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Jenseits der Eisenberge (German Edition)

Jenseits der Eisenberge (German Edition)

Titel: Jenseits der Eisenberge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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abgezogen. Maruv setzte sich stöhnend in einen Lehnstuhl. „Ist sie immer so?“, fragte er Archym mit geheucheltem Mitgefühl. Er fühlte nicht mit ihm, diesem alten Intriganten. Er fühlte sich krank und schwach.
    „Oh nein, sie ist ein charmantes, entzückendes Kind, das so fröhlich plaudern und zwitschern kann – wenn man darauf achtet, ihre Wünsche zu erfüllen und nichts gegen ihren Willen zu tun.“ Archym seufzte und sank ebenfalls auf einem Stuhl nieder. Erebos hatte bereits Platz genommen, kaum dass der König den Anfang gemacht hatte. „Man versteht gleich viel besser, warum mein – mein … warum Lys über die Eisenberge geflüchtet ist, eine solche Ehefrau wie Elyne würde ich auch nicht ertragen können“, sagte er. Die Art, wie er das Wort Sohn vermied, ließ nichts Gutes ahnen.
    „Wisst Ihr, für gewöhnlich verfluche ich die Götter dafür, dass sie mir eigene Kinder verweigert haben, aber wenn ich mir eure Sorgen so betrachte, war es vielleicht eine Gnade. Eure beiden Söhne und Archym, dieses Biest von einer Tochter, die möchte man eigentlich nicht sein eigen Fleisch und Blut nennen müssen!“ Maruv lächelte insgeheim, er wusste, welche Antwort nun folgen würde …
    „Roban war der beste Sohn, den ein Vater sich nur wünschen konnte“, sagte Erebos steif. „Lyskir ist nicht mehr mein Sohn.“
    „Genau das wollte ich hören.“ Maruv strahlte ihn an. „Genau deshalb nenne ich Euch einen meiner wertvollsten Verbündeten!“
    Archym versteifte sich leicht, sagte jedoch nichts. Oh ja, Maruv wusste nur zu genau, dass der alte Fürst von Lichterfels nicht mehr mit vollem Herzen hinter ihm stand, seit er gezwungen gewesen war, seinen Sohn zu opfern. Interessant, dass das Schicksal eines gesamten Reiches so sehr davon beeinflusst werden konnte, dass sich Väter mit ihren Söhnen überwarfen. Man musste abwarten, was sich daraus noch entwickeln würde.
     
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    Tomar sprach kein Wort, er wagte es nicht, und klar denken war unmöglich. Er eilte hinter Elyne her, die er seit dem Tag ihrer Geburt kannte. Ihre Verwandlung vom ängstlichen kleinen Mädchen, das sich von früh bis spät an den großen Bruder klammerte zum scharfzüngigen Biest hatte er in allen Entwicklungsphasen miterlebt. Wann sie sich allerdings ihr Herz gänzlich herausgerissen und durch einen Eisblock ersetzt hatte, er wusste es nicht.
    Niemand hielt sie auf, obwohl viele der fremden Soldaten hinter der äußerlich so lieblichen Frau herblickten. Wie sehr er darum betete, dass niemand von denen fähig war, die angeblichen Handwerker, die man lediglich in den Burghof getrieben, ansonsten aber unbehelligt gelassen hatten, als Lys’ Elitesoldaten zu erkennen! Er sah niemanden an, konzentrierte sich allein auf die junge Fürstin.
    Erst, als sie in der Halle des kleinen Schlosses angelangt waren, das Lys für Elyne erbaute, blieb sie stehen und wandte sich zu ihm um. Tomar sammelte seinen ganzen Mut, auch wenn er wusste, wie nutzlos das alles war, denn sie würde nicht auf ihn hören. Bevor er aber nur ein einziges Wort sagen konnte, fiel Elyne vor ihm auf die Knie. Die spöttische, bösartige Hexe war mit einem Schlag verschwunden, geblieben war ein verzweifeltes junges Mädchen, das ihn aus riesigen, tränengefüllten Augen ansah.
    „Tomar, ich flehe dich an, halte mich nicht für ein Monster, das sein eigenes Kind opfern will!“, bettelte sie aufschluchzend.
    Schockiert starrte er sie an, blickte dann hastig um sich – sie waren allein, alle Bauarbeiten ruhten.
    „Ich verstehe nicht“, stammelte er unsicher.
    „Ich musste doch mitspielen! Sie hätten dich sonst gefoltert, bis du alle verraten hättest – unsere Leute, Kirians Leute, Anniz, Lynn, einfach alle! Hätte ich um Gnade für dich gebeten, wie brave Ehefrauen das tun, hätten sie mich ins nächste Turmzimmer verfrachtet und mir vielleicht noch ein Schüsselchen Nüsse hingestellt, um meine schwachen weiblichen Nerven zu beruhigen!“
    „Was habt Ihr vor?“, fragte Tomar erschüttert. Er wusste, dass Archym von Lichterfels seine Frauen und seine Tochter immer dazu angehalten hatte, sich nicht zum Opfer in dem Spiel machen zu lassen, doch so viel Kaltblütigkeit hätte er Elyne niemals zugetraut. Wie es aussah, hatte Lys auf sie abgefärbt …
    „Sie hinhalten, in die Irre führen, was weiß ich! Ihr müsst mir helfen, Tomar. Ich bete täglich zu den Göttern, dass Lys nur noch ein wenig Zeit braucht und schon bald mit Stefár zurückkehrt. Aber wenn

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