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Jenseits der Alpen - Kriminalroman

Jenseits der Alpen - Kriminalroman

Titel: Jenseits der Alpen - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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nur zwei verlassene Fahrzeuge waren zu sehen. Zu seiner Überraschung entdeckte Ottakring auch Agnes in einer Ecke des Parkplatzes. Sie überragte den BMW Touring der Autobahnstreife neben ihr so gut wie gar nicht. Er wunderte sich, wie sie es so schnell vom Präsidium hierher schaffen konnte. Der Krankenwagen war soeben eingetroffen, berichtete Waller, kurz nachdem das Tatortfahrzeug der Spurensicherung dazugestoßen war.
    »Dort hinten?«, fragte Ottakring mit erhobenen Augenbrauen. Die Fäuste steckten tief in den Seitentaschen seines orangefarbenen Anoraks.
    Waller nickte nur, entfaltete die Hände und folgte Ottakring, der langsam auf den mit Gebüsch bewachsenen Hügel zuschritt, wo die Kriminaltechniker bereits ihrem Job nachgingen. Er war sorgfältig darauf bedacht, nicht im Weg zu stehen, hielt sich an den Trampelpfad, der gelegt worden war, und setzte den Fuß nicht in den Schnee, ohne dass er in die Fußspur eines anderen passte. Kunstvoll wie Bildhauer hatten sie den Leichnam aus dem Schnee gegraben. Der Kriminalrat fühlte Spannung aufkommen, als er das Opfer näher betrachtete.
    Es war eine Frau, das war gerade noch zu erkennen, insbesondere an der Kleidung. Das Gesicht war zerstört, der Hals eine einzige blutige Masse. Wenn Menschen tot sind, sind sie keine Menschen mehr und selten attraktiv. Tote Menschen glichen sich ebenso wenig wie lebende. Doch wenn sie so tot waren, war es einfach nur schrecklich. Dutzende solcher Leichen hatte er im Lauf der Zeit schon ansehen müssen, und immer wieder graute ihm davor. Da gab es keine Routine, keinen natürlichen Schutzanzug, der einen davor bewahrte, in eine Ecke gehen zu müssen, um sich zu übergeben. Als er sich über die Leiche beugte, fuhr ihm ein stechender Schmerz ins Kreuz.
    »Wo ist die Frau, die die Leiche gefunden hat?«, fragte er Waller, als er sich vorsichtig wieder aufgerichtet hatte.
    Der nickte mit dem Kinn zu einem Mannschaftsfahrzeug hinüber. »Sie heißt Sibylle Sauerwein. Wir hören sie gerade an. Sie hat die Tote nicht selbst gefunden. Die Kinder ihrer Freundin haben eine Hand aus dem Schnee ragen sehen und Frau Sauerwein dazugeholt. Wollen Sie die Zeugin sehen?«
    Kriminalrat Joe Ottakring verfolgte die Arbeit, während der Verkehr draußen vorbeibrauste und die Sonne ihren Zenit durchschritt. Die Temperatur lag noch immer um den Gefrierpunkt. Männer und Frauen in weißen Overalls auf Spurensuche. Er sah zu, wie sich Ordnung und Disziplin, Genauigkeit und Routine am Rand der Autobahn bewegten. Ab und zu wurde jemand lauter, vor allem Bruni, der darüber zu wachen hatte, dass seine Leute darauf achteten, wohin sie ihre Füße setzten. Ein Hund bellte anhaltend in der Ferne. Ein Spaziergänger, kombinierte Ottakring unwillkürlich. Hier draußen war keinerlei Wohngebiet.
    Drei Stunden nach ihrem Auffinden wurde die Leiche abtransportiert und in die Rechtsmedizin gebracht. Währenddessen ruhte alle übrige Arbeit.
    »Sie ist zwischen vierundzwanzig und sechsunddreißig Stunden tot«, sagte Waller im Flüsterton.
    Sie hatten sich in den Mannschaftswagen zurückgezogen, und Ottakring studierte das Anhörungsprotokoll von Sibylle Sauerwein und den Mädchen.
    »Wir haben bisher keinerlei Hinweise darauf gefunden, um wen es sich bei der Toten handelt«, fügte Agnes hinzu. »Kein Ausweis, keine Kreditkarte, kein Schmuck – nichts. Als wäre sie ausgeraubt worden.«
    Trotz der Wärme im Fahrzeug hatte Waller seinen Parka und Agnes ihren Mantel anbehalten.
    »Und Fundort ist nicht gleich Tatort«, sagte Waller unter dicken Sorgenfalten.
    »Das macht die Sache schwieriger«, bemerkte Ottakring nicht sehr originell.
    Die Techniker draußen setzten ihre Beschäftigung fort. Bruni und seine Leute krochen umher, jemand sägte Äste ab und durchsuchte das Unterholz, sie durchwühlten die Abfallkörbe, andere stellten bereits Scheinwerfer auf oder reparierten ins Stottern geratene Generatoren. Offensichtlich wurde damit gerechnet, dass die Spurensuche in der Eiseskälte länger dauern würde. Einige gingen, andere kamen, Telefone piepten, und mitten in dem Geschehen stand Joe Ottakring vollkommen regungslos, als sei er an einen Baum gefesselt.
    Nach außen wirkte der Kriminalrat unentschlossen, wie ein irritierter Seiltänzer, doch er war vollkommen konzentriert – bis ihm Lola in den Sinn kam, die er Hals über Kopf verlassen, ja einfach im Café sitzen gelassen hatte. Er hatte das Bedürfnis, sie anzurufen, kämpfte gegen das Gefühl an, und

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