Jenny heftig in Noeten
sagte ich. »Und? Wie fandest du es?«
»Reaktionärer Schwachsinn«, sagte Scott.
Und damit waren wir natürlich wieder voll in der nächsten Diskussion. Trina stöhnte »Nicht schon wieder!« und verdrehte die Augen. Sie kennt uns eben.
Wahrscheinlich ist die ewige Streiterei über Bücher nicht unbedingt die beste Methode, um sich bei einem Jungen beliebt zu machen. Ich meine, ihm zu sagen, dass man seine Meinung über ein Buch für kompletten Schrott hält. Aber bei Scott hatte ich ja nichts zu verlieren, weil er eindeutig kein Interesse an mir hatte – warum sonst war er mit Geri Lynn zusammen?
Jedenfalls amüsierten wir uns bestens bei unserem Streit um »Lucifers Hammer«, einem Science-Fiction-Thriller über einen Riesenkometen, der die Erde trifft und riesige Teile davon zerstört, weshalb die Überlebenden entscheiden müssen, wer Zugang zu den wenigen verbliebenen Nahrungsmitteln erhält. Das Buch wirft interessante philosophische Fragen auf, nämlich: Wer ist für die Gründung einer neuen Zivilisation wichtiger – ein Arzt oder ein Künstler? Ein Rechtsanwalt oder ein verurteilter Straftäter? Wen lässt man leben und wen sterben?
Ich versuchte, Scott davon zu überzeugen, dass »Lucifers Hammer« eine Parabel um den Wert des Individuums im Allgemeinen sei, wohingegen er behauptete, es sei nichts als ein politischer Kommentar zur sozioökonomischen Situation Amerikas in den Siebzigerjahren. Trina und Steve, die das Buch beide nicht gelesen hatten, hielten sich raus und stöhnten bloß, während wir mit Urteilen wie banal oder trivial um uns warfen.
Ich streite mich echt unheimlich gern mit Scott über Bücher.
Irgendwann guckte er mich an und fragte: »Wen wäschst du eigentlich – dich oder das Auto? Du bist total nass.« Autowaschen erfordert, wie ich inzwischen weiß, genauso viel Koordinationsfähigkeit wie tanzen. Ich mag als Streitschlichterin unschlagbar sein, aber körperliche Koordination gehört nicht zu meinen Stärken.
Keine Ahnung, was über mich kam. Echt nicht. Es war, als sei ich einen Moment lang vom Geist eines anderen Mädchens besessen, einer Flirtnudel wie Trina oder Geri Lynn. Ich sagte nämlich: »Ach ja?«, und warf mit dem Schwamm nach ihm, der ihn mitten auf die Brust traf. »Willkommen im Klub!«
Bevor ich wusste, was los war, jagte Scott mich rund um den Parkplatz und drohte, mir einen Eimer Seifenlauge über den Kopf zu gießen.Alle hörten auf zu arbeiten und lachten – das heißt,alle außer Geri Lynn. Sie kam ziemlich genervt zu uns rübermarschiert.
»Guck dich mal an«, warf sie Scott vor. »Du bist klatschnass!«
Scott sah an sich herunter. »Das ist bloß Wasser, Ger.«
»Aber so können wir nicht einkaufen gehen!« Sie stampfte mit einem ihrer Espandrillos auf. »Du bist total nass.«
»Das trocknet wieder«, sagte Scott. Inzwischen war sein Auto fertig und er gab mir den Wassereimer zurück. Ich war beinahe enttäuscht, weil er ihn mir nicht, wie angedroht, über den Kopf gekippt hatte. Keine Ahnung, wieso.
»Das dauert Stunden!«, schimpfte Geri Lynn.
»Ach komm, Geri«, sagte ich. »Wir haben doch bloß ein bisschen rumgealbert. Und außerdem ist das den Verkäufern bei Compusave egal.«
»Mir aber nicht.« Geri schien kurz davor, in Tränen auszubrechen. »Mir ist es nicht egal. Aber interessiert das irgendwen?«
Da wurde mir klar, dass es nicht um Scotts nasses T-Shirt ging und dass ich diesen Streit nicht schlichten konnte. Er hatte etwas mit Geris Unsicherheit zu tun, weil sie bald auf die Uni überwechseln und Scott noch ein Jahr an der Highschool bleiben würde, und vielleicht – auch wenn ich das nur vermuten konnte – mit den kleinen Herzen in Geris Taschenkalender.Also drehte ich mich um und ging zu Trina, Steve und den Altsängerinnen zurück, schnappte mir einen neuen Schwamm und machte mich an dem Kombi zu schaffen, den sie gerade wuschen.
»Ärger im Paradies, hm?« Trina warf über die Schulter einen Blick zu Geri und Scott, die am Rand des Parkplatzes standen und sehr ernst – aber für uns leider unhörbar – miteinander redeten.
»Ich fand ja noch nie, dass sie gut zusammenpassen«, brummte die gelangweilte Liz. »Geri ist das volle Weibchen. Und das mit der abgestandenen Cola ist ja wohl krass daneben, oder?«
»Ach komm, hör auf«, sagte ich, weil ich mich schuldig fühlte. Ich wusste, dass sie sich nicht meinetwegen stritten, aber ich hätte trotzdem nicht mit dem Schwamm nach ihm werfen dürfen. Dem Freund eines
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