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Jeffery Deaver - Der Insektensammler1.doc

Jeffery Deaver - Der Insektensammler1.doc

Titel: Jeffery Deaver - Der Insektensammler1.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: mulder43
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Bahn geworfen, als das passiert ist. So was ist in meiner Familie noch nie vorgekommen. Meine Großmutter ist gesund und kräftig wie ein Pferd. Meine Mutter arbeitet nach wie vor fünf Tage die Woche in Mattamuskeet, im Naturschutzgebiet. Sie und mein Vater wandern dreimal im Jahr durch die Appalachen.«
    »Können Sie wegen der Bestrahlungen keine Kinder mehr kriegen?«, fragte Sachs.
    »O nein, man hat eine Bleischürze benutzt. Es ist bloß so... Ich glaube, ich hab einfach keine große Lust, mich mit jemand einzulassen. Sie wissen doch, wo ein Mann zuallererst hinfasst, wenn man sich zum ersten Mal richtig küsst...« Was das anging, konnte Sachs ihr nicht widersprechen.
    »Ich lerne einen netten Typen kennen, wir gehen zusammen einen Kaffee trinken oder irgendwas anderes, und nach zehn Minuten komm ich ins Grübeln und frag mich, was er wohl denken wird, wenn er's rausfindet. Und das Ende vom Lied ist, dass ich ihn nicht zurückrufe.«
    »Dann haben Sie also jeden Gedanken an eine Familie aufgegeben?«, sagte Sachs.
    »Vielleicht lerne ich, wenn ich älter bin, irgendwann mal einen Witwer mit ein, zwei erwachsenen Kindern kennen. Das wäre nett.« Sie sagte es leichthin, aber Sachs hörte an ihrem Tonfall, dass sie sich das immer wieder einredete. Möglicherweise jeden Tag. Lucy senkte den Kopf, seufzte.
    »Ich würde meinen Beruf sofort aufgeben, wenn ich dafür Kinder haben könnte. Aber im Leben läuft's nun mal nicht immer so, wie wir wollen.«
    »Und Ihr Mann hat Sie nach der Operation verlassen? Wie war doch gleich sein Name?«
    »Bud. Nicht gleich danach. Aber acht Monate später. Verflixt, ich kann's ihm nicht mal verübeln.«
    »Wieso sagen Sie so was?«
    »Was?«
    »Dass Sie's ihm nicht verübeln können«, sagte Sachs.
    »Ich kann's einfach nicht. Alles hat sich verändert, und letzten Endes bin auch ich ein ganz anderer Mensch geworden. Ich war nicht mehr die, die er geheiratet hat.« Sachs sagte einen Moment lang gar nichts.
    »Lincoln ist auch anders«, wandte sie ein.
    »Anders als alle anderen Menschen.« Lucy dachte darüber nach.
    »Dann seid ihr zwei also mehr als nur - wie Sie es nennen würden - Kollegen?«
    »Stimmt«, sagte Sachs.
    »Hab ich mir doch fast gedacht.« Dann lachte sie.
    »He, Sie als knallharte Polizistin aus der Großstadt... Wie stehen Sie denn zu Kindern?«
    »Ich möchte welche. Paps - mein Vater - hat sich Enkel gewünscht. Er war auch Polizist. Hat sich gern vorgestellt, wie das wäre - drei Generationen im Polizeidienst. Hat immer gedacht, People bringt vielleicht irgendwann mal eine Geschichte über uns. Es war seine Lieblingsillustrierte.«
    »War?«
    »Er ist vor ein paar Jahren gestorben.«
    »Im Dienst getötet?« Sachs überlegte kurz.
    »Krebs«, antwortete sie schließlich. Lucy schwieg einen Moment. Musterte Sachs von der Seite, schaute dann wieder zum Gefängnis.
    »Kann er Kinder zeugen? Lincoln?« Die Schaumkrone auf dem Bierbecher hatte sich gesetzt, und Sachs nahm einen tiefen Zug.
    »Theoretisch ja.« Und sie beschloss, Lucy nicht zu erzählen, dass sie heute Morgen im Neurologischen Forschungsinstitut in Avery deshalb hinter Dr. Weaver aus dem Zimmer gehuscht war, weil sie fragen wollte. ob die Operation Rhymes Zeugungsunfähigkeit beeinträchtigen könnte. Die Ärztin hatte dies verneint und ihr gerade den Eingriff erklären wollen, der notwendig sei, damit sie schwanger werden könnte. Doch just in dem Moment war Jim Bell aufgetaucht und hatte sie um Hilfe gebeten. Und sie erzählte ihrer Kollegin auch nicht, dass Rhyme immer abwiegelte, sobald sie auf das Thema Kinder zu sprechen kamen, und dass sie nur raten konnte, weshalb er sich weigerte, auch nur darüber nachzudenken. Dafür konnte es natürlich alle möglichen Gründe geben - vielleicht hatte er Angst, dass ihn eine Familie bei der Ausübung seiner kriminalistischen Tätigkeit behindern könnte, die er wiederum brauchte, um nicht wahnsinnig zu werden. Oder weil er wusste, dass Querschnittsgelähmte, zumindest statistisch gesehen, eine geringere Lebenserwartung hatten als Nichtbehinderte. Vielleicht wollte er auch frei entscheiden können, falls er eines Tages aufwachte und zu dem Schluss kam, dass er genug hatte und nicht mehr leben wollte. Möglicherweise kam alles zusammen, gepaart mit der Ansicht, dass er und Sachs nicht gerade das wären, was man sich unter normalen Eltern vorstellte (obwohl sie sofort gekontert hätte: Und was genau ist heutzutage normal?).
    »Ich hab mich immer gefragt,

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