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Jene Nacht im Fruehling

Titel: Jene Nacht im Fruehling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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lasse nicht zu, daß du jetzt allein bleibst mit deinem Kummer. Du magst mich für einen autokratischen oder tyrannischen Chauvinisten halten, und du darfst mich gern beschimpfen, wenn du möchtest, aber diesmal wirst du dich nicht allein mit dem Tod auseinandersetzen müssen.« Als sie sich mit beiden Händen gegen seine Brust stemmte, zog er sie noch fester an sich. »Und für einen Ringkampf mit mir bist du nicht stark genug«, sagte er, sich wieder in Bewegung setzend.
    Er trug sie nicht, wie sie gedacht hatte, ins Schlafzimmer, sondern hinaus in den Garten, und nahm, als er an einer Bank vorbeikam, die auf der Terrasse stand, die Schaffelldecke mit, die über der Rückenlehne hing. Dann setzte er sich mit ihr im Garten in eine Hollywood-Schaukel, nahm sie wie ein kleines Kind auf den Schoß, zog ihren Kopf an seine Schulter und legte ihr die Hand auf den Scheitel.
    »Erzähl mir von deiner Mutter«, bat er.
    Das Gesicht an seiner Schulter vergrabend, schüttelte sie den Kopf. Das letzte, woran sie jetzt denken wollte, war ihre Mutter - wie sie gegen eine glühende Heizsonne gepreßt wurde und ihren Peiniger anflehte, das Leben ihrer kleinen Tochter zu schonen.
    »Was war ihre Lieblingsfarbe?«
    Er wartete, aber als Samantha stumm blieb, sagte er: »Die Lieblingsfarbe meiner Mutter ist Blau. Blau ist die Farbe des Friedens, und nach den vielen Plagen, die sie mit uns Kindern hatte, gibt es wohl nichts auf der Welt, wonach sie sich mehr sehnen würde als nach Ruhe.«
    Sam schwieg noch immer, als Mike sie und sich in die Schaffelldecke einhüllte. Es war ein sonniger, warmer Tag gewesen, doch Sam fühlte sich ganz kalt an, als habe der Schock ihr das wärmende Blut aus den Adern gepreßt und es irgendwo in ihrem Inneren aufgestaut. Er strich ihr die feuchten Haare von den Schläfen und zog sie noch fester an sich, um sie mit seinem Körper zu wärmen. Er wußte zwar nicht, warum er so hartnäckig war, aber er hatte das Gefühl, daß er sie unbedingt zum Reden bringen müsse.
    »Hat deine Mutter dir auch etwas vorgesungen?« fragte er, und als Sam noch immer stumm blieb, fuhr er fort: »Habe ich dir eigentlich schon erzählt, daß meine Ur-Urgroßmutter eine berühmte Opernsängerin gewesen ist? Man nannte sie LaReina. Hast du schon mal etwas von ihr gehört?«
    Sam schüttelte den Kopf.
    »Mein Vater hat ein paar Schallplatten, die man von ihr gemacht hat. Sie hatte eine wirklich gute Stimme, wenn ich mir darüber ein Urteil erlauben darf. Um so merkwürdiger finde ich es, daß keiner in meiner Familie einen richtigen Ton singen kann. Das ist nicht fair, findest du nicht?«
    Sie schwieg, während er ihr den Rücken rieb und sie ganz fest und sicher an seinen kräftigen Körper hielt. Samantha erinnerte sich nun daran, was sie bisher immer so hartnäckig aus ihrem Gedächtnis verdrängt hatte: Niemand hatte sie an dem Tag, als ihre Mutter starb, in den Armen gehalten. Ihr Vater hatte nach dem Tod ihrer Mutter drei Jahre in einem verdunkelten Zimmer verbracht. Er hatte sich wochenlang nicht anziehen wollen -nur seinen Bademantel über seinem Nachtzeug getragen -, sich nicht rasiert und nur das Allernötigste gegessen, um sich am Leben zu erhalten. Sam hatte sich nach Kräften bemüht, ihn aufzumuntern - sich niemals anmerken lassen, wie einsam sie selbst war. Sie hatte es sich niemals gestattet, ihm ihre Traurigkeit zu zeigen, ihn niemals wissen lassen, wie sehr sie ihn brauchte und wie sehr sie ihre Mutter vermißte.
    »Gelb«, flüsterte Sam. »Ihre Lieblingsfarbe war Gelb.«
    *
    Mike hielt Samantha stundenlang in seinen Armen, während sie ihm von ihrer Mutter erzählte und davon, wieviel sie ihr bedeutet hatte. Er erinnerte sich wieder an ihren Vergleich mit den abgelaufenen Uhren, als sie ihm vor einigen Wochen zu erklären versuchte, in welcher Verfassung sie und ihr Vater sich nach dem Tod von Allison Elliot befunden hatten. Doch nun hörte Mike noch etwas anderes aus ihrer Erzählung heraus: Samantha fühlte sich schuldig am Tod ihrer Mutter. Hatte sie nicht schon einmal ihm gegenüber erwähnt, daß sie mit ihrem eigensüchtigen Wunsch, eine Kinder-Party zu besuchen, ihre Mutter umgebracht habe? Sie hatte zwar gesagt, daß sie inzwischen wüßte, daß das nicht stimmen könne, aber das war, wie Mike nun erkannte, nur eine Schlußfolgerung ihres Verstandes gewesen, keine moralische Rechtfertigung. Ihr Unterbewußtsein sprach sie von dieser Schuld nicht frei. Mehr noch: sie glaubte, daß auch ihr Vater sie

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