Jedi Quest 05 - Meister der Täuschung
zögerte. Jetzt spürte er die Scham, die hinter Anakins Fragen gesteckt hatte. Die Gefühle seines Padawans war tief. Er war von Scham erfüllt und er dachte, dass es ihn erleichtern würde, wenn er etwas unternahm. Er täuschte sich natürlich, doch Obi-Wan brauchte Zeit, um ihm zu erklären, warum das so war.
Er wusste, dass sein Padawan ihn brauchte. Und doch musste er jetzt gehen. Er rang nach Worten, die er ihm noch sagen konnte, doch es fielen ihm keine ein. Er konnte nichts weiter tun als gehen.
Kapitel 4
Anakin beobachtete, wie sein Meister von ihm wegging. In seinen Bewegungen war keinerlei Zweifeln oder Zögern zu erkennen. Wie immer. Anakin wollte so gern mit derselben Sicherheit durch sein Leben gehen. Und doch sah er sich immer wieder Irrtümern und Fehlern gegenüber. Immer wieder machte er einen Schritt, wenn er keinen hätte machen sollen, sagte etwas, wenn er hätte schweigen sollen, oder drehte sich um, wenn er hätte stehen bleiben sollen.
In Zeiten wie diesen hatte er das Gefühl, dass seine Verbindung mit der Macht eher eine Last als ein Geschenk war. Sie pulsierte so stark um ihn herum und er konnte sie so einfach fassen, dass er sie immer zum Handeln nutzte, anstatt mit ihrer Hilfe strategisch zu denken. Obi-Wan hatte ihm beigebracht, dass die Macht zur Umsicht und Kontrolle genutzt werden sollte, aber auch, um zu handeln. Diese Lektion hatte er bislang allerdings noch nicht in die Praxis umgesetzt. Weil er sie nicht verstand. Während des Kampfes hatte er gesehen, aus welcher Richtung das Blasterfeuer kommen würde. Er hatte die Bewegung und Geschwindigkeit der Schüsse genau abgeschätzt. Aber er hatte nicht in Betracht gezogen, dass sich auch Darra bewegen würde.
Wäre das Ganze eine Übung im Tempel gewesen, wäre es kein Problem gewesen. Darra hätte höchstens eine kleine Schramme abbekommen. Sie wäre einfach auf den Füßen gelandet - so wie immer - und hätte ihm lächelnd einen kurzen
Blick zugeworfen. Stattdessen war sie jetzt verletzt und lag im Koma.
Auf diesem Planeten war noch nichts gut gegangen, dachte Anakin jetzt beinahe wütend. Er hatte das Gefühl, in einer dunklen Welt verloren zu sein, sich in einem System zu drehen, das er nicht kannte.
Die Wissenschaftler hatten sich in ihre Thermo-Decken eingerollt und versuchten, in einer Ecke noch ein paar Stunden Schlaf zu finden. Durch das halb zerstörte Dach konnte Anakin den kalten Nachthimmel sehen. Er kannte die Konstellationen hier nicht, sodass er sich noch weiter entfernt von Zuhause vorkam.
Er ging durch das Zimmer zu Darra. Ihre Wimpern warfen Schatten auf ihre Haut. Er beobachtete, wie sie ein- und ausatmete.
Es tut mir Leid, dachte er.
Er spürte jemanden neben sich. Der Wissenschaftler Tic Verdun sah ebenfalls Darra an. »Ich weiß, wie schwer es ist, einen Freund in einer solchen Lage zu sehen.«
»Ja«, sagte Anakin. Er wollte seine Gefühle nicht einem Fremden mitteilen.
»Gestern habe ich noch gesagt, dass die Jedi an Schmerz und Leid gewohnt sind und beides daher besser ertragen als wir«, fuhr Tic Verdun fort. »Heute bin ich der Meinung, dass das nicht stimmt. Ihr scheint den Schmerz sogar noch stärker zu spüren.«
»Nicht stärker«, sagte Anakin. »Es ist nur so, dass wir uns ständig der Gefahr aussetzen. Das ist unser Weg. Wir sehen die Stärken des anderen. Wir kennen uns ganz genau. Und deshalb wissen wir auch, wie viel wir verlieren, wenn es einen von uns trifft. Und jeder von uns denkt dann., es wäre besser gewesen, wenn es ihn selbst getroffen hätte.«
Er spürte Tic Verduns Blick auf sich. »Ich habe gesehen, dass du mit deinem Meister und Soara Antana gehen wolltest. Wenn du ihnen folgen möchtest, werde ich die Verantwortung für Darra Thel-Tanis und die anderen übernehmen. Meine Kollegen sind müde. Ich aber habe noch Kraft.«
Anakin war beeindruckt. Kein Wunder, dass Tic Verdun der Anführer der Gruppe war. Er war sehr tapfer.
Anakin schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht gehen. Aber trotzdem danke.« Er wandte sich wieder ab und setzte sich neben Darra hin. Er wollte nicht unhöflich sein, war aber auch nicht in der Stimmung für ein Gespräch.
Tic Verdun verstand den Wink nicht. Er setzte sich ebenfalls hin. »Die Macht«, sagte er. »Du musst verstehen, dass sie auf einen Wissenschaftler eine enorme Anziehungskraft ausübt. Man kann sie nicht sehen und nicht messen. Nur einige wenige Auserwählte können sie spüren. Und ich sitze jetzt hier mit jemandem, der sie
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