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Jenseits der Augenlider: Garandors Licht (German Edition)

Jenseits der Augenlider: Garandors Licht (German Edition)

Titel: Jenseits der Augenlider: Garandors Licht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Dorpema
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erschlagen. Vermutlich waren die dünnen Äste allerdings nicht massiv genug, um den Hasen ernsthaft zu verletzen und die breiteren waren entweder zu kurz, oder zu schwer, als dass er sie hätte schwingen können.
    Lannus drückte sich vom Boden hoch und durchsuchte seine halbvollen Satteltaschen nach etwas Geeignetem, doch stellte schon bald enttäuscht fest, dass er beinahe nichts besaß. Verzweifelt lehnte sich der Heimatlose wieder an den Baum und beobachtete seine Beute, angestrengt nach einer Möglichkeit forschend. Gedankenlos klopfte er schließlich seinen gesamten Körper, mitsamt der Sandalen ab und fand zu seinem Erstaunen einen winzigen Wurfdolch in einem der ledernen Riemen seiner offenen Schuhe, mit welchem er bei den Übungen des Zirkels nach gläsernen Scheiben geworfen hatte. Nur wenn er den Dolch kräftig genug schleuderte, waren Risse im Glas entstanden. Das Ziel bestand darin, einen der fingerlangen Dolche mit solcher Wucht dagegen zu schleudern, dass er stecken blieb. Lannus hatte dies jedoch nicht ein einziges Mal vollbracht.
    Er hatte die schmale Waffe vollkommen aus seinem Gedächtnis verdrängt und war nun ekstatisch über seinen Fund. Er machte sich umgehend an die Arbeit.
    Der Hase hoppelte nicht in Lannus‘ Nähe und es war beinahe unmöglich, ihn mit seinem Können zu treffen, geschweige denn zu verletzen; in diesem Fall schien Glück seine einzige Hoffnung zu sein.
    Lannus spannte die Muskeln an seinem Arm an, schleuderte die schmale Klinge und traf nicht. Die Distanz und Präzision überraschten ihn jedoch und so übte er einige Male gegen die Rinde des harmlosen Baumes. Nach etwa fünfzehn Versuchen fühlte Lannus sich sicher. Als hätten die scheuen Tiere mitbekommen, welch finsteren Plan der Mensch ausbrütete, war nun allerdings kein einziger Hase mehr zu sehen.
    Die können nicht lange auf sich warten lassen
,
dachte er bei sich und verharrte – bis auf seine Augen, welche rastlos nach jeder noch so winzigen Bewegung suchten – regungslos im Schatten des Apfelbaumes.
    Wie erwartet, tapsten die ersten Tiere nach wenigen Augenblicken bereits wieder über die Felder und diesmal traf Lannus einen Hasen, welcher zu gutgläubig in seine Nähe gehoppelt war. Lannus lief aufgeregt – und vollkommen überrascht – zu seiner Beute. Der junge Flüchtling empfand diesen Fang als wichtigen Sieg, schließlich hatte er noch nie ein Tier erlegen müssen; stahl sich meistens durch seinen Hunger.
    Der grau-weiße Hase stellte eine äußerst schmackhafte Mahlzeit dar, wie Lannus zufrieden feststellte, nachdem er ihn, mit einer Technik des Zirkels, über einem Feuer gebraten hatte. Man rieb zwei Stöcke so lange gegeneinander, bis das trockene Bett aus Laub Funken fing. Anschließend blies man vorsichtig, um mit Hilfe des Windes die Flammen zu schüren. Ein Feuer zu entfachen brachte ihn in diesen Gegenden, ein gutes Stück von der Grenze in den feindlichen Westen entfernt, noch nicht in Gefahr, doch Lannus war sich auch bewusst, dass er diesen Luxus nicht ewig genießen konnte. Nach der köstlichen Mahlzeit genoss er ein knappes Halbschläfchen, welches eher dem Planen seiner nächsten Ziele diente, als der Ruhe.
    Doch das Planen entpuppte sich als nahezu unmögliches Unterfangen, denn Lannus kannte niemanden außerhalb Mentéls. Er wollte bereits aufgeben, als es ihn wie ein Blitzschlag traf. Er konnte vorerst bei seinem Freund Hark – ein erfahrener, alter Plünderer, der nach einigen riskanten Überfällen aus der Stadt hatte fliehen müssen – Schutz suchen. Dieser würde ihn mit Sicherheit für eine Weile bei sich aufnehmen und so nahe der Grenze – so weit im Norden, dass nicht einmal die Armeen der Orks ein Interesse in den Ort zeigten – würde er dort hervorragend Unterschlupf finden.
    Nach dieser flüchtigen, schicksalhaften Pause, sattelte Lannus sein Pferd mit neuem Mut und neuer Energie und galoppierte vor enormen aufgewirbelten Staubwolken in den hohen Norden.
    Ohne Trauer grübelte der Heimatlose darüber, ob er jemals wieder ein normales Leben führen könnte und dachte an den merkwürdigen Tag zurück, an welchem er durch Zufall an einen geheimen Zirkel geraten war; versuchte die Wege des Schicksals zu ergründen. Seit diesem folgenschweren Tag war kaum ein halber Mond vergangen, doch befand er sich bereits auf der Flucht. Erneut seufzend, legte Lannus tausende von Schritten zurück. Er hatte sich mit den Bergen zu seiner linken Seite angefreundet und der einfache Gedanke,

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