Jeier, Thomas
hatten Tekakwitha aber so geschwächt, dass sie mit vierundzwanzig Jahren vor Schwäche starb. Pater Pierre Cholenec war Zeuge ihres Todes und berichtete später: »Ihr Gesicht, das im Leben verformt und verhärmt aussah, änderte sich eine Viertelstunde nach ihrem Tod und wirkte plötzlich wunderschön und heiter. Ich war so erstaunt, dass ich bei ihrem Anblick einen lauten Schrei ausstieß. Sofort sandte ich nach einem Priester, der im Refektorium den Gründonnerstag vorbereitete. Er kam mit mehreren Leuten. Wir bestaunten gemeinsam das Wunder. Mein erster Gedanke war, dass sie dem Himmelreich bereits nahe war und etwas von dem Glorienschein spürte, den ihre Seele erfahren würde.« Katéri Tekakwiths letzte Worte sollen »Jesus, ich liebe dich!« gewesen sein.
Die Vision des Handsome Lake
Ebenfalls vom christlichen Gott der Weißen beeinflusst, zeigte sich Ganeodiyo (Sganyodaiyo ˀ ) oder Handsome Lake (1735 - 1815), der als indianischer Messias von sich reden machte. Der Häuptling der Seneca war dem Alkohol verfallen und kehrte nach einem Kollaps als geläuterter Reformator in die Welt zurück. Während seines Deliriums habe er eine Vision gehabt, verkündete er, der Schöpfer habe ihm Heilung versprochen, wenn er sein Volk aus der Lethargie reiße und in eine bessere Zukunft führe. Unterstützt von seinem Halbbruder Cornplanter, einem einflussreichen Irokesenführer, und seinem Neffen Thaonawyulthe (Skandyo'swadi) oder Black Snake begründete er eine religiöse Lehre, die als »Longhouse Religion« heute noch Bestand hat. In 130 Artikeln formulierte er seinen »Handsome Lake Code«, in dem er die Verfassung der Irokesen an die veränderten Bedingungen anpasste und die Grundsätze des irokesischen »Book of the Great Law« mit den Idealen der christlichen Quäker verband. Auch er propagierte einen dauerhaften Frieden, nicht nur innerhalb der Irokesenliga, sondern auch zwischen Indianern und Weißen, den Alkohol stellte er als etwas Verwerfliches dar, war er doch selbst beinahe daran zugrunde gegangen. Aber in den entscheidenden Passagen forderte er sein Volk zu einer Abkehr von jahrhundertealten Traditionen auf: Die Großfamilie habe ausgedient und sei in der Welt der Weißen nicht mehr konkurrenzfähig, die Krieger müssten die Jagd vernachlässigen und sich als Ackerbauern beweisen, und Maskengesellschaften wie die Falschgesichter, die nachts den Kranken die bösen Geister austrieben, müssten ihr »ketzerisches Treiben« einstellen. Selbst Vizepräsident Thomas Jefferson, der sich gerade um das Amt des Präsidenten bewarb und an einem dauerhaften Frieden mit den Indianern interessiert war, lobte die Thesen des Seneca, der es verstand, selbst traditionell eingestellte Irokesenführer für seine Lehre zu gewinnen. Dies gelang Handsome Lake, indem er religiöse Zeremonien wie das Mittwinterfest oder das Fest des Grünen Maises zwar leicht veränderte und an seine Thesen anpasste, aber in ihren Grundzügen als Erntedankzeremonien beibehielt.
Dennoch fand sein »Handsome Lake Code« bei den Irokesen nur wenig Anklang. Die Mohawk und Oneida waren bereits vom Christentum geprägt und glaubten den Missionaren, die Handsome Lakes Lehre als »Teufelswerk« verdammten; die Seneca, Onondaga und Cayuga fanden zwar Gefallen an den Verheißungen, die eine Hinwendung zur Kultur der weißen Einwanderer versprach, störten sich aber an der Machtgier des neuen Führers, die zunehmend von Arroganz und Selbstsucht geprägt war, und an seiner Hexenjagd, die schon bald bizarre Züge annahm. Unbequeme Rivalen verfolgte er als »Hexen«und »Hexer« und ließ sie öffentlich hinrichten, dabei machte er auch vor angesehenen Häuptlingen nicht Halt. Als sich die Tochter seines Halbbruders Cornplanter in einen Häuptling der Delawaren verliebte und von ihm ein Kind erwartete, erklärte er sie zur Hexe um den befreundeten Häuptling davor zu bewahren, sie ehelichen zu müssen. Als die Delawaren einen Medizinmann schickten, nahmen ihn die Seneca als Geisel, und es kam beinahe zum Krieg. Handsome Lake floh mit seinen Anhängern in das Allegany Reservat und gründete die Siedlung Coldspring, doch er verlor auch dort an Einfluss, als eine Epidemie die Bevölkerung des Dorfes dezimierte.
Die Friedensmission des Pater De Smet
Mit ähnlichem Sendungsbewusstsein, aber wesentlich mehr Einfühlungsvermögen war der Jesuitenpater Pierre-Jean De Smet im Land der Indianer unterwegs. Am 30. Januar 1801 in Belgien geboren, wanderte er 1821
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