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Jeffery Deaver - Der Insektensammler1.doc

Jeffery Deaver - Der Insektensammler1.doc

Titel: Jeffery Deaver - Der Insektensammler1.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: mulder43
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von Garrett, der sich am Boden krümmte, und unter dem Mahlraum auf dieses Versteck gestoßen. Als sie hineingeschlüpft und die Tür geschlossen hatte, waren ihr zig Mäuse um die Füße gewuselt, sodass sie ihre ganze Willenskraft aufbieten musste, um nicht laut loszuschreien. Jetzt horchte sie, ob Garretts Schritte das langsame Knirschen des Mühlrads übertönten. Sie war in heller Panik und bedauerte bereits, dass sie die Flucht gewagt hatte. Aber es gab kein Zurück. Sie hatte Garrett wehgetan, und jetzt würde er ihr ebenfalls wehtun, wenn er sie fand. Wenn nicht noch Schlimmeres. Ihr blieb nichts anderes übrig, als die Flucht zu versuchen. Nein, sagte sie sich entschieden, so darfst du gar nicht denken. In einem ihrer Bücher stand, dass es so was wie
    »versuchen« nicht gab. Entweder man machte etwas, oder man ließ es sein. Sie wollte nicht die Flucht versuchen. Sie wollte flüchten. Sie musste bloß dran glauben. Lydia blickte durch eine Ritze in der Tür des Gelasses und spitzte die Ohren. Sie hörte ihn in einem der Räume ganz in der Nähe, hörte, wie er vor sich hin grummelte, die Türen zu allerlei Kammern und Verschlagen aufriss. Sie hatte gehofft, dass er dachte, sie wäre durch die eingestürzte Wand des ausgebrannten Flurs ins Freie gelaufen, doch offenbar wusste er, dass sie noch da war, sonst würde er nicht so gründlich suchen. Sie durfte nicht mehr länger in dem Lagerraum bleiben. Hier würde er sie finden. Sie warf einen Blick durch die Ritze in der Tür, und als sie ihn nicht sah, huschte sie aus dem Gelass und rannte in einen angrenzenden Raum, lief mit ihren weißen Schwesternschuhen so leise wie möglich. Aus diesem Zimmer gab es nur einen Ausweg - die Treppe, die in den ersten Stock emporführte. Keuchend und um Atem ringend, schleppte sie sich hinauf, konnte sich mit den Händen nicht abstützen und stieß fortwährend gegen die Wand oder das schmiedeeiserne Geländer. Sie hörte seine Stimme im Flur widerhallen.
    »Wegen dir hat er mich gebissen!«, schrie er.
    »Au, tut das weh.« Ich wünschte, er hätte dich ins Auge oder in den Unterleib gebissen, dachte sie und mühte sich die Treppe hinauf. Scheißkerl, Scheißkerl, Scheißkerl! Sie hörte, wie er im Zimmer unter ihr Türen aufriss. Hörte sein dumpfes Stöhnen. Bildete sich ein, das Schnipp-Schnipp seiner Nägel zu hören. Wieder packte sie die Panik. Ihr wurde übel. Über der Treppe befand sich ein großer Raum mit einer Reihe von Fenstern, durch die der abgebrannte Teil der Mühle zu sehen war. Dort war eine Tür, die nicht verschlossen war, und sie stieß sie auf, trat in den eigentlichen Mahlraum - in der Mitte standen zwei große Mühlsteine. Der hölzerne Antrieb war verrottet; das Geräusch, das sie gehört hatte, stammte nicht von den Steinen, sondern vom Wasserrad, das von dem umgeleiteten Bach angetrieben wurde. Es drehte sich noch langsam. Rostbraunes Wasser spritzte von den Schaufeln und ergoss sich in eine tiefe, schmale Grube, eine Art Brunnen. Lydia konnte den Grund nicht sehen. Das Wasser musste irgendwo weiter unten in den Bach zurückfließen.
    »Stopp!«, schrie Garrett. Erschrocken fuhr sie auf, als sie seine wütende Stimme hörte. Er stand in der Tür. Seine roten Augen waren weit aufgerissen, und er hielt sich den Arm, auf dem sich ein großer schwarzgelber Fleck abzeichnete.
    »Wegen dir hat er mich gebissen«, murmelte er und starrte sie gehässig an.
    »Er ist tot. Wegen dir hab ich ihn tot gemacht! Das wollte ich nicht, aber wegen dir ist es passiert! Verzieh dich nach unten, ich muss dir jetzt die Beine fesseln.« Er kam auf sie zu. Sie schaute auf sein knochiges Gesicht, die zusammengekniffenen Brauen, die riesigen Hände, die wütenden Augen. Eine ganze Flut von Bildern ging ihr durch den Kopf: einer ihrer Krebspatienten, der langsam dem Tod entgegendämmerte. Mary Beth McConnell, die irgendwo eingesperrt war. Der Junge, der wie besessen seine Chips mampfte. Der krabbelnde Tausendfüßler. Die schnipsenden Fingernägel. Die Außenwelt. Die langen, einsamen Nächte, in denen sie verzweifelt auf einen Anruf ihres Freundes wartete. Die Blumen, die sie nach Blackwater Landing gebracht hatte, obwohl sie es eigentlich nicht gewollt hatte... All das war zu viel für sie.
    »Warte«, sagte Lydia ruhig, fast gelassen. Er zwinkerte. Blieb stehen. Sie lächelte ihn an - wie sie einen sterbenskranken Patienten anlächeln würde - , und mit einem Stoßgebet, einem letzten Gruß an ihren Freund, stürzte

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