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Jenseits aller Vernunft

Jenseits aller Vernunft

Titel: Jenseits aller Vernunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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wieder ab. »Er ist na ss , oder?«
    Ross lachte leise, als er das Baby hochhob und den großen feuchten Fleck auf seinem Hosenbein betrachtete. »Ja.«
    »Mit dem Wickeln kenne ich mich noch nicht aus. Aber Ma kann es mir bestimmt zeigen. Habt Ihr Windeln?«
    Ross machte ein ratloses Gesicht. »Ich weiß nicht. Ich werde mal nachsehen. Vielleicht hat Victoria...« Er verstummte nach ihrem Namen. »Kann sein, dass sie welche eingepackt hat.«
    Lydia trank langsam ihren Kaffee. »Es tut mir leid, dass Eure Frau gestorben ist.«
    Mit hartem, finsterem Blick sah er sie an, dann wieder seinen Sohn. Mit einer Fingerspitze strich er über die Brauen des Babys, sie wirkte dunkel auf der fleckigen, geröteten Haut des Kleinen.
    »Ihr habt Euch überlegt, warum nicht ich gestorben bin und Eure Frau überlebt hat, stimmt’s?«
    Er hob mit einer heftigen Bewegung den dunklen Kopf. Dabei zuckte das Baby zusammen, entspannte sich dann aber wieder auf dem Schloss seines Vaters. Ross schämte sich, dass sie seine Gedanken erraten hatte, wollte sich aber deswegen nicht entschuldigen. Anstatt diesen Punkt abzustreiten, der so offensichtlich war, fragte er zurück: »Warum wart Ihr denn so ganz allein da draußen im Wald bei der Geburt Eures Kindes?«
    »Ich wusste nicht, wo ich hin sollte. Das war einfach die Stelle, an der ich umgefallen bin.«
    Ihre Antwort verstimmte ihn. Die Ungerechtigkeit dessen, dass Victoria kalt in ihrem Grab lag, während diese Frau, die ihr nicht das Wasser reichen konnte, Victorias Baby stillte, brannte in seinem Inneren. »Vor wem lauft Ihr davon? Vor den Behörden?«
    »Nein!« rief sie entsetzt.
    »Vor Eurem Ehemann?«
    Sie wandte den Blick ab. »Es gab nie einen Ehemann.«
    »Aha«, knurrte er herablassend.
    In ihren Augen lag ein feuriges Blitzen, als sie ihn wieder ansah. Wie konnte er es wagen, dazusitzen und sie zu verurteilen? Er hatte ja keine Ahnung, was hinter ihr lag. Sie hatte sich schon einmal von einem Mann erniedrigen lassen, das würde ihr nicht wieder passieren. »Was Ihr gestern abend über mein Baby gesagt habt, Mr. Coleman, dass es wohl besser war, dass mein Baby gestorben ist - da hattet Ihr recht. Das war besser so. Und das wäre es für mich auch gewesen. Ich wollte sterben. Aber ich lebe noch.«
    Sie hob trotzig das Kinn, und ihr Haar fiel in Wellen um ihren Kopf. »Auf jeden Fall bin ich jetzt hier und Eure Frau nicht. Gott muss es so gewollt haben. Ich habe mir das genausowenig ausgesucht wie Ihr. Der kleine Lee braucht jemanden, der sich um ihn kümmert, und ich werde seine Mutter ersetzen, so gut ich kann.«
    »Ihr werdet Amme für ihn sein, sonst nichts. Er hatte eine Mutter.«
    »Aber die ist tot!«
    Mit verzerrter Miene scho ss er von seinem Schemel hoch. Wie sie aus ihren Erfahrungen mit Clancey gelernt hatte, drückte sich Lydia an den Rand des Wagens und hob schützend die Arme über den Kopf. »Nein, bitte nicht!«
    »Was zum Teufel...«
    »Herrgott noch mal, was ist hier eigentlich los?« wollte Ma wissen, die sich gerade keuchend in den Wagen stemmte. »Ihr zwei unterhaltet den ganzen Wagenzug mit Eurem Geschrei. Leona Watkins ist empört, weil Ihr angeblich die Nacht zusammen verbracht habt...«
    »Ich habe draußen geschlafen«, quetschte Ross zwischen zusammengebissenen Zähnen heraus. Die junge Frau hatte geglaubt, er wolle sie schlagen!
    »Das weiß ich«, sagte Ma scharf. »Und alle anderen inzwischen auch, dafür hab’ ich gesorgt. Und jetzt gebt den Kleinen her. Ein Wunder, dass Ihr ihm nicht den Hals gebrochen habt, so wie Ihr ihn haltet.« Sie nahm ihm Lee ab. »Und warum hockt Lydia da in der Ecke, als hätt’ sie Prügel gekriegt?« wollte sie von dem Mann wissen. Sein Mund wurde nur noch schmaler. »Lydia, was ist los?« fragte Ma.
    Lydia, die sich schämte, weil sie wie ein Feigling wirken muss te, antwortete ruhig: »Nichts.«
    Ma sah sie forschend an und wandte sich dann wieder Ross zu, den sie schweigend mit vorwurfsvoller Miene von oben bis unten musterte. »Raus mit Euch. Anabeth und ich kümmern uns um Lydia. Bubba sagt, er würd’ heute Euren Wagen fahren, weil Ihr zum Jagen geht, und das ist, offengestanden, ’ne gute Idee. Vielleicht werden Euch ein paar Sachen klarer, wenn Ihr mal für ’ne Weile ’rauskommt. Also, Abmarsch.«
    Wenige Leute wagten es, sich Mas Anordnungen zu widersetzen. Ross warf noch einen anklagenden Blick auf die junge Frau, die nicht mehr furchtsam wirkte, sondern ihn nur aufmerksam beobachtete. Dann stampfte er

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