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Jenseits der Eisenberge (German Edition)

Jenseits der Eisenberge (German Edition)

Titel: Jenseits der Eisenberge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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kaputt.“
    Der Gang endete vor einer massiven Felswand. Das Wasser sammelte sich dort, es reichte ihm bis an den Stiefelschaft, obwohl es durch Spalten im Boden abzufließen schien.
    „Wasser ist unser größter Feind, weißt du? Für so ziemlich jeden neuen Stollen, den wir anlegen, braucht es einen eigenen Entwässerungsgang, sonst würden wir alle einfach absaufen.“
    Tiko zeigte ihm, wo sie den Fels abtragen sollten. Schweigend begannen sie zu arbeiten, Seite an Seite. Es war eng, heiß und feucht, das Gestein so hart, dass Lamár kaum Fortschritt sah, egal wie lang und kräftig er darauf einschlug. Er fand einen Rhythmus, den er gut aufrecht halten konnte, ohne sich zu überanstrengen. Tiko legte in regelmäßigen Abständen die Eisenhacke nieder und sammelte den Schutt in einen Korb.
    Als Arkins Stimme hinter ihnen ertönte, fuhr Lamár regelrecht zusammen. Es mussten bereits Stunden vergangen sein, wurde ihm bewusst, doch er war so vertieft gewesen, dass er alles andere vergessen hatte.
    „Ihr kommt gut voran“, sagte der alte Mann anerkennend.
    „Lamár schuftet für drei“, meinte Tiko und wies auf die Körbe, die mittlerweile gefüllt im Gang standen. Erst jetzt spürte Lamár, wie erschöpft er bereits war. Seine Hände und Schultern waren taub, alle Muskeln seines Körpers schmerzten.
    „Setz dich, und iss etwas“, befahl Arkin. Er reichte beiden ein kleines Bündel, in dem sich Brot, Käse und Trockenfleisch befanden. „Wir bekommen von allen Sklaven das beste Essen, sonst könnten wir gar nicht so hart arbeiten. Hat eben auch alles seine guten Seiten.“ Tiko lachte und hockte sich neben Lamár zu Boden, mit dem Rücken an die Wand gelehnt. An dieser Stelle war es zwar feucht, aber nicht so nass, dass es unangenehm wurde.
    „Hier, es sind endlich neue Käfige für die Ratten da.“ Arkin wies auf einen Käfig, den er in einer Nische abgestellt hatte. Eine graue Ratte befand sich darin und knabberte an einem der dicken Drähte herum. Sie trug ein Glöckchen um den Hals, das bei jeder Bewegung des Tiers leise klingelte.
    „Passiert schon mal, dass die Luft plötzlich giftig wird. Man riecht das nicht, sondern fällt einfach tot um. Darum nehmen wir die Ratten mit in die Stollen. Die sterben schneller als Menschen und man kann noch versuchen, sich zu retten. Darum, immer auf das Klingeln achten und nachsehen, wenn es still wird!“
    „Was ist, wenn sie sich durchgebissen hat?“, fragte Lamár, während er die Bemühungen der Ratte beobachtete.
    „Keine Sorge, jeden Abend kontrollieren wir die Drähte und erneuern sie, wenn es sein muss. Die Ratten sind lebenswichtig für uns, wir sorgen dafür so gut für sie, wie es nur geht.“
    Arkin schob ein großes Stück Brot durch die Stäbe, dazu eine Handvoll Kiesel. Ein kleines Tongefäß mit Wasser stand bereits in einer Ecke, und ein Häufchen Stroh schien als Schlaflager zu dienen. Die Ratte begann sofort, die Kiesel umherzuschieben. „Die langweilen sich schnell, wenn man ihnen nichts gibt“, erklärte Tiko. „Dann werden sie bissig, schlafen zu viel und sterben auch recht schnell.“ Er begann sich mit seinem Vater zu unterhalten, was Lamár nutzte, um sich an die Wand zu lehnen und auszuruhen.
    Nach der Pause arbeiteten sie eine schier endlose Zeit weiter, bis Lamár das Gefühl hatte, sein Rücken würde in Stücke zerbrechen, wenn er sich noch ein einziges Mal bückte.
    „Hört auf, habt ihr das Signal nicht gehört?“ Orchym winkte ihnen vom Tunneleingang aus zu. Erleichtert schulterte Lamár seine Hacke und wollte zusätzlich einen der gefüllten Körbe mitnehmen, doch Tiko schubste ihn energisch den Stollen entlang.
    „Lass die stehen, die Kleinen kümmern sich morgen früh darum.“ Lamár lachte in sich hinein – die „Kleinen“ waren acht- bis vierzehnjährige Jungen. Alt genug, in die Mine hinab geschickt zu werden, nicht stark genug, voll mitzuarbeiten. Sie schleppten die Körbe und erledigten alle möglichen Botengänge. Tiko war kaum älter als sie, fühlte sich aber offenkundig schon sehr erwachsen. Noch jüngere Kinder wurden immer dann geholt, wenn man in einen besonders engen Spalt hinein dringen musste. „Versucht man eher zu vermeiden“, hatte Tiko erzählt, „da die Jungen sonst schneller sterben, als man sie ersetzen kann.“
    Die Ratte nahmen sie mit und stellten sie in eine kleine Höhle zu all den anderen Käfigen, um die sich bereits mehrere Jugendliche kümmerten. Lamár war froh, endlich die Stiefel

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