Jeier, Thomas
Leichen der Familie in Denver öffentlich aufbahrte, kam es zu tumultartigen Szenen, und es bedurfte keiner weiteren Anstrengungen der Rocky Mountain News mehr, um die Bürger des Territoriums in Kriegsstimmung zu versetzen.
Im August 1864 erließ Gouverneur John Evans eine Proklamation, die alle Bürger von Colorado ermächtigte, mit Waffengewalt gegen feindliche Indianer vorzugehen und den eigenen Besitz zu verteidigen. Die News druckte den Aufruf wortgetreu ab, »vergaß« aber den Zusatz, sogenannte »friedliche Indianer« sollten verschont werden. Mit Plakaten wurden »Indianerkämpfer« gesucht, die bereit waren, sich für 100 Tage der US-Kavallerie gegen Bezahlung anzuschließen. Die größten Indianerhasser von Denver taten sich mit stadtbekannten Trunkenbolden und Schlägern zusammen und schworen, es den »verdammten Rothäuten endgültig heimzuzahlen«! Die aufgebrachten Bürger klatschten Beifall, und die News schrieb: »Die Zeit kommt näher, da diese Wilden gezüchtigt werden können, und dies soll nicht mit sanfter Hand geschehen.« Die Indianer beschimpfte sie als »skalpierende Schlächter«.
Ausgerechnet ein Militärbefehlshaber, Major Edward Wynkoop, der Kommandant von Fort Lyon, weckte noch einmal die Hoffnung auf Frieden, als er in Verhandlung mit dem Cheyenne-Häuptling Black Kettle trat und eine gewisse Sympathie für ihn zum Ausdruck brachte. Sein Verständnis für die Indianer wuchs und führte zu einem aufopferungsvollen Engagement für den Frieden, der von Gouverneur Evans und Colonel Chivington argwöhnisch beobachtet und von der News als »indianerfreundlich« und »verräterisch« beschimpft wurde.
Im September 1864 blieb Evans nichts anderes übrig, als mit Black Kettle und den anderen Abgesandten der Cheyenne und Arapaho zusammenzukommen und sie aufzufordern den Kriegspfad zu verlassen und nach Fort Lyon zu kommen. Colonel Chivington schäumte vor Wut, als er sah, wie die Indianer vor dem Fort lagerten. Die Friedensinitiative des Majors schien aufzugehen. Das Blatt wendete sich, als es dem Colonel gelang, Wynkoop von seinem Posten zu entbinden und am 5. November durch Major Scott Anthony zu ersetzen, einen notorischen Indianergegner. Im Einvernehmen mit Gouverneur Evans, der nichts Eiligeres zu tun hatte, als nach Washington zu reisen, um möglichst weit vom Ort des Geschehens entfernt zu sein, wies die Miliz an, die Indianer zu vertreiben. Black Kettle wurde versichert, ihm würde nichts geschehen, solange er mit seinen Leuten am Sand Creek lagerte und die amerikanische Flagge hisse. Von dieser Abmachung wusste auch Colonel Chivington, als er mit seiner Armee von 700 Freiwilligen am Sand Creek ankam.
Der 29. November 1864 war ein bitterkalter Tag. Eisiger Wind fegte über das Cheyenne-Lager am Sand Creek und rüttelte an der amerikanischen Flagge, die Black Kettle an einer Zeltstange seines Tipis befestigt hatte. »Wenn du dieses Tuch aufhängst, passiert dir und deinem Volk nichts«, hatte der Soldaten-Häuptling versprochen. Darunter wehte eine weiße Fahne zum Zeichen des Friedens. Im Osten stieg die Sonne empor und spiegelte sich auf den gefrorenen Pfützen im Flussbett. Der Sand Creek führte kaum Wasser um diese Jahreszeit. Crow Woman, eine der ältesten Frauen des Lagers, war wie jeden morgen früh auf. Sie verließ ihr Tipi, um Wasser vom Fluss zu holen, und blieb auf halber Strecke stehen. Ein leichtes Grollen, wie vor einem nahenden Gewitter, drang an ihre Ohren, und unter ihren Füßen zitterte der Boden. Zuerst glaubte sie an ein Wunder, an ein Geschenk, dass der Große Geist seinen roten Kindern machte. »Die Büffel kehren zurück! Die Büffel kehren zurück!«, rief sie, doch als sie ihren Blick auf die Hügelkämme im Osten richtete, erkannte sie die Schatten weißer Männer. Nur einige von ihnen trugen die blaue Uniform, aber darauf achtete sie nicht. Sie sah die beiden Kanonen und die Waffen in ihren Händen, und über ihre Lippen kam ein spitzer Schrei. »Veho! Veho! Die Soldaten greifen an!«
Black Kettle und seiner Frau gelang auf wundersame Weise die Flucht. Der greise White Antelope weigerte sich zu fliehen und sang sein Totenlied: »Nur die Erde und die Berge leben ewig!« Die Soldaten schossen ihn nieder. Sie schnitten seine Nase und seine Ohren ab und skalpierten ihn. Um besser an seine wertvollen Ringe zu kommen, trennten sie seine Finger ab. Er starb als Erster. Von Augenzeugen wird berichtet, dass eine Frau mit gebrochenem Bein auf dem Boden lag und
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