Jene Nacht im Fruehling
ihrem Tod war Samantha in der Obhut ihres Vaters geblieben, der nur selten Besuch empfing. Dann war sie mit einem Mann verheiratet gewesen, der seine Parties mit Leuten feierte, von denen sie nichts wissen durfte.
Aber Mike war ein geselliger Typ, der sich in einer Gruppe wohl fühlte.
Jess hatte eine Vorliebe für Computer, und als er das neue Gerät in Mikes Bibliothek entdeckte, mußte er es auch sofort einschalten. Mike schob das Verdienst für dessen Anschaffung Samantha zu und erklärte, daß sie es auch angeschlossen und die Programme installiert habe.
Als Jess das Verzeichnis studierte, rief er sofort das Sierra-Computerspiel auf, und binnen weniger Minuten schoben die drei Männer abwechselnd die Maus über die Unterlage und stritten sich um Bienen, Ameisen und Räuber.
Samantha, die auf der Couch hinter ihnen lag, beobachtete Mike und dachte, es wäre doch seltsam, wie rasch alle anderen Männer neben ihm zu verblassen schienen. Sie beobachtete, wie er sich bewegte, beobachtete das Spiel seiner Muskeln unter seinem dünnen T-Shirt, wenn er sich bewegte, und betrachtete sein dunkles, gelocktes Haar.
Plötzlich wurde ihr bewußt, wie nahe sie dem Tod gewesen war. Sie erinnerte sich an die Hände des Maskierten, die ihr den Hals zugeschnürt hatten, konnte fast wieder spüren, wie er das Leben aus ihrem Körper herausdrückte. Doch mitten in diesem Vorgang hatte sie gewußt - gewußt daß Mike zu ihr kommen würde, wenn sie ihm nur irgendein Signal geben konnte.
Als sie nun wieder daran dachte, wurde ihr auch bewußt, daß das Hämmern mit der Ferse gegen eine Wand ein sehr schwaches Signal war für jemanden, der einen Stock tiefer schlief. Wie hatte Mike nur ihr schwaches Klopfen hören können? Wie hatte er wissen können, daß das Hilferufe waren und nicht ganz normale, alltägliche Geräusche? Sie hätte sich doch ebensogut im Schlaf umdrehen und dabei zufällig mit dem Fuß an die Wand kommen können - oder etwa nicht?
Doch irgendwie hatte Mike das Signal gehört und war ihr zu Hilfe gekommen. Als sie an die Tür ihres Apartments mit dem Loch darin dachte, lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken. Mike hatte einfach mit dem Fuß durch die Türfüllung getreten und dann durch das Loch gegriffen, um den Schlüssel umzudrehen, der innen im Schloß steckte. Er war durch eine solide Eichentür mit der Gewalt einer Planierraupe gekommen. Oder mit der Kraft eines Supermannes.
Nun betrachtete sie sein Profil. War er tatsächlich der schönste Mann auf Erden, oder war das nur die Art, wie sie ihn sah?
Sie blickte von seinem Gesicht auf seinen kräftigen Hals hinunter, auf seinen bloßen Arm mit dem Trizeps, der sich deutlich darauf abzeichnete, auf seine schmale Taille, auf seine harte, flache Magengrube und dann zu seinen muskulösen braunen, behaarten Beinen unter der kurzen Hose.
Als ihr Blick zu seinem Gesicht zurückkehrte, sah sie Mike, der sich umgedreht hatte, in die Augen. Samantha wandte sich ab, weil er nicht wissen sollte, daß sie ihn beobachtet hatte.
Er verließ seine Freunde am Schreibtisch und setzte sich zu ihr auf die Couch. Hinter ihm unterhielten sich Ben und Jesse lebhaft über den Spielverlauf, während Anne und Corey hinausgegangen waren und seinen Garten besichtigten.
»Geht es Ihnen gut?« fragte Mike und steckte die Decke um sie herum fest, obwohl es warm im Zimmer war.
Samantha nickte und sah auf ihre Hände hinunter.
Sich zu ihr beugend, schob er den Rollkragen an ihrem Hals nach unten und legte die Hand auf den Ring aus gelbblauen Fingerabdrücken, der dort von ihrer Kehle bis zu ihrem Nacken verlief. Als er die Finger um ihren Nacken legte, streifte sein Daumen über ihre Unterlippe.
Samantha hielt den Atem an, als sie in seine dunklen Augen blickte. Es war so, als wären sie allein im Zimmer, obwohl sie sich der Gegenwart von Mikes Gästen in ihrer Nähe durchaus bewußt blieb. Als Mike sich noch näher zu ihr hinneigte, zuckte sie nicht vor ihm zurück, und als seine Lippen nur noch wenige Zentimeter von ihrem Mund entfernt waren, hielt sie noch immer still. Sein Atem lag warm auf ihrem Mund - warm und angenehm duftend.
Als er dann seinen Mund auf ihre Lippen legte, schloß sie die Augen, öffnete sie jedoch, als er sich wider Erwarten von ihr wegbewegte. Er blickte sie an, sah ihr auf eine Weise in die Augen, die sie nicht verstand.
»Sam«, flüsterte er. Dann küßte er sie ernsthaft, aber auf eine nicht aggressive, eher schmelzende Weise, als wollte er ihr
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