Jenseits der Eisenberge (German Edition)
sich die Balken angesehen. Er war sehr zufrieden!“
Arkin bestimmte zwei Männer, die oben bleiben mussten. Sie würden in regelmäßigen Abständen die Körbe mit dem Abraum hochziehen, wann immer unten die Glocke als Signal geschlagen wurde.
„Wenn sich unterwegs einer mit den Wächtern anlegt, muss der oben bleiben. Die Stunden können dann sehr, sehr lang werden … Also, nicht auffallen, und du wirst ein gutes Leben haben“, sagte der alte Mann ernst.
Lamár fühlte sich etwas unbehaglich, als er in den Drahtkorb hineinkletterte, dessen oberer Rand bis etwa zu seiner Hüfte reichte. Aber er hatte gesehen, dass die anderen Arbeiter innerhalb kurzer Zeit problemlos unten angekommen waren, und Tiko neben ihm war vollkommen entspannt. Es ruckelte ein wenig, dann sank der Korb in die Tiefe.
„Keine Sorge, es dauert nicht lange. Es sind nur etwa fünfundzwanzig Schritt bis nach unten. Man sagt, der Layn besitzt Minen, die über fünfhundert Schritt tief sind! “
Lamár schluckte stillschweigend und hielt sich am Korb fest. Es wurde mit jeder Drehung der Winde dunkler, auch wenn aus der Schachtöffnung über ihnen noch genug Licht herabfiel. Es war beklemmend eng, und das Schwanken des Korbes wurde immer stärker.
„Gibt es keinen anderen Weg?“, fragte er nervös.
„Doch, mehrere. Von der ersten Sohle aus – also da, wo wir gleich landen – gibt es ein halbes Dutzend Schächte an die Oberfläche, für Luftzufuhr und so. Einer ist mit einer Leiter bestückt. Der ist aber so eng, dass nur die Jüngsten den benutzen können, deshalb geht’s diesen Weg.“ Lamár verschluckte all die Fragen, die ihm in den Sinn kamen – etwa, warum man den Schacht nicht verbreiterte.
„Ganz früher ist man hier wohl auch mit einer Leiter heruntergestiegen, das war sicherlich schneller, dafür umso mühsamer, wenn es mit den Erzkörben wieder hochgehen sollte“, erklärte Tiko, und dann, diesmal ohne zu grinsen: „Es ist Absicht, weißt du? Wir sollen gar nicht die Möglichkeit haben, schnell und vor allem von den Wächtern unbemerkt hochzukommen. Unsere Werkzeuge können schließlich nicht nur Steine zertrümmern und wir sind viel mehr als sie.“
Am Grund angekommen empfing sie dämmriges Licht aus Öllaternen. Tiko führte ihn in eine Ecke, wo Arkin bereits mit Arbeitskleidung auf sie wartete. Lamár zog die schwere Wollkleidung und die Lederstiefel schweigend an, er konnte sich durchaus vorstellen, dass er über diese Sachen bald froh sein würde, auch wenn sie jetzt kratzten und drückten. Dann griff er sich seine Eisenhacke und stellte sich hinter Tiko, der bereits auf ihn wartete.
„Hier, das macht Spaß!“ Der Junge setzte sich auf eine hölzerne Rutsche, die in die Tiefe führte, und war einen Moment später verschwunden. Lamár hatte gar keine Zeit, sich Sorgen zu machen, wo er landen würde, als er Tiko folgte. Kaum einen Atemzug lang währte die rasante Rutschpartie, dann stand er auch schon in einer Art Höhle, ein rundlich geformter Raum, von dem aus mehrere Stollen abführten. Zurück nach oben kam man über eine hölzerne Rampe.
„Wir beide sollen heute beim Wasser arbeiten“, sagte der Junge, griff nach einer der Laternen, die an der Wand hingen, und verschwand rechter Hand im Stollen. Lamár hörte es bald schon tropfen und plätschern. Tikos Laterne enthüllte Wasser, das die Wände herab sickerte. Am Boden befand sich eine Rinne, die das Wasser auffing und den Stollen hinab leitete. Alle Wände waren mit Netzen bespannt.
„Dahinter klemmen wir Holzplatten ein, siehst du?“, erklärte Tiko auf Lamárs Frage hin. „Das erhöht unsere Hoffnung zu überleben, wenn der Schwimmsand kommt. Immer wieder drücken sich Wasser und Sand aus Spalten in den Wänden. Wenn das passiert, bleibt einem kaum Zeit zu schreien, innerhalb von einem Moment ist plötzlich der ganze Gang voll von dem Zeug. Die Platten und Netze verhindern das nicht, aber es verlangsamt das alles, und man kann weglaufen – wenn man Glück hat. Passiert nicht so oft, wenn man das Wasser aus den Schächten ableiten kann.“
„Woher kommt der Sand denn?“, fragte Lamár verständnislos.
„Was weiß ich? Der is’ halt da.“ Tiko blieb kurz stehen, um einen Stützbalken zu mustern. Er war bestimmt einen halben Schritt dick, doch aus der Nähe bemerkte Lamár auch die langen Risse.
„Den tauschen wir bald aus. Der Berg drückt halt, und gerade hier, wo so viel Wasser ist, gehen selbst solch dicke Balken schnell
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