Jenseits der Augenlider: Garandors Licht (German Edition)
Schneemassen gespannt auf sie warteten. Waldoran befand sich an erster Stelle, gefolgt von Lannus, welcher, seit seinem Schwall aus Fragen zu Beginn ihrer gemeinsamen Reise, kaum seinen Mund geöffnet hatte. Garandor kroch als drittes Mitglied der Prozession vorsichtig vorwärts, jeden Schritt mit Bedacht platzierend. Dante bildete das Ende der Gruppe. Er hatte sich zum zweiten Anführer entwickelt und achtete auf Garandor, da er sah, welche Sorgen, welche Schmerzen, der Weg dem Zwerg bereitete.
„ Die Aussicht ist atemberaubend.“ versuchte Dante die Stimmung verzweifelt aufzulockern. Garandor und Lannus nickten lediglich und konzentrierten sich angestrengt auf den schmalen Pfad vor ihren Füßen, während Waldoran überhaupt keine Reaktion zeigte. Der junge Krieger schüttelte enttäuscht den Kopf und blickte sich noch einmal in alle Himmelsrichtungen um, sog die Szenerie sowie die Luft geräuschvoll ein.
Als Dante seine Augen wieder auf seine Füße richten wollte, bemerkte er aus dem Augenwinkel einen entfernten, schwarzen Punkt, welcher in einiger Entfernung aus dem kahlen Grau herausstach. Sie befanden sich auf einer Erhöhung, von welcher man die gesamte Weite der ersten Ausläufer des Gebirges überblicken konnte, die tausenden von Schritten die sie bereits zurückgelegt hatten. Dort, in einiger Entfernung, bewegte sich ein schwarzer Fleck. Er starrte mit aller Macht auf den Fehler im Bild hinter sich. Mit den Fingern der einen Hand hielt er sich in einer günstig liegenden, bröckelnden Felsspalte fest, während er seine Augen mit der anderen abdeckte, um nicht durch das übriggebliebene Licht geblendet zu werden. Sein rechtes Bein baumelte über einem tiefen Abgrund, denn in seiner jetzigen Position, war der Weg so schmal, dass man nur einen Fuß aufsetzen konnte.
„ Waldoran.“ rief er schrill, desperat, gegen den allmählich gefrierenden Wind, doch der Weg schlängelte sich in einem Labyrinth aus Spalten, Klippen und kleinen Höhlen durch die Berge, und seine Gefährten waren bereits um eine Wendung verschwunden.
„ Verflucht. Waldoran!“ Er schrie den Namen des Fürsten in die Täler und der Schock des enormen Echos ließ ihn beinahe stolpern. Unachtsam vor Sorge krabbelte er in einem halsbrecherischen Unterfangen stets höher. Er achtete lediglich auf seine Füße, um nicht in den sicheren Tod zu stürzen und erschrak deswegen umso stärker, als er plötzlich am Kragen gepackt und unsanft gegen die harte Felswand gepresst wurde.
„ Sei still. Möchtest du uns Tod sehen?“ fauchte Waldoran den jungen Krieger an.
„ Wir –“ begann Dante.
„ Falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte, wir befinden uns hier in den Bergen. Die Schneemengen über uns –“
Doch er schaffte es nicht, den Satz zu beenden. Ein ungeheures Donnern ertränkte jegliches Geräusch. Waldorans Kopf fuhr umgehend in die Höhe und senkte sich wieder, um Dante einen knappen, vernichtenden Blick zuzuwerfen. Anschließend kehrte der Elf auf seinen Absätzen um und riss den verblüfften Menschen mit sich. Dante stolperte hinterher und wäre der Elf nicht um ein Vielfaches kräftiger, als er aussah, hätten sie die menschlichen Körperteile aus diversen Tälern unter ihnen aufsammeln dürfen. Nach einigen riskanten Schritten holten Waldoran und Dante zu den verstört dreinblickenden Mitgliedern ihrer Gruppe auf und wurden von fragenden Blicken durchlöchert.
„ Lauft.“ rief Waldoran gegen den tosenden Lärm der Lawine an.
Der Mensch und der Zwerg erwachten unverzüglich aus ihrer Starre und stolperten los. Sie befanden sich auf dem Weg zu einer etwas höher gelegenen Brücke aus Eis, welche eine Überquerung zum nächsten Gipfel ermöglichte, weswegen die Auserwählten in die Höhe, in Richtung der Lawine, kletterten.
Die ersten Eis- und Schneebrocken explodierten bereits direkt über ihnen und als Lannus einen Blick in den Himmel warf, stieß er einen erstickten Schrei aus. Die zerstörerische Welle aus Eis, Schnee und Gestein bewegte sich mit einer rasenden Geschwindigkeit auf die Gefährten zu. Sie hatte bereits die Hälfte der Strecke geschafft, würde sie in wenigen Augenblicken bei lebendigem Leibe begraben. Waldoran und Dante liefen vorne, dicht gefolgt von Lannus. Garandor bewegte sich um einiges lethargischer als Menschen und Elf und fiel deswegen zurück. Als Dante dies bemerkte, drehte er sich ruckartig um und stieß Lannus dabei beinahe in den sicheren Tod.
„ Bei allen Göttern, sieh dich
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