Jedi-Akademie 02 - Der Geist des Dunklen Lords
sein trichterförmiges Gesicht dem neuen Publikum zu. Zerfledderte Lappen bedeckten seinen Körper und standen in den unmöglichsten Winkeln ab, wie Kleidung oder eine Außenhaut. Seine Stimme klang wie eine rauschende Melodie und erinnerte an hochtönige Musik, die unter schnell fließendem Wasser gespielt wurde.
»Ich bin Master Vodo-Siosk Baas.«
»Master Vodo«, sagte Luke, »ich bin Master Skywalker und das sind meine Schüler. Du hast viele Dinge gesehen und viele Gedanken aufgezeichnet. Wir würden uns geehrt fühlen, wenn du uns etwas Wissenswertes erzählen würdest.«
Das Bild von Master Vodo-Siosk Baas neigte seinen käferähnlichen Kopf auf einem vielgelenkigen Hals, als würde es nachdenken. Luke wußte, daß das Holocron lediglich seine Datenbanken durchforschte und nach einem persönlichen, im Bild des Jedi-Meisters gespeicherten Algorithmus eine passende Geschichte auswählte.
»Ich werde euch vom Großen Sith-Krieg berichten, der…« Das Bild schwieg einen Moment, als das Holocron das aktuelle Datum verglich. »… viertausend Jahre vor eurer Zeit ausbrach.
Dieser Krieg wurde von einem meiner Schüler ausgelöst, Exar Kun, der die verbotenen Lehren der alten Sith wiederentdeckte. Er imitierte die Lebensart der vor Äonen untergegangenen Sith und schuf aus ihr seine eigene Philosophie des Jedi-Kodex, eine Entstellung aller wahren und richtigen Dinge. Mit diesem Wissen gründete er eine große und mächtige Bruderschaft und beanspruchte den Titel des ersten Dunklen Lords der Sith.«
Luke versteifte sich. »Andere haben ebenfalls diesen Titel beansprucht«, sagte er. »Selbst in unserer Zeit.« Darunter Darth Vader.
Master Vodo-Siosk Baas schien sich noch mehr auf seinen Gehstock zu stützen. »Ich hatte gehofft, Exar Kun und seine Anhänger wären ein für alle Mal besiegt worden. Aber Exar Kun verbündete sich mit einem anderen mächtigen Jedi und großen Kriegsherrn, Ulic Qel-Droma. Exar Kun webte seine unsichtbaren Fäden in das Gewebe der Alten Republik und brachte sie durch Verrat und seine verdrehten Fähigkeiten in der Macht zu Fall.«
Master Vodo betrachtete die versammelten Schüler. Gantoris wirkte unglaublich begierig, noch mehr zu hören, beugte sich nach vorn und starrte mit aufgerissenen, dunklen Augen. Das Bild des seit langem toten Jedi-Meisters wandte sich Luke zu. »Du mußt deine Schüler vor den Versuchungen der Eroberung warnen. Das ist alles, was ich dir im Moment sagen kann.«
Das Bild flackerte und zitterte. Von einem Gefühl tiefen Unbehagens erfüllt, schaltete Luke das Holocron ab. Die Bilder verschwanden als wirbelnder Schnee im Inneren des Würfels.
»Ich denke, das ist genug für heute«, erklärte Luke. »Wir alle wissen, daß andere Jedi ebenfalls den falschen Weg eingeschlagen und nicht nur über sich selbst, sondern auch über Millionen unschuldiger Wesen Leid und Verdammnis gebracht haben. Doch ich vertraue euch. Ein Jedi muß sich selbst vertrauen, und ein Jedi-Meister muß seinen Schülern vertrauen.
Erforscht euch selbst und eure Umgebung, allein oder in Gruppen, wie es euch am angenehmsten ist. Geht in den Dschungel. Geht in andere Teile dieses Tempels. Oder kehrt einfach in eure Quartiere zurück. Die Entscheidung liegt bei euch.«
Luke setzte sich auf den Rand der erhöhten Bühne und sah seinen Schülern nach, wie sie aus dem großen Saal strömten. Der durchscheinende Würfel des Holocrons stand stumm an seiner Seite, ein Behälter mit wertvollem, aber gefährlichem Wissen.
Obi-Wan Kenobi war Lukes Lehrer gewesen. Luke hatte jedes Wort des alten Mannes in sich aufgenommen und geglaubt; doch später hatte Luke erfahren, daß Obi-Wan oft die Tatsachen verschleiert, Informationen verdreht hatte – obwohl Obi-Wan behauptete, die Wahrheit lediglich »aus einem bestimmten Blickwinkel« zu sehen.
Luke betrachtete die robenverhüllten Gestalten und fragte sich, ob seine Schüler mit dem Wissen umgehen konnten, das sie erringen würden. Was war, wenn sie – wie der Exar Kun aus Master Vodos Geschichte – in Versuchung gerieten, die verbotenen Lehren der Sith zu studieren, die sich auf so subtile, aber entscheidende Weise vom Jedi-Kodex unterschieden?
Luke fürchtete sich vor dem, was passieren konnte, sollte einer seiner Schüler den falschen Weg einschlagen. Aber er wußte auch, daß er ihnen vertrauen mußte – oder sie würden niemals zu Jedi-Rittern werden.
Tief in der Nacht saß Gantoris an seinem überladenen Arbeitstisch und baute sich
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