Jeffery Deaver - Der Insektensammler1.doc
nicht auf diesen unsinnigen Auftrag ein.
»Du hast Lucy auf Garrett angesetzt. Und mir kein Wort gesagt.« Bell musterte den Deputy von oben bis unten.
»Sie und noch zwei Mann gehen rüber nach Blackwater Landing und schauen, ob sie sich auf seine Spur setzen können.«
»Dir muss doch klar sein, dass ich bei dem Suchtrupp mit wollte.«
»Ich kann nicht jeden losschicken. Culbeau war heute schon mal drüben in Blackwater Landing. Ich kann nicht zulassen, dass er die Sache vermasselt.«
»Komm schon, (im. Verarsch mich nicht.« Bell seufzte.
»Na schön. Die Wahrheit? Weil du nun mal eine Wut auf den Jungen hast, Mason, hab ich beschlossen, dich nicht mit loszuschicken. Ich will nicht, dass Fehler gemacht werden. Hier stehen Menschenleben auf dem Spiel. Wir müssen ihn kriegen, und zwar schnell.«
»Genau das hab ich vor, Jim. Das weißt du doch ganz genau. Seit drei fahren bin ich hinter dem Bengel her. Ich begreif nicht, dass du mich übergehst und den Fall dem Krüppel da drin -«
»He, das reicht.«
»Komm schon. Ich kenn mich in Blackwater Landing zehn Mal so gut aus wie Lucy. Ich hab da mal gewohnt. Erinnerst du dich?« Bell senkte die Stimme.
»Du bist zu scharf auf ihn, Mason. Das könnte sich auf dein Urteilsvermögen auswirken.«
»Ist das auf deinem Mist gewachsen? Oder kommt das von ihm?« Ein Nicken zu dem Zimmer hin, in dem Mason jetzt das Gewinsel des Rollstuhls hörte. Es ging ihm auf die Nerven - genau wie ein Zahnarztbohrer. Dass Bell diesen Krüppel darum gebeten hatte, ihnen zu helfen, könnte ihnen allerhand Ärger einbrocken - Mason durfte gar nicht daran denken.
»Aber es stimmt. Alle Welt weiß, wie du zu Garrett stehst.«
»Und alle Welt ist zufällig meiner Meinung.«
»Na ja, es bleibt bei dem, was ich gesagt habe. Damit musst du leben.« Der Deputy lachte verbittert auf.
»Und deshalb soll ich jetzt einen behämmerten Schwarzbrenner hüten.« Bell schaute an Mason vorbei, winkte einem anderen Deputy zu.
»He, Frank...« Der große, untersetzte Polizist kam auf die beiden Männer zugetrottet.
»Frank, du gehst mit Mason rüber zu Rich Culbeau.«
»Einen Strafbefehl zustellen? Was hat er denn diesmal angestellt?«
»Nein, kein Papierkram. Mason sagt dir Bescheid. Wenn Culbeau nicht daheim ist, wartet ihr auf ihn. Und sorgt dafür, dass er und seine Kumpel dem Suchtrupp nicht in die Quere kommen. Ist das klar, Mason?« Der Deputy antwortete nicht. Er drehte sich einfach um und ließ seinen Chef stehen, der ihm hinterher rief:
»So ist es für alle das Beste.« Glaube ich nicht, dachte Mason.
»Mason...« Doch der Mann ging wortlos in den Dienstraum der Deputys. Frank folgte ihm einen Moment später. Mason grüßte die Männer in Uniform nicht, die dort beisammenstanden und über den Insektensammler redeten, über die hübsche Mary Beth und über Billy Staus unglaublichen Konter über 92 Yards. Er ging in sein Büro und fischte einen Schlüssel aus der Hosentasche. Er schloss seinen Schreibtisch auf und holte einen Schnelllader heraus, schob sechs .357er Patronen hinein. Er steckte ihn in das Lederfutteral und hakte es an seinen Gürtel. Er trat in die Tür seines Büros. Seine Stimme übertönte das Gespräch in dem Raum, während er Na-than Groomer zuwinkte - einem rotblonden Deputy um die Fünfunddreißig.
»Groomer, ich muss mal mit Culbeau reden. Du kommst mit.«
»Also«, sagte Frank zögerlich, den Hut in der Hand, den er aus seinem Zimmer geholt hatte.
»Ich hab gedacht, Jim will, dass ich mitkomme.«
»Ich will Nathan«, sagte Mason.
»Rich Culbeau?«, fragte Nathan.
»Er und ich sind wie Feuer und Wasser. Ich hab ihn drei Mal wegen Alkohol am Steuer aufgegriffen, und beim letzten Mal hab ich ihn ein bisschen hart rangenommen. Ich würde Frank mitnehmen.«
»Genau«, pflichtete Frank ihm bei.
»Culbeaus Cousin arbeitet mit dem Vater meiner Frau zusammen. Er denkt, ich gehöre zur Familie. Auf mich wird er hören.« Mason warf Nathan einen kalten Blick zu.
»Ich will dich.« Frank versuchte es noch mal.
»Aber Jim hat gesagt -«
»Und zwar auf der Stelle.«
»Komm schon, Mason«, sagte Nathan mit schriller Stimme.
»Kein Grund, mich so anzufahren.« Mason betrachtete einen kunstvoll geschnitzten Lockköder -eine Stockente - auf Nathans Schreibtisch. Sein neuestes Werk. Der Mann kann was, dachte er.
»Bist du so weit?«, sagte er dann zu dem Deputy. Nathan seufzte und stand auf.
»Und was soll ich Jim sagen?«, fragte Frank. Ohne etwas zu erwidern,
Weitere Kostenlose Bücher