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Jene Nacht im Fruehling

Titel: Jene Nacht im Fruehling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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wieder herunterkam, fand sie Mike im Garten. Er saß dort am Picknicktisch und hatte einen Teller mit Sandwiches vor sich.
    »Möchten Sie etwas essen?« fragte er, sah sie dabei aber nicht an.
    Samantha öffnete den Mund, um etwas darauf zu antworten, schloß ihn dann aber wieder. Wie wollte sie ihm etwas erklären, das sie selbst nicht verstand?
    Das Sonnenlicht lag auf seinem Haar, und sie konnte die Stelle sehen, wo die Kopfhaut verletzt worden war. Als sie näher an ihn herantrat, die Hand ausstreckte und sein Haar berührte, bewegte er sich nicht. Von seiner Reaktion ermutigt, ging sie noch näher an ihn heran und sah sich seine Kopfwunde genau an. Sie war mit zehn Stichen genäht worden, und Samantha wußte mit über jeden Zweifel erhabener Sicherheit, daß seine Wunde etwas damit zu tun hatte, daß ihr Hals nun mit Würgemalen übersät war.
    Einem Impuls folgend, küßte sie ihn auf die Wunde. Mike saß ganz still da und versuchte zum erstenmal nicht, nach ihr zu greifen, sie zu Boden zu reißen oder an ihren Kleidern zu zerren. Daß er so stillhielt, ermutigte sie noch mehr, und sie legte ihm ein paar Strähnen seines Haares über die Stelle und strich sie glatt.
    Dann bewegte sie sich wieder von ihm weg und nahm ihm gegenüber am Tisch Platz. Er sah sie auf eine sonderbare Weise an, so als versuchte er, schlau aus ihr zu werden. Sie wollte ihm sagen, daß er sich nicht darum bemühen sollte - daß sie nicht so wäre wie andere Menschen und in keine Schablone passen würde.
    Mike sagte nichts, aß schweigend seinen Lunch und behielt seine Gedanken für sich.
    Um ein Uhr mittags läutete das Telefon, und als Mike den Hörer abhob, huschte ein Lächeln über sein Gesicht. »Das ist großartig«, sagte er grinsend. »Mein Glückwunsch. Warte eine Sekunde - ich werde Sam fragen.« Seine Hand über die Muschel legend, drehte er sich zu Samantha um. »Würde es Ihnen passen, wenn wir Gesellschaft bekämen? Eine Freundin von mir hat soeben ihr Bar-Examen bestanden und das will sie feiern. Sie und noch ein paar Freunde würden gern zu mir kommen.«
    Lächelnd gab Samantha ihm mit einem Kopfnicken ihre Zustimmung, obwohl sie nicht sonderlich daran interessiert war, noch mehr Leute aus Mikes Bekanntenkreis kennenzulernen. Bisher waren das nur Stripperinnen und Jogger gewesen. Diese Bekannte hatte, wie er soeben sagte, ihr Bar-Examen bestanden. Bedeutete das, daß sie sich als Bardame qualifiziert hatte?
    Da Samantha nicht wollte, daß jemand die Blutergüsse an ihrem Hals sah, zog sie sich ein Sweatshirt mit Rollkragen an. Als sie dann nach einer Stunde die ihr von Mike angekündigten Freunde kennenlernte, war sie angenehm überrascht. Es waren vier, zwei davon ein Paar-Jesse und Anne, gerade sechs Wochen verheiratet - und die beiden anderen, Ben und Corey, waren verlobt. Es war Corey, die soeben ihr Bar-Examen bestanden hatte - als Barrister, eine bei Gericht zugelassene Rechtsanwältin. Sie erzählte Samantha, daß sie in der gleichen Kleinstadt aufgewachsen sei wie Mike - in Chandler, Colorado.
    Als die vier vergnügten jungen Leute, mit Champagnerflaschen bewaffnet, in Mikes Haus kamen und dort Samantha auf der Couch sitzen sahen, nahmen sie natürlich sofort an, daß sie und Mike zusammenlebten.
    Es war Mike, der diesen Irrtum korrigierte und erklärte: »Samantha ist meine Mieterin. Sie wohnt in dem Apartment im ersten Stock.« Dann erklärte er, daß Samantha oben gegen das Treppengeländer gefallen sei, sich an der Kehle verletzt habe und deshalb nicht sprechen könne. Samantha spielte dabei mit ihrem Rollkragen, aus Angst, man könnte die Blutergüsse sehen, die genauso aussahen wie Fingerabdrücke.
    Als Mike sagte, daß Samantha nicht mehr sei als seine Mieterin, sahen sich die vier Freunde untereinander an und zogen die Brauen ein wenig hoch. Es gehörte ja nicht unbedingt zu einer Hausherr-Mieterin-Beziehung, daß die Mieterin, in eine Steppdecke gewickelt, auf der Couch in der Bibliothek des Hausherrn saß.
    Samantha tat die Gegenwart von anderen Menschen gut, denn ihr Gelächter baute die Spannung wieder ab, die sich zwischen ihr und Mike aufgebaut hatte, und sie lernte nun auch Mikes Verhalten in der Gesellschaft mehrerer Leute kennen.
    Seit ihrem zwölften Lebensjahr hatte Samantha ein Einsiedlerdasein geführt. Ihre Mutter war von ihren Eltern der geselligere Partner gewesen, sie hatte immer die Gartenfeste, Dinnerparties und die Wohltätigkeitsveranstaltungen der Kirchengemeinde organisiert. Nach

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