen werden, sonst durfte man nicht aufstehen. Da halfen auch keine Tränen. Der Spinat musste gegessen werden, wie verhasst er auch war. Jeder von uns, der als Kind unter Zwang essen

Weitere Kostenlose Bücher