Jenseits der Augenlider: Garandors Licht (German Edition)
furchtbar. Ich konnte meinen Körper nicht steuern, doch war bei Bewusstsein. Du glaubst mir doch, dass es ein Zauber war?“ Paradurs Stimme passte sich seinen ängstlichen Augen an und vibrierte unsicher.
„ Ich weiß, dass du nicht du selbst warst, Paradur. Deine Augen veränderten ihre Farbe. Du wurdest verzaubert oder vergiftet und wir müssen den Täter finden. Ich muss dir nicht erläutern, wie prekär unsere Lage ist. Latenors Bewegungen gefallen mir nicht und dieses Objekt, diese Geburt eines Schattens, verheißt nichts Gutes. Die Weisen sind davon überzeugt, dass diese Art der Geburt in den tausenden Wintern ihres Wissens niemals in dieser Form stattfand.“ Den letzten Satz sagte Torabur mehr zu sich selber, als zu den anderen Zwergen im Raum.
Paradur nickte gedankenverloren und deutete dann mit einer dezenten Kopfbewegung an, dass er wünschte, den König in Ruhe zu sprechen. Dieser verstand und befahl den Wachen, das Zimmer zu verlassen.
„ Ich habe einen Verdacht, Torabur.“ brachte der Taktiker das Gespräch umgehend auf den Punkt.
Überrascht blickte Torabur ihn an.
„ Nenne mir den Namen.“
„ Grimmdor.“ antwortete Paradur nach einem kurzen Zögern.
„ Einen anderen. Ich glaube dir nicht.“ meinte der König ruhig, um seinem Offizier zu signalisieren, dass er dies nicht einmal in Betracht zog.
„ Ich schwöre es. Er möchte mich loswerden, damit er dich besser beeinflussen kann und du, wenn das Ende – dein Ende – naht, deinen Thron an ihn weiterreichst.“ Paradur legte überaus viel Überzeugung in seine Worte.
Torabur jedoch konnte diese Anschuldigungen nicht länger dulden.
„ Ich weiß nicht, was hier vor sich geht, doch was es auch sein mag, in diesen Zeiten ist es wichtiger denn je, dass wir uns gegenseitig vertrauen können. Ich vertraue Grimmdor mein Leben ebenso an, wie ich es in deine Hände legen würde. Kein Zwerg wäre zu einer solch abscheulichen Tat fähig. Wir – „ Toraburs Arm zeichnete ein unsichtbares Band zwischen sie, „sind das ehrenhafteste Volk Santúrs, und Grimmdor ist der Inbegriff dieses Stolzes. Wenn du Gründe für deine Worte hast, möchte ich sie dennoch nicht hören. Grimmdor ist ebenso unschuldig, wie du es bist.“ Der König legte viel Gewicht in seine Worte. Er stand auf und verließ den Raum, während er sich erneut fragte, wie lange er diese immense Last noch für sein Volk tragen konnte. Für ihn war es ebenso unvorstellbar, dass Grimmdor ein Verräter war, wie es nicht in Frage kam, dass Paradur ihm Lügen erzählte. Grimmdor war überhaupt nicht dazu in der Lage, Zaubersprüche wirken zu lassen.
Vollkommen ausgelaugt entschied er sich dafür, in seine Kammer zurückzukehren und die Überbleibsel der zerrissenen Nacht dem Schlaf zu schenken.
Doch Alpträume stahlen das Geschenk aus seinen Händen; Träume von Verrat und Mord. Träume von finsteren Heerscharen die gen Osten zogen und die hilflosen Dorfbewohner mitsamt ihrer Heimat niederbrannten.
Frustriert erhob der König sich aus der Umarmung seines Bettes und setzte sich an seine mächtige Tafel, bevor er seine Kammer verließ, um sich in den Kriegssaal zu begeben, den Griff des überwältigenden, königlichen Hammers – ein Prachtstück, das die Generationen überdauerte – fest umklammernd. Das Zeitgefühl war vor unzähligen, staubigen Wintern aus dem Herrscher geklettert und hatte sich in den Ozean um Santúr gestürzt.
Plötzlich wurde das schwere Tor zu seinem Saal aufgestoßen. Der Zwerg blieb kurz im Torbogen stehen, sah unbedeutend aus, dort zwischen den gigantischen Pfeilern und unter dem marmornen Bogen. Seelenruhig schritt Grimmdor die Länge der Halle entlang.
Der König hatte noch niemandem erzählt, was Paradur behauptet hatte, denn das Gerücht hätte binnen weniger Augenblicke die gesamte Festung geflutet und für einen ungeheuren Skandal gesorgt. Toraburs Gefühle waren hin- und her gerissen. Einerseits wollte er Paradur glauben, weil er nicht wahrhaben wollte, dass dieser lügt. Und andererseits kannte er Grimmdor lange genug, um zu wissen, dass dieser eine solche Tat nicht begehen könnte.
Erneut bewunderte der König die majestätische Statur Grimmdors. Er war wahrlich ein Zwerg aus den Legenden. Überaus kräftig, ein voller, geflochtener Bart der bis zu seiner eisernen Gürtelschnalle reichte und grimmige, unbeugsame Augen, die voller Stolz und Kampfeslust funkelten.
„ Torabur. Ich grüße dich.“ der Offizier versprühte eine
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