Jeier, Thomas
der sich an einem »wunderschönen Sonntagmorgen des Jahres 1861« zutrug: »Ich sah eine Bande von ungefähr 30 oder 40 Cheyenne und Arapaho die Straße heraufkommen. Sie stießen Kriegsrufe aus und hielten eine Lanze mit fünf frischen Ute-Skalps empor!« In Fort Lyon schoss ein Soldat auf einen Cheyenne-Krieger, als der sich weigerte, seine Tochter gegen eine Flasche Whiskey einzutauschen. Die Indianer beklagten sich darüber, dass ihre Frauen vergewaltigt und ihre Pferde gestohlen und ihre Rationen von den Indianeragenten einbehalten wurden. Mrs. Colley, die Ehefrau eines Agenten, wurde dabei beobachtet, wie sie mit dem Mehl, das eigentlich den Indianern zustand, Kuchen backte und an die Soldaten im Fort verkaufte. Sie wurde niemals dafür belangt. Die Lage an der Besiedlungsgrenze wurde immer gefährlicher.
Dennoch hätte eine Eskalation vermieden werden können, wären gewisse Kreise nicht daran interessiert gewesen, die Situation so dramatisch wie möglich dazustellen, um die Umwandlung des Territoriums in einen Bundesstaat voranzutreiben und sich einflussreiche Ämter zu sichern. Die treibende Kraft hinter diesen Bemühungen war William Newton Byers, der Gründer der Rocky Mountain News in Denver. Als glühender Vertreter der »Manifest Destiny«, der für seine Obsession lebte, Colorado zu einem Staat der Union und Denver zur bedeutendsten Metropole des Westens zu machen, benutzte er sein Medium auf schamlose Weise, um diese Vision in den Köpfen der Bevölkerung einzubrennen und die Regierung in Washington zu raschen Entscheidungen zu drängen. Selbst während der frühen 1860er Jahre, als er die Vertreibung der Indianer in seinen Artikeln teilweise noch bedauerte, nannte Byers ihre Unterwerfung »unvermeidbar«, schilderte er ihren Untergang als unumstößliches Naturgesetz, denn die rote Rasse sei dem Vordringen der Zivilisation und den Anstrengungen »sehr fleißiger Männer« im Wege.
Und weil es so war, machte er seine Rocky Mountain News zu einem Propagandablatt, das keine andere Aufgabe hatte, als die Indianer zu verteufeln und auf eine schnellstmögliche Lösung zu drängen, die ihn seinem Traum näher bringen würde. Um möglichst viele weiße Siedler nach Colorado zu locken, schreckte er auch nicht davor zurück, seine Zeitung mit einer Schlagzeile wie »Fortunes for the Taking« (»Wohlstand zum Mitnehmen«) zu versehen und einen Artikel abzudrucken, der besser in die Broschüre der Chamber of Congress gepasst hätte. 1864 schrieb er: »Wenn die letzten vier Jahre ermutigend waren, warum nicht die nächsten vier? Colorado steht am Anfang eines glorreichen Werdegangs.« - wenn man das »Indianerproblem« rasch löste.
Auch in Colorado kam es zu einer unseligen Allianz zwischen Presse, Politik und Militär. Deren prominenteste Vertreter waren William N. Byers, dem vor allem an der Verwirklichung seines Traums gelegen war; John Evans, der ambitionierte Gouverneur des Territoriums, der in einem neu gegründeten Staat ebenfalls das oberste Amt übernehmen wollte; und Colonel John M. Chivington, ein Pastor der Methodistenkirche, der sich im Bürgerkrieg in der Schlacht am Glorieta Pass hervorgetan hatte. Der Gouverneur hatte sich an einigen Investitionen des Zeitungsmanns beteiligt, und Chivington hatte Byers' Familie während einer Flut das Leben gerettet. Grund genug, sich den beiden mächtigen Männern auch anderweitig verpflichtet zu fühlen.
Massaker am Sand Creek
1863 war ein »Jahr des Hungers« für die Indianer. Zahlreiche Kinder erkrankten an Keuchhusten und Durchfall. Die kriegerische Haltung der Cheyenne und Arapaho steigerte die Nervosität der Bürger, die fürchteten, dass weitere Truppen in den Bürgerkrieg abgezogen wurden. Byers, Evans und Chivington interessierte der Bruderkrieg zwischen Unionstruppen und Konföderierten nur am Rande. Sie brauchten einen glorreichen Sieg über die Indianer um gut bei der Regierung in Washington dazustehen, und ihren Traum von einem Staat Colorado verwirklichen zu können. Byers bereitete den Boden dafür, indem er jedes kleine Scharmützel zum heimtückischen Massaker an hilflosen Siedlern hochstilisierte und in zahlreichen Leitartikeln gegen die Indianer hetzte. Die Indianer spielten ihm ungewollt in die Hände, als einige Arapaho-Krieger am 11. Juni 1864 die Farm der Familie Hungates überfielen und den Mann, die Frau und ihre beiden kleinen Töchter, eine vier Jahre alt, die andere noch ein Baby, auf grausame Weise umbrachten. Als man die
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