Jeier, Thomas
Weiße. Zahlreiche Frauen zogen es deshalb vor, bei den Indianern zu bleiben, weil man sie in der Welt der Weißen als »geschändet« geächtet hätte. In zeitgenössischen Berichten ist von Ehemännern die Rede, die ihre »beschmutzten« Frauen nicht mehr aufnahmen. Und über den 11-jährigen Santiago McKinn, der im September 1885 von Geronimo und seinen Apachen geraubt wurde, berichtete die Los Angeles Times nach seiner zwangsweisen Befreiung: »Es war beinahe unmöglich, mit ihm zu sprechen. Er unterhielt sich gern mit den anderen Indianerjungen, aber sobald ein Weißer in seine Nähe kam, zog er sich zurück. Er verstand Englisch und Spanisch, aber es bedurfte großer Anstrengung, ihn dazu zu bringen, eine der beiden Sprachen zu sprechen. Gestern ordnete General Crook an, ihn nach Hause zu bringen. Er wurde zu Major Roberts’ Haus geführt. Als man ihm sagte, dass er zu seinen Eltern zurückgebracht werden sollte, begann er zu weinen. Er sagte auf Apache - der kleine Schurke spricht ziemlich flüssig Apache - dass er nicht nach Hause wolle. Er wollte bei den Indianern bleiben. Man malte ihm sein Zuhause in den schönsten Farben, aber er benahm sich wie ein Tier in der Falle. Als sie ihn zu dem Wagen brachten, der ihn zum Bahnhof bringen sollte, begann er wieder zu heulen. Er weinte noch, als er unseren Blicken entschwand.«
Kriegergesellschaften
Anders als die Apachen, die im Krieg wenig Wert auf Organisation legten, waren die Krieger der Plains-Stämme, vornehmlich der Sioux, Cheyenne, Arapaho, Crow und Blackfeet, in sogenannten Kriegergesellschaften (»warrior societies« oder »soldier bands«) organisiert. Die einzige Ausnahme bildeten die Comanchen. Jede dieser Gesellschaften hatte ihre eigenen Rituale, Lieder und Tänze, war an bestimmten Kleidungsstücken und Accessoires erkennbar.
Am bekanntesten war die »Kit Fox Society«, die es bei den Sioux, Cheyenne und Blackfeet gab. Ein Kit-Fox-Krieger war im Krieg so schlau und beweglich wie ein Fuchs, tat sich durch Tapferkeit und Großzügigkeit hervor und schützte vor allem Frauen und Kinder. Bei den Cheyenne trug er einen Kopfschmuck aus den Kiefernknochen eines Fuchses und einen Umhang aus Fuchsfell. Die »Strong Hearts« der Sioux, zu denen auch Sitting Bull gehörte, waren in Notfällen zur Stelle und besaßen ein Höchstmaß an Selbstbeherrschung. Zu den »Red Shields« oder »Red Bulls« der Cheyenne gehörten meist ältere Männer, die sich durch große Erfahrung auszeichneten. Sie trugen rote Schilde und imitierten in ihren Tänzen angreifende Büffelbullen. Die meisten Krieger traten im Alter von elf bis sechzehn Jahren einer Kriegergesellschaft bei, folgten ihren Vätern und Onkeln oder einer Vision, die ihnen eine bestimmte Kriegergesellschaft zuwies. Fast alle Kriegerbünde gründeten auf Mythen und Legenden und sollen lange vor Ankunft der Weißen wesentlich spiritueller durchwoben gewesen sein als später. Es gab auch Männer, die unabhängig bleiben wollten, sich dadurch aber keine Nachteile einhandelten. Jeder junge Mann konnte seine Kriegergesellschaft frei wählen.
Ähnlich organisiert waren die »Hotamitaniu« oder Dog Soldiers« (»Hundekrieger«) der Cheyenne. Sie waren die Elitetruppe des Stammes: ihr gehörten besonders tapfere und tollkühne Krieger an, die innerhalb eines Tipi-Dorfes ihr eigenes Camp errichteten und beinahe schon als Stamm innerhalb des Stammes angesehen wurden. Wer sich den Hundekriegern anschloss, war gezwungen, den eigenen Clan zu verlassen und mit den engsten Verwandten im Kreis seiner neuen Verwandten zu lagern. Wie alle Kriegerbünde hatten auch die Hundekrieger ihre eigene Legende.
Ein Mann, der in seinem Stamm eine neue Kriegergesellschaft gründen wollte, tanzte im Abendlicht und schüttelte eine Rassel. (Deshalb wurden später von den Hundekriegern Rasseln benutzt, um Mitglieder zu werben.) Als niemand kam, begann er zu wehklagen, und alle Hunde fielen in sein Jammern ein. Am nächsten Morgen waren er und alle Hunde verschwunden. Großes Unglück kam über den Stamm. Die Krieger fanden keine Büffel mehr, und in den Dörfern regierte der Hunger. Zwei junge Männer suchten nach dem verschwundenen Mann und fanden ihn in einem großen Dorf, umgeben von festlich gekleideten Kriegern, die alle die gleiche Rassel schüttelten und sich am Leben erfreuten. Die beiden jungen Männer holten den restlichen Stamm und schlugen ihr Lager bei den Hundekriegern auf. Zahlreiche Männer schlossen sich den
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