jennissimo (German Edition)
Jolene. „War sie jünger und hübscher?“
„Ich, also …“
„Es war doch nicht wegen eines anderen Mannes, oder?“, wollte Kimberly wissen. „Ich habe gehört, dass so was in Kalifornien oft vorkommt. Das wäre das Schlimmste.“
„Nicht schlimmer als eine andere Frau“, verkündete Caitlin. „Und wenn es ein Mann ist, dann hat man wenigstens sowieso nie eine Chance gehabt.“
„Ist doch egal, warum man verlassen wird, man ist allein.“ Jolene strich sich eine weißblonde Locke hinters Ohr. „Meinst du, es lag daran, dass ihr keine Kinder habt? Kinder schweißen einen zusammen. Zumindest sage ich mir das immer.“
„Mit Kindern wäre es nur noch schlimmer“, sagte Caitlin. „Dann wäre sie für immer an ihren Ex gebunden.“
Kimberly seufzte. „Er hat sie verlassen, und jetzt ist sie allein. Zum Teufel mit ihm!“
Jenna fühlte sich wie ein Tennisball, der hin- und hergespielt wurde. Sie umklammerte ihren Kaffeebecher, hielt die Luft an und machte sich bereit, das Blaue vom Himmel zu lügen.
„Ich habe ihn verlassen“, sagte sie schnell, bevor sie rot werden konnte. „Er hat mich irgendwie behindert. Ich bin zurückgekommen, weil ich das wollte, und jetzt habe ich einen eigenenLaden. Ich kann nicht fassen, wie gut der läuft. Wo ich gerade davon spreche – ich muss jetzt wirklich wieder an die Arbeit. Violet ist fantastisch, aber ich habe die Verantwortung. Ihr wisst ja, wie das ist. Ich bin es, an der alles hängen bleibt. Es war toll, euch drei mal wiederzusehen! Wir bleiben in Kontakt, ja?“
Sie stand auf, winkte kurz und eilte zu ihrem Wagen. Als sie ausgeparkt hatte, fuhr sie ans andere Ende des Parkplatzes und stellte den Motor wieder ab. Dann legte sie die Stirn aufs Lenkrad und sagte sich immer wieder, wenn sie nur weiteratmete, würde alles in Ordnung kommen. Solange sie nur atmete.
Doch sie spürte, wie ihre Brust immer enger wurde und ihre Augen zu tränen begannen. Deine Freundinnen anzulügen, hilft dir auch nicht weiter, dachte sie, selbst wenn die Wahrheit genauso schlimm ist. Aber was hätte sie denn sagen sollen? Dass Aaron sie tatsächlich für eine andere Frau verlassen hatte, ihr das aber fast egal war, weil alles andere noch viel schlimmer gewesen war? Dass sie nach Hause gekommen war, weil sie nicht wusste, so sie sonst hingehen sollte, und dass dieser Laden ein dummer Fehler gewesen war?
Sie musste sich ehrlich eingestehen, dass Caitlin, Jolene und Kimberly nicht ihre Freundinnen waren. Nicht mehr. Sie waren einfach nur Frauen, die sie einmal gekannt hatte, mehr nicht. Sie führten ein vollkommen anderes Leben, während sie … verloren war.
Und das hieß, dass sie etwas an ihrem Leben verändern musste.
Nur was?
Diese Frage quälte Jenna noch den ganzen Nachmittag. Sie ließ Violet früher gehen – schließlich gab es ja keine Kunden – und schloss Punkt achtzehn Uhr die Tür ab. Nachdem sie den Schlüssel umgedreht hatte, durchquerte sie ihren Laden, berührte das kalte Metall der Gourmet-Kaffeemaschinen und die glatte Oberfläche der bunten Rührschüsseln.
Der Duft nach Zimt lag noch in der Luft. Sie hatte Plätzchengebacken, um Kunden anzulocken – ohne großen Erfolg allerdings.
In der Mitte des Raums drehte sie sich einmal langsam um sich selbst. Ihr gefiel alles an diesem Laden – die vollgestellten Regale, die breiten Gänge und der Kochbereich im hinteren Teil. Ihr gefiel der Ausblick aus dem Schaufenster, die Lage direkt neben dem Handarbeitsgeschäft und überhaupt die ganze Gegend Old Town. Sie mochte es hier – aber sie liebte es nicht.
Sie hatte eigentlich keine einfachen Zimtplätzchen backen wollen. Ihre ursprüngliche Idee war gewesen, zusätzlich Ingwer und beispielsweise Rosenwasser unterzumischen. Und dann hatte sie überlegt, zum Markt zu gehen und frisches Frühlingsgemüse für ein Rotwein-Risotto zu kaufen und dazu mit Knoblauch gefülltes Hühnchen zu servieren.
Da hörte sie, wie zwei Frauen sich darüber beschwerten, wie viele Zutaten sie in ihren Speiseschränken hätten, die sie nur wegen eines einzigen Rezepts gekauft und dann nie mehr verwendet hätten. Als sie ein paar davon aufzählten, kamen ihr umgehend jede Menge Ideen in den Sinn, die sie beinahe laut ausgesprochen hätte. Doch dann bekam sie es mit der Angst zu tun.
Einmal hatte sie mit einem Lachsgericht experimentiert. Aaron war in ihrem Restaurant derjenige gewesen, der die Gäste um den Finger gewickelt und mehr Zeit im Restaurant verbracht hatte als in
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