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Jenseits der Eisenberge (German Edition)

Jenseits der Eisenberge (German Edition)

Titel: Jenseits der Eisenberge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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    Mit dem Gefühl, neu geboren zu sein, stürzten Lys, Nikor und Erek ins Freie. Es war später Nachmittag, um sie herum sah die Bergwelt ganz genauso kahl und unwirtlich aus wie auf der anderen Seite.
    Zwischen Erleichterung und Bedauern schwankend wandte sich Lys Lark zu, der sie nicht weiter begleiten konnte.
    „Versucht niemals und unter gar keinen Umständen, diesen Weg allein zu gehen!“, warnte der noch einmal eindringlich. „Ihr würdet nur den Tod finden.“
    „Seid unbesorgt“, erwiderte Lys und verneigte sich respektvoll. „Wir werden diesen Weg mit Freuden vergessen.“
    Sie verabschiedeten sich voneinander und trennten sich dann. Lys und seine Gefährten wollten dem Gebirgspfad folgen, der nur wenige Schritte neben dem unscheinbaren Felsspalt verlief. Lark hatte ihnen erklärt, dass dieser Weg nach etwa zwei Meilen endete und sie von dort aus noch einige Hundert Schritt bergab klettern mussten, um den Hauptpfad zu erreichen, der vom Pass herführte.
    „Wartet.“ Lys blickte überrascht zurück, als er Lark rufen hörte. Den ganzen Weg über, seit der Begegnung mit dem Drachen, hatte er gespürt, dass irgendetwas den Geweihten beschäftigte, doch er hatte nicht damit gerechnet, jemals zu erfahren, was es war. Der Priester zögerte, man sah ihm seinen inneren Kampf an.
    „Ich muss Euch etwas sagen, auch wenn es mir verboten wurde“, begann er schließlich. Sein Blick, mit dem er ihn maß, war so von Mitleid erfüllt, dass Lys unwillkürlich erschauerte.
    „Geht es um meine Burg?“, fragte er ahnungsvoll. „Ist Weidenburg gefallen?“
    „Noch nicht oder vielmehr – inzwischen wohl schon“, sagte Lark mit gesenktem Kopf. Lys ballte die Fäuste und hätte Erek ihn nicht rasch festgehalten, hätte er sich auf den Priester gestürzt.
    „Ihr wusstet es und habt nichts gesagt?“, schrie er.
    „Herr, es ist nicht seine Schuld!“, zischte Erek eindringlich. Die beiden Gardisten wirkten kaum weniger betroffen als Lys sich fühlte. Er zwang sich tief durchzuatmen. Selbstverständlich hatte Erek recht, es war nicht Larks Schuld. Lys befreite sich und trat zu ihm.
    „Danke“, flüsterte er. „Könnt Ihr mir sagen, wie schlimm es steht?“
    „Nein. Ich weiß lediglich, dass der König auf Weidenburg losmarschiert. Ob er schon angekommen ist, davon weiß ich nichts. Nur am Ausgang des Kampfes besteht kein Zweifel.“
    Lys kämpfte mit sich, blickte hektisch zwischen dem Tunneleingang und dem Gebirgspfad hin und her.
    „Ich habe versagt“, murmelte er kaum hörbar. „Aber wenn ich jetzt umkehre, war das Opfer umsonst und Kirian ist verloren.“
    „Lasst uns gehen, Herr.“ Nikor berührte ihn leicht am Arm, und Lys nickte ergeben.
    Lark winkte ihnen wortlos zu, verschwand dann in den Tiefen der Berge. Es gab nun kein Zurück mehr: Der Weg führte nach Irtrawitt.

9.
     
    Arkin winkte auffordernd und wartete, bis sich Lamár neben ihn kniete. Sie hatten bereits zu Abend gegessen, einige der kleineren Kinder schliefen schon. Lamár war wie alle Männer mit Ausbesserungsarbeiten am Werkzeug beschäftigt gewesen und erwartete selbstverständlich, dass er etwas falsch gemacht hatte. Jeder andere hier würde das auch erwarten und deshalb ihrem Gespräch keine Aufmerksamkeit schenken. Darauf vertraute Arkin zumindest, er wollte nicht, dass sie bei dem belauscht würden, was er mit Lamár besprechen wollte.
    „Komm hierher“, befahl er ihm und zog sich in eine Ecke zurück, so weit von der Gruppe entfernt, wie das in dieser Hütte überhaupt möglich war. Ohne Argwohn folgte Lamár, mit dem Ledergeschirr, das er gerade eingefettet hatte, in den Händen.
    „Setz dich.“ Er nahm Lamár das Geschirr ab und begann daran zu werkeln, damit es aussah, als wollte er ihm nur einige Anweisungen geben.
    „Ich habe dich beobachtet“, sagte er so nebensächlich wie möglich. „Sieh auf meine Hände, nirgends anders hin! Das hier soll unter uns beiden bleiben.“
    In Lamárs dunklen Augen blitzte Misstrauen auf, dann Besorgnis, doch er gehorchte. Arkin war sich mittlerweile sicher, dass Lamár mindestens ein Heerführer gewesen sein musste. Er bewegte sich mit einer natürlichen Autorität, wenn er sich nicht gezwungen duckte, erfüllte jeden Raum mit seiner Gegenwart, wie Arkin es bislang nur beim Layn persönlich erlebt hatte. Gehorchen lag so offensichtlich nicht in seiner Natur, trotzdem beugte er sich so willig, dass es schmerzte, ihn dabei zu sehen. Arkin wusste, dass Lamár zugrunde gehen

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