Jenseits der Eisenberge (German Edition)
Layn strich lediglich über seinen Arm, über die schwarz verfärbten Striemen, die von den Schwertschlägen verblieben waren.
„Ist er es wert, der Mann, der dein Herz hält?“, fragte Kumien. Es klang nachdenklich.
„Ja, Mebana. Er hat mein Leben gerettet, mehr als einmal. Er ist mein Seelengefährte. Ich liebe ihn.“ Ein wohliges Seufzen entfloh seinen Lippen, es fühlte sich gut an, was der Layn dort tat. Das duftende Kräuteröl schien zusätzliche schmerzlindernde Wirkung zu haben, der Trank von eben dämpfte seine Sinne, und die Wärme der starken Hände half ihm, sich zu entspannen.
„Und liebt er dich?“ Kumien glitt über Lys’ Beine und setzte sich behutsam auf seinen Schenkeln nieder. Von hier aus massierte er mit leichten Bewegungen das Öl über all die frischen Blessuren.
„Ja“, erwiderte Lys schlicht.
„Dann seid ihr beide zu beneiden, denn Liebe, so vergänglich sie auch sein mag, ist ein wunderbares Gefühl. Diese Kette dort, hast du sie von ihm?“ Er zupfte an der Halskette mit dem silbernen Anhänger.
„Nein“, erwiderte Lys erschrocken – er hatte das Kleinod beinahe vergessen gehabt. „Eine Priesterin gab sie mir.“
„Priester, die etwas verschenken statt zu nehmen? Wie ungewöhnlich!“
Lys blieb still, als die Hände über seine heftig zerschlagenen Pobacken strichen, doch Kumien versuchte nicht einmal, dazwischen zu gleiten, sondern erhob sich stattdessen.
Ein wenig verwirrt blickte Lys ihm nach, wie er die Flasche fortbrachte, sich ein leichtes Schlafgewand aus rot glänzendem Stoff überzog und die Flamme der Laterne verringerte.
„Mebana?“
„Du darfst dort liegen bleiben, wenn du möchtest und mir versprichst, keine Dummheiten zu versuchen.“ Der Spott war in Kumiens Stimme zurückgekehrt. „Also Flucht, oder irgendwelche Versuche, mich im Schlaf zu erschlagen. Ich weiß, dass ihr Adligen von Onur sehr viel auf Ehre gebt, deshalb werde ich einem Schwur von dir vertrauen. Wenn du meinst, du kannst dich nicht zurückhalten oder lieber von mir fern bleiben willst, kette ich dich gerne wieder da drüben an.“
„Ich schwöre, Ihr werdet keinen Kummer mit mir haben.“ Lys kroch mühsam unter die Bettdecke, die aus dem gleichen glatten, glänzenden Stoff gewebt war wie Kumiens Schlafgewand. Im ersten Moment war es kühl, aber dann lag es wärmend wie eine zweite Haut auf dem Körper.
„Mebana?“, fragte er, zögerte allerdings, seine Frage zu stellen.
„Ich schicke dich nicht in die Minen, keine Angst!“ Kumien lachte und drehte sich mit dem Rücken zu ihm. Das Bett war groß genug, dass sie sich nicht gegenseitig stören würden. Er schlief rasch ein, im Gegensatz zu Lys, der noch lange in die dämmrige Dunkelheit starrte und keine Ruhe fand, bis ihn schließlich die Müdigkeit überwältigte.
12.
„Wo ist mein Enkel?“, schrie Archym und schüttelte Tomar durch. „Wo hat dieser Bastard von einem Schwiegersohn den Jungen versteckt?“ Sie hatten die Weidenburg ohne jeden Widerstand eingenommen, genau, wie Maruv es prophezeit hatte. Dass sich aber neben dem Burgverwalter nur einige alte Mägde und Knechte und Handwerker hier finden würden, damit hätte wirklich niemand gerechnet. Tomars Erklärung, dass Lys den gesamten Haushalt aufgelöst und alle Burgbewohner noch vor den Soldaten weggeschickt hätte, war nicht dazu angetan, die Laune des Alten zu heben – er hatte gehofft, Lys’ Sohn für sich beanspruchen zu können und ihn so vorerst vor Maruvs Intrigen zu schützen. „Wo ist er hingegangen? Sag mir nicht, dass er die Weidenburg vollständig aufgegeben hat, dafür laufen hier zu viele Handwerker herum!“
Tomar presste die Lippen zusammen, sein trotziger Gesichtsausdruck ließ keinen Zweifel, dass er schweigen würde.
„Gibt es hier eine Folterkammer?“, fragte Maruv ungeduldig. Tomar erbleichte, blieb aber still.
„Selbstverständlich nicht.“ Elynes helle Stimme ließ die Männer herumfahren. „Vergesst nicht, wem diese Burg gehört! Als ob mein ich-will-die-Welt-retten-Ehegatte so etwas Barbarisches wie Folter zulassen würde!“ Der Spott in ihrer Stimme war so schneidend, dass selbst Maruv erschauderte.
„Es grenzt schon an ein Wunder, dass er die Verliese nicht in Lagerräume verwandelt hat, aber vermutlich hatte er noch keine Zeit, auf diese so naheliegende Idee zu kommen, wo er doch immer mit solch brillanten und komplizierten Plänen beschäftigt ist.“
Sie schritt mit solcher Selbstverständlichkeit an den
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