Jeier, Thomas
die ärmsten Bezirke der USA, über die Hälfte der Bewohner ist arbeitslos. Wir müssen dringend etwas tun. Ich setze mich seit Jahren für ein Kulturzentrum in den Black Hills ein. Nur wenn mein Volk an der Tradition festhält, haben wir noch eine Zukunft.«
Die Besetzung von Alcatraz
Erst in den 1960er Jahren gingen die Indianer, die ihre Demütigung durch die amerikanische Regierung bisher ertragen hatten, auf die Barrikaden. Ermutigt durch die lautstarken Proteste einer rebellischen Jugend, die gegen den Vietnamkrieg auf das Establishment auf die Straße ging, gründeten sie zahlreiche Vereinigungen, die ihnen die Möglichkeit eines gemeinsamen Vergehens geben sollten: das »National Indian Youth Council«, die »United Native Americans«, die »Native Alliance for Red Power«, die »Native American Student Union« und das »American Indian Movement«. Auch der »National Congress of American Indians« (NCAI) hatte sich bereits in den 1950er Jahren um einen (gewaltlosen) pan-indianischen Protest bemüht, war aber letztlich an dem eigenen Unvermögen und den unterschiedlichen Interessen der einzelnen Stämme gescheitert. Die neuen Vereinigungen wollten nicht denselben Fehler begehen und besannen sich auf die Erfolge bedeutender historischer Führer wie Tecumseh, die mehrere Stämme erfolgreich gegen den weißen Mann vereint hatten.
Besonders das »American Indian Movement« (AIM, »Amerikanische Indianerbewegung«) trat geschlossen auf und entwickelte sich zu der bestimmenden und größten politischen Organisation. Sie wird deshalb oft in einem Atemzug mit Red Power und der indianischen Protestbewegung genannt. Das AIM war am 28. Juli 1968 von den Chippewa-Indianern George Mitchell und Dennis Banks in Minneapolis gegründet worden. Mitchell erschien den meisten Anhängern des militanten AIM allerdings zu zahm und wurde von seiner Führungsposition schon bald von den Brüdern Clyde und Verne Bellecourt und dem militanten Russell Means verdrängt. Das AIM war ursprünglich als private Schutzpolizei gegründet worden, weil 70 Prozent aller Gefangenen in den Strafanstalten von Minneapolis Indianer waren, obwohl sie nur zehn Prozent der Gesamtbevölkerung in der Stadt ausmachten. Die Mitglieder des AIM patrouillierten deshalb nachts durch die Straßen, um unrechtmäßige Verhaftungen zu vermeiden, und der Anteil der indianischen Gefangenen sank tatsächlich schon nach kurzer Zeit um fast 60 Prozent. Getragen von diesem Erfolg entschloss sich das AIM, für die Probleme aller Indianer einzutreten und dem Recht auf eigenes Land, auf eine eigene Religion und eine eigene Lebensweise besonderen Nachdruck zu verleihen.
Das AIM verstand sich ursprünglich als geistige Bewegung. Indianer sollten wieder Indianer werden, sie sollten vom Einfluss der Weißen reingewaschen und sich wieder auf die ursprünglichen Dinge des Lebens besinnen. Schon wenige Monate nach seiner Gründung richtete das AIM drei »Survival Schools«, sogenannte Überlebensschulen, ein, in denen die Schüler von indianischen Lehrern in den alten Sitten und Gebräuchen und der Stammessprache unterrichtet wurden. Man wollte auch die alten Zeremonien und vor allem den Sonnentanz wieder aufleben Jassen, um die Geister zu versöhnen und ihre Hilfe für ihr Weiterbestehen und Überleben zu erbitten.
Eine der bedeutendsten und am meisten von der Öffentlichkeit beachteten Protestaktionen begann im November 1969, als 14 indianische College-Studenten die Gefängnisinsel Alcatraz in der Bucht von San Francisco besetzten. Das Gefängnis war im Jahre 1933 auf der Insel erbaut und 1962 aufgegeben worden, und die Indianer beriefen sich auf ein altes Gesetz, das den Indianern erlaubte, von den Weißen aufgegebenes Land wieder in Besitz zu nehmen. Über 80 Indianer schlossen sich den Besetzern an, und gemeinsam erließen sie eine in einem sehr ironischen Ton abgefasste Proklamation, die den Verhandlungston und die Art der Weißen persiflierte und von den Besetzern mit der Zeile »Indianer aller Stämme« unterzeichnet wurde.
»An den Großen Weißen Vater und sein Volk:
Wir, die eingeborenen Amerikaner, fordern die Insel Alcatraz im Namen aller Indianer aufgrund des Entdeckerrechts zurück. Wir wollen fair und ehrenhaft bei den Verhandlungen mit den kaukasischen Einwohnern dieses Landes sein und bieten folgenden Vertrag an: Wir erklären uns bereit, die Insel Alcatraz für 24 Dollar ($ 24) in Glasperlen und rotem Stoff zu erwerben, so wie es vor 300 Jahren bei einem
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