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Jeffery Deaver - Der Insektensammler1.doc

Jeffery Deaver - Der Insektensammler1.doc

Titel: Jeffery Deaver - Der Insektensammler1.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: mulder43
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keine Freunde?« Garrett zuckte die Achseln.
    »Mary Beth. Sie ist irgendwie die Einzige.«
    »Du magst sie wirklich, stimmt's?«
    »Total gern. Sie hat mich vor dem Jungen gerettet, der was Beschissenes mit mir machen wollte. Und außerdem... ich meine, sie redet mit mir...« Er dachte einen Moment nach.
    »Ich glaube, das mag ich so an ihr. Das Reden. Ich hab gedacht, dass sie womöglich, in ein paar Jahren vielleicht, also wenn ich älter bin, mit mir ausgeht. Wir könnten die gleichen Sachen machen wie andere Leute auch. Ins Kino gehen. Oder zum Picknick. Ich hab sie mal beim Picknick beobachtet. Sie war mit ihrer Mutter und ein paar Freunden unterwegs. Es hat ihnen Spaß gemacht. Ich hab sie stundenlang angesehen. Ich hab einfach unter einem Stechpalmenstrauch gesessen, mit Doritos und ein bisschen Wasser, und hab so getan, als wäre ich bei ihnen. Waren Sie schon mal picknicken?«
    »Na klar.«
    »Mit meiner Familie hab ich das oft gemacht. Ich meine, mit meiner richtigen Familie. Hat mir gefallen. Mami und Kaye haben den Tisch gedeckt und auf dem kleinen Grill von K-Mart Sachen zubereitet. Papi und ich haben unsere Schuhe und die Socken ausgezogen, haben uns ins Wasser gestellt und geangelt. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie sich der Schlamm angefühlt hat und das kalte Wasser.« Sachs fragte sich, ob er deswegen Wasser und Wasserinsekten so gern mochte.
    »Und du hast gedacht, dass du mit Mary Beth picknicken gehen könntest.«
    »Weiß nicht. Kann sein.« Dann schüttelte er den Kopf und warf ihr ein trauriges Lächeln zu.
    »Wohl nicht. Mary Beth ist hübsch und schlau und ein paar fahre älter als ich. Die wird bei jemand landen, der gut aussieht und klug ist. Aber vielleicht können wir Freunde bleiben, sie und ich. Aber auch wenn nicht - eigentlich geht's mir bloß darum, dass ihr nichts passiert. Sie wird bei mir bleiben, bis es wieder sicher ist. Oder bis Sie und Ihr Freund, der Mann in dem Rollstuhl, über den alle geredet haben, ihr helfen, damit sie irgendwo hin kann, wo sie in Sicherheit ist.« Er schaute aus dem Fenster und verstummte.
    »Vor dem Mann mit der Latzhose?«, fragte sie. Er antwortete nicht gleich, nickte dann.
    »Ja. Genau.«
    »Ich hole mir etwas Wasser«, sagte Sachs.
    »Warten Sie«, sagte er. Er nahm ein paar trockene Blätter von einem kurzen Zweig ab, der auf dem Küchenbüffet lag, sagte ihr, sie solle damit ihre bloßen Arme, den Hals und das Gesicht einreiben.
    »Zitronenblätter«, erklärte er.
    »Hält die Mücken fern. Sie müssen sie nicht mehr totschlagen.« Sachs nahm die Tasse. Sie ging hinaus, schaute in die Regenwassertonne. Sie war mit einem feinen Fliegendraht abgedeckt. Sie hob ihn hoch, füllte die Tasse und trank. Das Wasser war allem Anschein nach frisch. Sie lauschte dem Zirpen und Schwirren der Insekten. Oder bis Sie und Ihr Freund, der Mann in dem Rollstuhl, über den alle geredet haben, ihr helfen, damit sie irgendwo hin kann, wo sie in Sicherheit ist. Eins ums andere Mal ging ihr der Satz durch den Kopf. Der Mann in dem Rollstuhl, der Mann in dem Rollstuhl. Sie kehrte in den Wohnwagen zurück. Stellte die Tasse ab. Blickte sich dann in dem kleinen Wohnraum um.
    »Garrett, würdest du mir einen Gefallen tun?«
    »Ich glaub schon.«
    »Vertraust du mir?«
    »Ich glaub schon.«
    »Setz dich da drüben hin.« Er schaute sie einen Moment lang an, stand dann auf und ging zu dem alten Lehnsessel, zu dem sie hinnickte. Sachs ging quer durch den kleinen Raum und ergriff einen der Rattanstühle in der Ecke. Sie trug ihn zu dem Jungen und stellte ihn vor ihm auf den Boden.
    »Garrett, weißt du noch, was Dr. Penny dir im Gefängnis gesagt hat? Als es um den leeren Stuhl ging?«
    »Dass ich mit ihm reden soll?«, fragte er und schaute ihn mit unsicherem Blick an. Er nickte.
    »Das Spiel.«
    »Genau. Ich möchte, dass du es noch einmal machst, ja?« Er zögerte, wischte sich die Hände an den Hosenbeinen ab. Starrte einen Moment lang auf den Stuhl.
    »Ich glaub schon«, sagte er schließlich.

... Einunddreißig
    Amelia Sachs dachte an den Vernehmungsraum und an die Sitzung mit den Psychologen. Sie hatte den Jungen durch den venezianischen Spiegel genau beobachten können. Sie erinnerte sich daran, wie der Arzt versucht hatte, ihn dazu zu bringen, dass er sich vorstellte, Mary Beth säße auf dem Stuhl, dass Garrett jedoch zu ihr nichts hatte sagen wollen, wohl aber zu jemand anderem. Sie hatte seinen Gesichtsausdruck gesehen, sein Verlangen, die

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