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Jeier, Thomas

Jeier, Thomas

Titel: Jeier, Thomas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ersten Amerikaner Die
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der seine Antworten an den Suchenden weitergab oder bei gemeinschaftlichen Zeremonien wie dem Sonnentanz.
    Die eigentliche Vision Quest betraf vor allem junge Krieger, die vor dem Eintritt in das Erwachsenendasein in die Einsamkeit zogen, um dort ihren Schutzgeist zu treffen und mehr über den Sinn ihres Lebens zu erfahren. Bevor ein Knabe aufbrach, reinigte er seinen Körper in einer Schwitzhütte. »Um eine Vision zu finden, muss ein Krieger ständig daran denken«, berichtete ein Lakota-Indianer. »Zuerst muss er seinen Geist stärken. Er darf keine Kleidung außer einem Umhang tragen. Er muss allein sein. Er darf weder essen noch trinken. Er muss die Pfeife rauchen und singen und beten. Wenn er auf einen Berg steigt, sollte er dort bleiben, bis er eine Vision hat oder beinahe zusammenbricht. Seine Verwandten sollten für ihn beten und singen und darum bitten, dass er eine Vision bekommt. Wenn der Suchende zu dem Platz kommt, an dem er fasten will, sollte er ihn von Käfern und Würmern und allem befreien, das lebt. Er sollte vier Glücksbringer dabeihaben. Das sind seine Geisterbanner.«
    Bei den Sioux steckte der Suchende den Platz mit vier Holzpflöcken ab, vier in jeder Himmelsrichtung und einen in der Mitte. Dann rauchte er die heilige Pfeife und weihte mit ihrem Rauch die vier Himmelsrichtungen, die Sonne und die Erde. Seine Umgebung reinigte er mit dem Rauch von verbranntem Sweetgrass und dem Duft von Salbei. Meist vier Tage und vier Nächte verbrachte er in der Einsamkeit. George Sword, ein Oglala-Lakota-Krieger, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts lebte, sagt: »Wenn jemand eine Vision hat, sieht er etwas. Einen Menschen, ein Tier, einen Vogel, ein Insekt, irgendetwas, das atmet. Es kann auch ein Licht oder eine Wolke sein. Vielleicht kommt es auf ihn zu. Oder es spricht zu ihm. Oder der Suchende hört nur ein Geräusch. Er sollte sich an die Worte oder das Geräusch erinnern. Wenn er eine Vision hatte, sollte er singend zu seinen Leuten zurückkehren. Wenn nicht, sollte er schweigen.«
    Begegnete der Krieger während seiner Vision einem Tier, wurde es zu seinem Schutzgeist und begleitete ihn durch sein ganzes Leben. Er ehrte den Vierbeiner oder Vogel, indem er seinen Körper, sein Pferd und sein Schild mit dem Symbol dieses Tieres bemalte und dessen Fell, Zähne oder Knochen in seinem Medizinbeutel trug. Bei den Sioux gehörte jeder Krieger, der von einem Hirsch, Bison oder Bär geträumt hatte, zur gleichnamigen Kriegergesellschaft. Erst nach einer erfolgreichen Vision Quest bekam ein Junge seinen eigentlichen Namen, wurde er zum Krieger. Wer trotz aller Anstrengungen keine Vision erlangte, durfte es nach einiger Zeit wieder versuchen. »Kein Mann beginnt zu leben, bevor er seine Vision hatte«, sagten die Chippewa-Indianer.

    Heilige Zeremonien
    Auf einer Legende der Irokesen basiert die Zeremonie der Falschgesichter, einem geheimen Bund von Kriegern, die ihre Gesichter mit Masken (»falschen Gesichtern«) bedeckten und mit ihren Tänzen und Liedern die Krankheiten aus den Langhäusern vertrieben. Der Legende nach schlichen sich die bösen Geister durch den Rauchabzug in ein Haus. Die Bewohner bedeckten rasch ihre Gesichter, um nicht von einer Krankheit befallen zu werden, aber die bösen Geister krochen nachts unter ihre Decken und gelangten durch die Augenhöhlen in ihre Körper. Gerade noch rechtzeitig tauchte das Große Falschgesicht, ein furchterregender Riese, in der Tür auf und verscheuchte die bösen Geister. Die Rolle des Riesen übernahmen die maskierten Krieger vor allem während des Mitwinterfestes, der bedeutendsten Zeremonie der Irokesen. 1751 schrieb ein europäischer Reisender über seine Begegnung mit einem Falschgesicht »Er trug eine schwarz bemalte, grobe Holzmaske mit einer zehn bis fünfzehn Zentimeter langen Nase, einem schiefen, grinsenden Maul, aus dem lange Zähne ragten, mit Augen aus glänzenden Messingringen, die von weißen Farbkreisen umrahmt waren. Von seiner Stirn hingen Fransen aus Büffelhaar, und von seinem Schädel baumelten Stricke aus getrockneten Getreideschalen herab.«
    Ähnlich wie beim Mitwinter-Fest der Irokesen feierten die Indianer der weiten Ebenen mit dem Sonnentanz die Erneuerung der Natur und des Lebens. Der Name beschreibt lediglich einen Teil der acht bis zwölf Tage dauernden Zeremonie, während der die Krieger bis zur Erschöpfung um den heiligen Pfahl tanzten, in ihre Adlerknochenflöten bliesen und dabei unablässig in die Sonne blickten, um in

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