Jenseits der Augenlider: Garandors Licht (German Edition)
in mir. Sollten sie die Höhle auskundschaften, würde das unser Ende bedeuten. Wir wären gefangen.“
„ Wir müssen fliehen, Waldoran.“ Der Elf überdachte diese Option für eine scheinbare Ewigkeit, bevor er mit Gewissheit antworte.
„ Das können wir.“
„ Garandor –“
„ Auch mit Garandor.“
Der Zwerg war in Gedanken versunken und zuckte kurz, als er seinen Namen vernahm. Lannus und Dante blickten zweifelnd zu Garandor, denn keiner von ihnen konnte sich vorstellen, wie sie gemeinsam mit einem Blinden flüchten sollten.
„ Die Telénastiere holen uns mit Sicherheit ein.“ gab Dante zu Bedenken.
„ Auf flachem Land, auf Wiesen oder Straßen sind sie schneller, aber der Schnee verschafft uns einen Vorteil. Sie verwenden allerdings eine gerissene Strategie. Einige der kräftigsten Orks laufen vorne und pflügen den Schnee weg, damit die Tiere schneller sind.“ Er machte eine flüchtige Pause, schien in Gedanken einen Plan heraufzubeschwören, als er plötzlich begann, bedächtig zu nicken.
„ Wir haben keine andere Wahl. Wir müssen umgehend von hier verschwinden.“ Der Elf würdigte seinen Begleitern keinen Blick, als er dies feststellte, sondern schlich in Richtung Höhlenausgang; und die die anderen Auserwählten waren dazu gezwungen, ihm blindlings zu folgen.
Waldoran führte die Gruppe wie gewohnt an; Dante, welcher Garandor an dem Ast hinter sich herzog, war ihm dicht auf den Fersen, während Lannus nun am Ende lief. Er schien nicht sonderlich begeistert von der Idee zu sein, als Letzter durch einen Haufen Orks und Telénastiere zu laufen, wenn der Überraschungsmoment nicht mehr auf ihrer Seite war.
„ Wenn wir draußen sind, werden wir so weit wie möglich fliehen, ohne entdeckt zu werden. Sobald ich feststelle, dass die Orks wissen, wie dicht sie uns auf den Fersen sind, drehe ich mich um, damit ich die kräftigsten Orks mit Pfeilen niederstrecken kann. Dadurch ist es den Stieren nicht mehr möglich, sich so rasch durch den Schnee zu bewegen und unser Vorsprung vergrößert sich. Wenn die Situation kritisch wird, hole ich zu euch auf.“ Seit sie in die Berge gelangt waren, hatte der Elf häufiger längere Sätze ausgesprochen als zuvor, doch Dante war davon überzeugt, dass er die Menschen und den nun blinden Zwerg weiterhin verachtete.
„ Und was dann, Waldoran.“ antwortete der junge Krieger flach, ohne Frage.
„ Wir werden sehen.“
Dante zweifelte keine Sekunde daran, dass Waldoran so virtuos mit seinem Bogen umgehen konnte, wie er es in seinem Plan geschildert hatte. Die Anspannung des jungen Menschen stieg, desto näher sie an den Ausgang kamen. Bald konnte er ihn sehen. Waldoran blickte sich noch einmal um und nickte ihm zu, eine Geste die der junge Mensch niemals für möglich gehalten hätte und welche ihn mit ungeheurem Stolz erfüllte. Mit einer neu entfachten Flamme der Entschlossenheit und der Wut über die Ungerechtigkeit in seinem Herzen, mit Garandor an dem hölzernem Stab hinter ihm, stürmte er los, Waldoran in die Helligkeit folgend. In die Freiheit und den möglichen Tod.
XXXVII
Hauptmann Raspiron fühlte sich unsicher, als er auf die enorme Festung Eisenturm zumarschierte. Er hatte von dem Treffen aller Offiziere und Könige im Hinblick auf den bevorstehenden Krieg gehört und wollte seine Hilfe anbieten.
Nun, im Nachhinein, bezweifelte er, dass seine Entscheidung ein blutiges Massaker unter den Zwergen anzurichten, als er auf Garandor aufmerksam machen wollte, die richtige war. Obgleich er es gut gemeint hatte, befürchtete er, dass Torabur ihm seine Tat Übel nehmen würde und seine angebotene Hilfe im Krieg gegen Latenor nicht annehmen konnte. Schließlich waren Zwerge eine unheimlich stolze Rasse.
Je näher er an das riesige Tor trat, desto stärker wurde dieses Gefühl, etwas Falsches veranlasst zu haben. Doch es gab kein Zurück mehr. Nicht in diesen Zeiten.
Raspiron nahm einen tiefen Atemzug und vollendete die letzten Schritte, die ihn vor das majestätische Tor aus massivem Gestein führten, welches kunstvoll mit diversen Verzierungen und eingravierten Antlitzen alter Könige und Helden versehen worden war. Um hierher zu gelangen, hatte er eine weite, hölzerne Brücke überqueren müssen, unter der sich ein reißender Strom befand. Obwohl die Brücke nicht direkt an der Burg lag, sondern etwa hundert Schritte davor, war es möglich, sie im Falle eines Angriffs hochzuziehen. Massive Säulen
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