Jenny heftig in Noeten
Erleichterung öffnete er die große Schiebetür zur Veranda, die auf den See hinausging, und wir standen wieder draußen im warmen Sonnenschein.
Die Aussicht war atemberaubend. Mein Vater hat für die Veranda wirklich einen guten Platz ausgesucht. Vor uns lag, umrahmt vom dichten Grün der Bäume, tiefblau der See. Auf dem kristallklaren Wasser kreuzten ein paar Segelboote. Die Sonne brannte auf uns nieder, als wäre Hochsommer, nicht Frühling, und die Vögel zwitscherten. Es war wunderbar friedlich und erholsam.
Echt blöd, dass es bald von Paparazzi nur so wimmeln würde, wenn sich herumsprach, dass Luke Striker sich hierher zurückgezogen hatte, um sich nach Angelique Tremaines Betrug die Wunden zu lecken.
Luke setzte sich auf das Geländer und öffnete die Bierflasche, die er sich aus dem Kühlschrank geholt hatte. Ich war nicht beleidigt, dass er mir keins angeboten hatte – ich sehe nun mal nicht so aus, als würde ich Bier trinken –, aber ich fragte mich, woher er das Bier hatte. Luke ist noch nicht einundzwanzig und in Indiana wird superstreng kontrolliert.
Dann fiel es mir wieder ein. Er war ja ein Filmstar. Er konnte wahrscheinlich so viel Bier kriegen, wie und wann er wollte.
Luke nahm einen kräftigen Schluck aus der Flasche. »Schön hier, was?«
Ich nippte an meiner Cola. Sie war schön sprudelig, genau wie ich sie mag.
»Ja«, sagte ich.
Anders , hatte er gesagt. Du bist anders . Ich kam immer noch nicht darüber hinweg, dass er mich zu sich nach Hause mitgenommen hatte. Dass er nichts von mir wollte, war offensichtlich. Außerdem hätte er Trina haben können (muss ich leider sagen) oder jedes andere Mädchen auf dem Parkplatz, wenn er gewollt hätte. Wenn es ihm um Sex ging, warum hatte er dann ausgerechnet mich nach Hause mitgenommen? Oder ging es um etwas ganz anderes?
»Ich war ja nie auf einer Highschool«, sagte Luke plötzlich – anscheinend sprach er mit dem See, denn mich guckte er dabei nicht an. »Ich hatte immer Privatunterricht wie alle Kinder, die bei Der Himmel steh uns bei mitspielten. Ich kenne Schulen nur aus dem Fernsehen und aus Filmen. Und bis jetzt hab ich immer gedacht, diese ganzen Highschoolfilme wären… na ja, erfunden oder krass übertrieben. Ich hatte ja keine Ahnung – aber wirklich keine Ahnung… wie es an Highschools wirklich abgeht.«
Luke trank von seinem Bier, ließ die Flasche sinken und sah mich an.
»Es ist wirklich nicht so wie in den Filmen«, sagte er. »In Wirklichkeit ist es noch zehn Millionen Mal schlimmer.«
Ich sah ihn nur an. Was hätte ich sagen sollen? »Ach, auch schon gemerkt?« Das wäre ziemlich unhöflich gewesen.
»Die Leute an deiner Schule«, Luke rutschte vom Geländer und begann, auf der Veranda hin und her zu tigern, »…das sind die fiesesten, gemeinsten, rücksichtslosesten Menschen, die ich je erlebt hab. Die haben überhaupt keine… weißt du, was Empathie ist?«
»Öh.« Ich dachte kurz nach. »So was wie die Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen?«
»Genau. Bei Der Himmel steh uns bei gab es jemanden, der uns beim Dreh beraten hat. Ein echter Pfarrer. Von ihm hab ich das Wort. Empathie war sein Lieblingsthema, darüber hat er ständig geredet. Und das ist das Erste, was mir an der Clayton Highschool aufgefallen ist – anscheinend gibt es bei euch nicht viele Schüler, die Empathie empfinden… Die Schwachen werden gnadenlos fertig gemacht, und die Leute, die am fiesesten mobben, sind bei euch die Helden.«
Das konnte ich so nicht stehen lassen.
»Das stimmt nicht«, sagte ich, weil ich Kurt Schraeder noch nie für einen Helden gehalten hab. »Nicht alle…«
»Nicht alle, das stimmt«, pflichtete mir Luke bei. »Nein, es gibt eine Menge Leute, die sich einfach nur zurücklehnen und zuschauen, wie Mitschüler gequält werden. Die finde ich fast noch schlimmer als die Mobbing-Fraktion… und ich glaub, der Pfarrer von ›DHSUB‹ würde mir da zustimmen. Weil diese Leute nämlich etwas tun könnten, um es zu verhindern, aber sie haben zu viel Angst davor, womöglich die nächsten Opfer zu sein.«
Ich schüttelte den Kopf. Ich halte die Clayton Highschool wirklich nicht für eine paradiesische Utopiegesellschaft, aber ganz so schlimm sind wir nun auch nicht.
»Das stimmt echt überhaupt nicht«, widersprach ich. »Du hast doch selbst gesehen, wie ich Cara hinterhergelaufen bin, um sie…«
»Ja, klar.« Luke nickte. »Du bist ihr hinterher gelaufen. Hinterher. Du hast ihre Tränen
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