Jeier, Thomas
im Irak.«
Staff Sergeant Julius Tulley sagte angesichts der Kürzungen im sozialen Bereich, von denen die Reservaten besonders betroffen sind: »Ich bin nicht hier, um das Militär zu verurteilen. Ich bin hier, um zu sagen, dass ich im Krieg war. Ich habe mein Leben riskiert. Meine Brüder haben ihr Leben riskiert. Ich möchte sagen: Seht her, ich habe meinen Beitrag geleistet. Meine Familie hat ihren Beitrag geleistet. Aber jetzt will ich etwas zurückhaben.«
Eine Klage, die allerdings auch weiße Veteranen nach ihrer Rückkehr aus einem Kriegsgebiet vorbringen, denn in klingender Münze zahlt sich ein solcher Einsatz für keinen aus. Den Soldaten bleibt nur die Anerkennung durch die eigenen Landsleute und den indianischen Veteranen der ehrenvolle Auftritt bei der Parade vor einem Pow-wow.
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Kapitel 10
Menschen zweiter Klasse
»Ich glaube nicht, dass wir falsch gehandelt haben, als wir den Indianern das Land wegnahmen. Es gab Tausende von Leuten, die neues Land brauchten, und die Indianer waren so selbstsüchtig, es nur für sich behalten zu wollen.«
John Wayne, Westernstar, 1971
»Meinem Volk geht es schlecht«, sagt Albert Red Bear. Ich treffe den Lakota-Indianer in einem Tankstellen-Imbiss im Pine Ridge Reservat, an der Grenze zwischen South Dakota und Nebraska. »Über drei Viertel unserer Leute sind arbeitslos und auf Sozialhilfe angewiesen, viele hängen an der Flasche oder nehmen Drogen. Aber was sollen wir tun, solange man die Food Stamps [Essensmarken] höchstens drei Jahre beantragen darf? Im Reservat gibt es kaum Arbeit!«
Dritte Welt in South Dakota
Pine Ridge gehört zu den ärmsten Reservaten der USA. Die Arbeitslosenquote liegt bei 80 Prozent, beinahe die Hälfte aller Bewohner leben unterhalb der Armutsgrenze. Die Selbstmordrate ist viermal, die Kindersterblichkeit fünfmal so hoch wie der Landesdurchschnitt. Die Lebenserwartung liegt bei knapp fünfzig Jahren. Ein Ort der Dritten Welt, der auch in Afrika liegen könnte. Die Verzweiflung der Menschen ist deutlich spürbar.
Ich tanke den Wagen auf und fahre nach Norden. Die Häuser sind schmutzig, an den Wänden hängen alte Plakate. Vor dem Supermarkt bettelt ein alter Mann. »Neue Arbeitsplätze müssen geschaffen werden«, sagt Albert Red Bear, »die Indianerpolitik muss gründlich überdacht und eine Sozialhilfe nach europäischem Muster eingeführt werden, aber das ist leichter gesagt, als getan. Wie kann man die Bundesregierung dafür verantwortlich machen, wenn die eigene Stammesregierung bestechlich ist und in die eigene Tasche wirtschaftet? Viele arbeitslose Indianer sind zu müde, sich eine Arbeit außerhalb der Reservate zu suchen. Die Indianer taugen nichts, sagen die Weißen in Rapid City. Die wollen nicht arbeiten. Die bittere Wahrheit ist, dass viele Lakota nicht mehr die Kraft aufbringen, einen neuen Anfang zu wagen.«
In Manderson, einem winzigen Dorf aus Regierungshäusern und Baracken, besuche ich Jennifer Yankton. Ich werde ins Haus gebeten und bin entsetzt, unter welchen Bedingungen die junge Indianerin mit ihrem 10-jährigen Sohn leben muss. Preston und zwei Freunde hängen auf einem zerfledderten Sofa und starren auf den flackernden Bildschirm eines altersschwachen Fernsehers. Zigarettenrauch hängt in dichten Schwaden im einzigen Zimmer. Die Küche ist schmutzig, und die bunte Cornflakes-Packung wirkt wie ein Fremdkörper zwischen den leeren Dosen und aufgerissenen Packungen auf dem Resopal-Tisch. Jennifer ist wütend: »Ich bin allein, verdammt! Ich lebe allein mit meinem Sohn. Mein Mann ist abgehauen. Ich muss Preston allein aufziehen, und das ist schlimm genug. Ich weiß nicht, warum es mir so dreckig geht. Ich hab immer Pech gehabt in meinem Leben! Jetzt lebe ich von der Sozialhilfe. Ich krieg Essensmarken, aber damit komm ich nicht weit. Insgesamt krieg ich 350 Dollar. Das ist nicht viel. Siebzig Dollar zahl ich Miete, und für Strom, Gas und Telefon muss ich auch noch zahlen. Rechne's dir aus! Kinder kosten viel Geld! Wenn ich meine Mutter nicht hätte, wär ich längst den Bach runtergegangen. Die alte Couch hat sie auch organisiert. He, ich bin kein Einzelfall! Was bleibt dir anderes übrig, als von der Wohlfahrt zu leben, wenn du in der Highschool schwanger bist? Nee, hier gibt's keine Zukunft für mich! Auf Pine Ridge müsste sich schon eine Menge ändern!«
Donovin Sprague wuchs im Cheyenne River Reservat in South Dakota auf. »Die Ziebach und Dewey Counties in unserem Reservat sind
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