jennissimo (German Edition)
„Um elf beginnt ein Risotto-Kochkurs, falls Sie Zeit haben.“
„Ich mag Risotto sehr.“ Die Frau neigte den Kopf. „Sie sind Jenna, richtig?“
„Ja.“ Jenna konnte sich nicht an sie erinnern. „Waren Sie schon einmal hier?“
„Nein, aber wir haben von Ihrem Laden gehört. Er ist sehr schön. Warm und einladend. Keine dunklen Geister.“
„Das ist gut zu wissen.“ Jenna trat einen Schritt zurück und warf Violet einen Blick zu, die sich bemühte, nicht loszulachen. „Na schön. Ich bin da, falls Sie irgendwelche Fragen haben.“
Der Mann und die Frau tauschten einen Blick. Die Frau kam näher. „Haben Sie schon vorher einen Laden gehabt?“
„Äh, nein, das ist mein erster. Zuvor war ich Chefköchin.“
„Ja, ich …“ Die Frau räusperte sich. „Hier in der Nähe?“
„In verschiedenen Städten. Überwiegend im Südwesten. Und in Los Angeles.“
„Aber Sie sind erst seit ein paar Monaten wieder in Texas, nicht wahr?“ Jenna starrte sie an. „Woher wissen Sie das?“
„Serenity kocht für ihr Leben gern“, erklärte der Mann. „Sie kann so ziemlich alles.“
Die Frau seufzte. „Das stimmt nicht.“ Dann fuhr sie mit gerümpfter Nase fort: „Kein Fleisch. Wir sind Vegetarier, genauer gesagt, Veganer. Zum einen wegen der Tiere und zum anderen wegen der Umwelt. Wenn wir aufhören würden, Getreide für die Tierzucht anzupflanzen, könnten wir innerhalb einer einzigen Generation den Hunger auf der Welt beenden.“
„Das wusste ich nicht“, murmelte Jenna und überlegte, wie sie sich am besten davonmachen konnte, ohne unhöflich zu wirken. Auch wenn sie sich immer über neue Kunden freute, machten die beiden sie nervös. Woher wusste die Frau, dass sie erst seit ein paar Monaten in Georgetown war?
„Wir sind aus Kalifornien“, berichtete Serenity. Ihre Augen waren dunkelgrün, ihre Wangen blass. „Aus dem Napa Valley. Waren Sie schon einmal dort?“
„Ab und zu übers Wochenende. Es ist sehr schön dort.“
„Ach Tom!“, sagte Serenity leise. „Ich kann nicht fassen, dass das wirklich passiert.“
Passiert? Was meinte sie damit? Nun, was immer sie meinte, konnte nichts Gutes bedeuten.
Jenna sah zu Violet, die bereits nach dem Telefonhörer griff. Ob die beiden vorhatten, sie auszurauben, oder Schlimmeres?
„Sollen wir es ihr jetzt sagen?“, fragte Serenity.
Der Mann – Tom – nickte.
„Jenna, wir sind Tom und Serenity Johnson.“ Sie lächelte und sah auf einmal sehr jung aus. „Tom ist die Abkürzung für Atomic.“
Toll, dachte Jenna fast ein wenig hysterisch. Wir werden von Hippies ausgeraubt. Wie peinlich.
„Ich dachte, du würdest es spüren“, fuhr Serenity fort, ohne Jenna auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen, als ob sie nach etwas suchte. „Die Verbindung. Ich hatte gehofft, dass es so wäre. Ich habe die ganze Zeit auf dich gewartet, aber jetzt …“ Sie seufzte. „Jetzt möchte ich, dass du es erfährst, aber nur, weil die Zeit reif ist. Ich hoffe, du weißt das. Ich konnte nicht mehr länger warten. Ergibt das irgendeinen Sinn?“
„Nicht den geringsten.“
Serenity streckte die Hand aus, als erwarte sie tatsächlich, dass Jenna sie ergreifen würde. „Wir sind …“ Sie schluckte, blickte zu Tom und richtete ihre Aufmerksamkeit dann wieder auf Jenna. „Wir sind deine Eltern.“
7. KAPITEL
V iolet hatte gerade die erste Nummer des Notrufs gewählt. Langsam legte sie den Hörer auf und starrte die drei Menschen an, die in der Mitte des Ladens standen.
Serenity und Tom betrachteten Jenna mit geradezu seligen Gesichtern. Liebe, Hoffnung und Freude glänzten in ihren Augen. Jenna hingegen wirkte, als würde sie sich am liebsten aus dem Staub machen, sobald sie sich wieder rühren konnte.
Jennas Eltern? Sie hatte Violet erzählt, dass sie adoptiert war und kein Interesse daran hatte, ihre echten Eltern ausfindig zu machen. An ihren aufgerissenen Augen und ihrem bleichen Gesicht war unschwer zu erkennen, dass Serenity und Tom sie völlig überrumpelt hatten.
Da sie nicht wusste, was sie sonst tun sollte, ging sie auf Jenna zu und berührte sie sanft am Rücken, damit sie wusste, dass sie nicht allein war.
„Geht es dir gut?“, flüsterte sie.
„Nein“, stieß Jenna hervor.
Serenitys Lächeln veränderte sich nicht. „Das ist natürlich eine Überraschung. Für mich auch. Ich habe immer darauf gewartet, dich kennenzulernen, wusste aber, wie wichtig es war, dass du diesen Schritt machst. Weil du Fragen hast. Ich war
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