Jeier, Thomas
Heiden wüssten gar nicht, was gut für sie sei, und müssten deshalb zum wahren Glauben gezwungen werden, so die von der katholischen Kirche erteilte Absolution für das gewaltsame Vorgehen ihrer Missionare und der verbündeten Soldaten. Jedes Mittel war recht, um möglichst viele »Wilde« zu taufen. Wie wenig die Missionierung vom wahren Geist des Christentums beseelt war, und dass es den Padres vor allem darum ging, eindrucksvolle Zahlen vorlegen zu können, zeigt eine Meldung von Pedro de Gante, der an einem einzigen Tag 14 000 Indianer getauft haben will. Zu den wenigen Kirchenmännern, die sich gegen diese Willkür stemmten, gehörte Bischof Bartolomé de las Casas, der im 16. Jahrhundert offen gegen die Versklavung und Folterung der Eingeborenen protestierte und mehr Respekt ihnen gegenüber forderte. Seine Stimme blieb weitgehend ungehört.
Weil die Spanier an der amerikanischen Ostküste im ständigen Konflikt mit den Engländern lagen, konzentrierten sich ihre Bemühungen ein Kolonialreich auf dem nordamerikanischen Kontinent zu errichten auf Neuspanien, dem späteren Mexiko. Die verzweigten Schluchten im Norden jener Provinz bargen angeblich unermessliche Schätze. Bruder Marcos de Niza wollte sogar die sagenhaften »Sieben goldenen Städte von Cibola« gesichtet haben: »Das Land ist reich an Gold und anderen Schätzen.« Don Francisco Vasquez de Coronado war so angetan von seinem Bericht, dass er im Februar 1540 mit 225 Reitern und einer Vielzahl von indianischen Dienern nach Norden aufbrach. Als sie Cibola ein halbes Jahr später erreichten, war die Enttäuschung groß. Die Häuser der Pueblo-Siedlung bestanden aus gewöhnlichem Lehm und nicht aus dem begehrten Edelmetall.
Die Unterwerfung der Pueblo
Mit unvorstellbarer Grausamkeit ging auch Don Juan de Onate Salazar gegen die Pueblo-Indianer in der Provinz New Mexico vor. Im Frühling 1598 zog er mit seinen Soldaten zum Rio Bravo del Norte, dem heutigen Rio Grande, und ebnete den Weg für die spanische Besiedlung. Die Franziskaner-Mönche, die ihn auf seiner Expedition begleiteten, begegneten den Indianern mit der gleichen Arroganz und Anmaßung wie die Soldaten, gaben sich als Gesandte des einzig wahren Gottes aus, zwangen die Indianer, ihnen zum Zeichen der Unterwerfung und Demut die Füße zu küssen und folgten der franziskanischen Doktrin, die verlangte, den äußeren Menschen zu ändern, bevor man sich der Bekehrung seiner Seele zuwandte. Sie zwangen den Pueblo, die katholische Moral auf, verboten voreheliche Sexualität und die Vielehe und nötigten Liebespaare, ihren Bund von einem katholischen Priester segnen zu lassen. Keiner der Padres protestierte jedoch, als Onate einen Anteil von den im Pueblo-Dorf Acoma dringend benötigten Lebensmitteln verlangte. Ein unmenschliches Vorgehen, das mit keiner christlichen Tugend in Einklang zu bringen war. Die Pueblo wehrten sich und töteten dreizehn Spanier, darunter einen Neffen von Onate. Der Conquistador rächte sich grausam, ließ 800 Pueblo töten und 500 Frauen und Kinder versklaven. Jedem der 25 überlebenden Männer ließ er den linken Fuß abhacken. Sieben Jahre später wurde er vor Gericht gestellt, nach Spanien zurückgeschickt und dort freigesprochen.
Dass sich der katholische Glaube dennoch in der Heimat der Pueblo durchsetzen konnte, lag wohl an der Art der Missionierung der franziskanischen Padres, die vor allem jene christlichen Rituale feierten, die mit den Zeremonien der Pueblo in Einklang zu bringen waren. Die Selbstkasteiung, der sich manche Dorfältesten unterzogen, sollte an die Kreuzigung Jesu erinnern. Der Kachina-Kult, die Huldigung mächtiger Geister, die von maskierten Männern dargestellt wurden, erinnerte an die Verehrung der Heiligen. Christliche Kirchen und Kapellen wurden grundsätzlich an heiligen Plätzen der Pueblo erbaut. Sogar die rituellen Zeremonien der Pueblo wurden mit dem christlichen Kalender abgestimmt. So entwickelte sich eine Mischform aus indianischem und katholischem Glauben, die den Pueblo-Aufstand von 1680 überdauerte und bis in unsere Zeit Bestand hat.
Im späten 17. Jahrhundert lösten die Jesuiten die Franziskaner ab. Pater Eusebio Kino, der am 10. August 1645 in Tirol geboren wurde und an den Universitäten von Freiburg und Ingolstadt studiert hatte, gründete die Mission Nuestra Señora de los Dolores und zahlreiche andere Missionen im heutigen Arizona. Er galt als friedliebender und gottesfürchtiger Mann, »der gnadenvoll zu den anderen,
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