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Jenseits der Augenlider: Garandors Licht (German Edition)

Jenseits der Augenlider: Garandors Licht (German Edition)

Titel: Jenseits der Augenlider: Garandors Licht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Dorpema
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dass sie über ihn wachten, machte ihm Mut.
    Auf einmal veränderte sich jedoch etwas. Die Umgebung, die Atmosphäre. Blumen starben; der Himmel verdunkelte sich. Stimmen schienen aus den Wolken zu ihm hinab zu sinken. Sie flüsterten in einer fremden Zunge. Die Berge brannten in der Ferne; alle Vögel verstummten. Und eine fremde Kraft wickelte Lannus in Angst ein, die sich wie eine Würgeschlange um seinen Körper schlang und stets fester zupresste.
    Gelähmt saß er inmitten des grauen Weges auf seinem versteinerten Pferd. In den finsteren Wolken tat sich ein gewaltiges, schwarzes Loch auf, aus welchem etwas Unerkennbares auf die Insel stürzte. Lannus hatte nicht die geringste Idee, um was es sich handelte. Er konnte auch nicht verstehen, was die Stimmen säuselten. Er war sich auch nicht sicher, ob er verstehen wollte, was diese fremde Zunge in sein Ohr fließen ließ. Einige Augenblicke später klarte der Himmel auf und auch die Vögel kehrten aus ihrer Starre zurück. Sein Pferd wieherte aufgebracht, doch schien unversehrt.
    Lannus beruhigte sich ein wenig, saß für mehrere Momente mit pochendem Herzen regungslos auf seinem Hengst, bevor er Teranon die Sporen in die kräftigen Flanken stieß, um sich erneut in Bewegung zu setzen. Das spektakuläre Ereignis hatte bereits seine Krallen in Lannus‘ Gedächtnis vergraben und wollte ihn nicht mehr freigeben.
    Den Blick starr gen Nord-Nordwest gerichtet, versuchte er zu vergessen und schürte damit lediglich seine eigene Angst.
     

     

     

     

     

XXII
     

     

     

     

    Torabur, König der Zwerge, streifte gedankenverloren durch die gewaltige Bibliothek seiner Festung. Wie gewöhnlich hatte er die Reihen der Bücher beinahe für sich, denn die meisten Zwerge hielten nicht viel von Belesenheit, von Weisheit. Seine breiten Pranken hielt er auf dem Rücken zusammen und sein Haupt neigte sich unter dem Gewicht der Verantwortung. Ein Gedanke kreiste seit der Offenbarung der Weisen ohne Unterlass durch sein Bewusstsein. Torabur konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was die Auserwählten vollbringen sollten, sobald sie vereint worden waren.
    Die Weisen waren der Meinung, das würde sich ihnen wie von Geisteshand erschließen, sobald die Zeit anbrach, doch die Ungewissheit zermarterte den grauen König, ließ ihn stets schneller altern. Das andere Gefühl, welches ihn nicht freigeben wollte, war die Sorge um Garandor. Dieser Zwerg unterschied sich drastisch von seinen Brüdern; hatte nichts der kriegerischen Natur geerbt. Zudem besaß er keine Erfahrung und hatte den Schatten seiner Heimat vorher noch nie hinter sich gelassen.
    Die endlosen Reihen der enormen Regale aus dunklem, knarrendem Holz verströmten einen besonderen, mysteriösen Geruch, den Duft der Vergangenheit, in welchem sich der König besonders wohlfühlte. Allerdings bot sie ängstlichen Gestalten auch äußerst viele Möglichkeiten für furchteinflößende Fantasien, denn es knarrte und klapperte unaufhörlich, enigmatisch.
    Der König blickte flüchtig in die Höhe und stellte mit einem zufriedenen Brummen fest, dass er das Regal für die Bücher mit dem Anfangsbuchstaben „A“ entdeckt hatte. Er suchte nach einem unauffälligen, schmalen Band, welcher sich seit tausenden von Zyklen nicht mehr aus der Bibliothek entfernt hatte.
    „ Die Auserwählten“, dort stand er. Nurgrid hatte Toraburs Aufmerksamkeit auf die Schrift gelenkt, nachdem er sich daran erinnert hatte, es einmal durch Zufall entdeckt zu haben. Einige der Seiten fehlten oder fielen durch ihr Alter auseinander und dreckige braune Flecken bedeckten einige der Wörter. Zudem konnte Torabur nicht alle Schriftzeichen entziffern, da diese Form von Zwergisch vor hunderten von Wintern ausgestorben war und nur wenige ihrer noch mächtig waren. Sein belesener Freund Nurgrid würde dieses Problem jedoch von der Insel kehren.
    Mit dem Band in der Hand marschierte Torabur wieder zum Ausgang, als er plötzlich ein leises Zischen vernahm und versteinerte. Er hörte Stimmen. Obgleich sich Zwerge nicht gerade einen Namen als Meister der Schleichkunst gemacht hatten, versuchte der König sich so unauffällig wie möglich in Richtung der Stimmen zu bewegen. Vier Reihen vor ihm lehnte er sich an den Rücken eines Regals, um den Kopf zur Seite zu neigen. Aus dem Augenwinkel erspähte er, wie sich zwei Zwerge aufgebracht stritten.
    Es handelte sich um die beiden höchsten Befehlshaber seiner Armee. Grimmdor, der Paradur in sowohl Größe

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