Jenseits aller Tabus
es absichtlich nicht erzählt.«
»Wovon redest du?« Sein Blick wurde intensiver.
»Das war falsch«, suchte sie nach den passenden Worten, während sie die Creme verteilte, »aber manchmal trifft man falsche Entscheidungen, weil man in dem einen Moment denkt, sie seien die richtigen.«
»Ich verstehe kein Wort.«
»Versprich mir, dass du nicht sauer auf mich sein wirst«, bat sie und zog die Marmelade näher zu sich heran.
Bevor sie fortfahren konnte, sich ihrem Brötchen zu widmen, hielt Craig ihren Unterarm fest. »Dazu muss ich erst einmal wissen, worum es geht.«
»Bitte, Craig. Ich möchte keinen Streit.« Sie befreite sich aus seinem Griff und legte das Messer auf ihren Teller. »Es ist alles in Ordnung, wie du siehst.«
»Kirby!«
Sie zog den Kopf zwischen die Schultern. Tief atmete sie durch und berichtete Craig, dass sie vor einiger Zeit in der Nähe des Santa Barbara Boulevards beinahe überfahren worden war.
»Hast du dich im Krankenhaus untersuchen lassen?« Er betrachtete sie, als könnte er durch ihre Kleidung hindurch nach Verletzungen suchen. »Die Schürfwunden, jetzt erinnere mich wieder. Daher stammten sie also?«
Da er skeptisch klang, sagte sie: »Cory war zufällig dort. Frag ihn, wenn du mir nicht glaubst.«
Er nahm ihr Gesicht in beide Hände. »Hast du dich medizinisch durchchecken lassen? Sind irgendwelche Spätfolgen aufgetreten?«
»Mir geht es gut, wirklich.« Sanft streifte sie seine Hände ab. »Ich habe den Vorfall nicht erwähnt, um dich nicht zu beunruhigen. Es ist nichts passiert.«
Mit dem Zeigefinger tippte er auf das Foto. »Der Polizist untersucht den Fall?«
»Er hatte noch Fragen«, flunkerte sie, »meinte aber gleichzeitig, dass das Cape Coral Police Department viel zu tun hat und es keine Ermittlung geben wird, sondern die Angaben lediglich in die Datenbank eingespeist werden, um zu prüfen, ob es ähnliche Vorfälle in der Gegend gab.«
Craigs Kiefer mahlten, während er sie auf diese wölfische Art ansah, die sie nervös machte. »Obwohl nicht ermittelt wird, hat sich der Cop trotzdem noch einmal mit dir getroffen?«
»Es waren noch einige Details unklar.« Sie spürte, wie Hitze in ihre Wangen stieg.
»Hätte er das nicht übers Telefon klären können?«, fragte Craig und fügte mit einem sarkastischen Unterton hinzu: »Wo doch das PD so viel zu tun hat.«
Er glaubte ihr nicht. Na prima.
»Wieso hat er dich nicht aufs Revier zitiert?«, setzte Craig hinzu.
»Er wollte sich den Unfallort anschauen, weil ein anderer Kollege das Geschehen notiert hatte.« Innerlich verfluchte sie McCarthy.
»Und warum hast du ihn geküsst?«
Lucille war wie vor den Kopf gestoßen. Die Fotografie musste aufgenommen worden sein, als sie sich zum Agenten hinübergeneigt hatte, um ihm leise, aber energisch mitzuteilen, dass sie Jack Caruso seit ihrer Verhaftung nicht mehr begegnet war, denn McCarthy hatte das Gespräch immer wieder auf ihn gelenkt. Anders als bei Craig war es ihr leichtgefallen, McCarthy zu belügen, weil sie befürchtete, er könnte sie erst gar nicht mehr zu Craig zurückkehren lassen, sondern sie sofort mit nach D. C. nehmen, sollte er erfahren, dass Caruso Craig zweimal aufgesucht hatte.
»Es wirkt auf der Aufnahme doch nur so. Das muss an der Perspektive liegen. Himmelherrgott, Craig, der Kerl sieht aus wie ein Frettchen und …«
»Hat das Charisma eines Backsteins«, vollendete er ihren Satz.
Zuckten seine Mundwinkel erneut? Sie nahm seine Hände und küsste jeden Finger einzeln. »Bestimmt hat derjenige, der mir den Diebstahl eures Familienschmucks in die Schuhe schieben wollte, das Foto geschossen, um endgültig einen Keil zwischen uns zu treiben.« Das mochte jemand vom Personal gewesen sein oder aber Caruso. Lucille konnte nicht einmal McCarthy ausschließen, der sie vielleicht aus rechtlichen Gründen nicht zurück in Schutzhaft nehmen durfte und nun inoffizielle Wege beschritt. Der Agent schien mit allen Wassern gewaschen.
»Aber das wird er nicht schaffen.« Craig neigte sich vor.
Zärtlich küsste sie ihn. »Nein, das wird er nicht«, wisperte sie, nachdem sie sich von ihm gelöst hatte. Doch was sie in seinen Augen las, erschreckte sie. Noch schlimmer, es machte sie traurig, denn sie sah Zweifel.
Craig stellte die Teetasse auf seinen Teller und goss sich ein. Augenscheinlich hatte er keinen Hunger. Wenn Craig Bellamy auf seine heißgeliebten Scones verzichtete, war ihm etwas auf den Magen geschlagen. Höchstwahrscheinlich glaubte er
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