jennissimo (German Edition)
der Küche. Er hatte geglänzt, während Jenna im Hintergrund ihre Wunder wirkte.
An diesem Abend hatte es geregnet – was in Los Angeles nicht oft vorkam. Das Prasseln des Regens auf dem Dach hatte sie an unergründliche Gewässer und an alles, was grün war, denken lassen. Also hatte sie eine grüne Soße gemacht und dann noch dunkle Schokolade hinzugefügt. Der Geschmack war einfach überwältigend gewesen.
Deswegen hatte sie einigen Stammgästen eine kleine Probe davon angeboten, um zu erfahren, was sie davon hielten. Da war Aaron herbeigeschossen, hatte ihnen die Teller weggenommen und, schlimmer noch, sich für Jenna entschuldigt, als wäre sieeine Anfängerin, die den Toast hatte verbrennen lassen. Es war demütigend gewesen.
Dann hatte er die Mitarbeiter die Soße probieren lassen; eine der Kellnerinnen hatte sogar begonnen, zu würgen. Jenna war am Boden zerstört gewesen. Stimmte vielleicht etwas mit ihren Geschmacksknospen nicht? Vielleicht unterschieden sie sich von allen anderen?
Während der Scheidung hatte sie herausgefunden, dass Aaron mit genau dieser Kellnerin eine Affäre gehabt hatte, doch da war der Schaden längst angerichtet: Jenna hatte begonnen, an sich zu zweifeln. Immer öfter hielt sie sich an die Rezepte, mit denen sie sich sicher fühlte. Sie redete sich ein, dass es so besser wäre. Doch in Wahrheit hatte sie begonnen, innerlich langsam zu sterben.
Ihr Handy klingelte. Sie zog es aus der Tasche, sah aufs Display und zuckte zusammen. Aaron? Wieso rief er an?
„Hallo?“
„Jenna. Ich hab nur einen Moment. Da hat eine Frau angerufen, die nach dir sucht. Sie klang irgendwie komisch. Du steckst doch nicht in Schwierigkeiten, oder? Sie war doch hoffentlich keine Geldeintreiberin?“
Danke, mir geht’s gut, dachte sie grimmig. Schön, von dir zu hören. Wie läuft’s denn so?
Doch Aaron hatte sich nie um gute Manieren geschert, solange sie ihm nichts einbrachten.
„Hat sie ihren Namen hinterlassen?“ Natürlich handelte es sich um keine Geldeintreiberin. So unfähig sie als Geschäftsfrau auch sein mochte, bis jetzt hatte sie noch jede Rechnung bezahlt.
„Nein. Als ich sagte, dass du zurück nach Texas gegangen bist, hat sie sich bedankt und aufgelegt.“ Er schrie einem Kellner irgendwas zu.
Der Lärm im Hintergrund deutete darauf hin, dass er in der Küche seines neuen Restaurants war. Wäre sie ein rachsüchtiger Mensch, würde sie sich wünschen, dass am Eröffnungsabend all seine Gäste eine Lebensmittelvergiftung bekamen.
„Du rufst mich an, um mir zu sagen, dass jemand, dessen Namen du nicht weißt, angerufen hat? Mehr nicht?“
„Ich dachte, es würde dich interessieren.“
Mit diesen Worten legte er auf.
Ein paar Sekunden lang starrte sie das Telefon an, bevor sie es wieder in die Tasche steckte. Dann schnappte sie sich ihre Tasche und verließ den Laden durch die Hintertür. Ihr Auto stand nur wenige Schritte entfernt, doch sie beschloss, noch eine Weile durch die Gegend zu spazieren und darüber nachzudenken, wie es weitergehen sollte.
Das Gespräch mit Aaron hatte sie verwirrt, doch sie wollte nicht darüber nachdenken. Wer auch immer sie suchte, konnte sie hier genauso leicht ausfindig machen wie in L. A. Und was ihren Ex betraf, nun, der hatte die emotionale Reife einer Stechmücke. Später einmal, wenn er irgendwas von ihr wollte, würde er behaupten, dass er ihr heute einen Gefallen getan hatte und sie ihm nun etwas schuldete.
Es war noch hell und warm – immer noch um die 25 Grad. Sie kam an einem Restaurant vorbei, auf dessen Terrasse sich eine Menge Leute drängten, und vielleicht bildete sie es sich ja nur ein, aber es schien fast nur Paare zu geben.
Zu sehen, wie sie die Köpfe zusammensteckten und leise lachten, ließ sie wieder an Aaron denken. Nicht, dass sie jemals so miteinander umgegangen wären! Sie und ihr Exmann hatten nicht zu diesen verliebten Pärchen gehört. Das erste Mal hatten sie sich in einer Küche gesehen. Sie hatte in einem schlecht laufenden Restaurant in Phoenix gearbeitet, und man hatte ihn aus L. A. einfliegen lassen, um den Laden zu retten. Damals war er schon sehr erfolgreich gewesen. Der Besitzer hatte versprochen, ihm freie Hand zu lassen, und geschworen, jeden zu feuern, der nicht mit ihm zusammenarbeiten wollte. Deswegen war die komplette Belegschaft nervös, als Aaron eingetroffen war.
Jenna konnte sich noch gut an ihren ersten Eindruck erinnern. Sie hielt ihn für einen charmanten Selbstdarsteller, dem es
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