Jenseits der Eisenberge (German Edition)
Lächeln auf seinem Gesicht erfror, Verwirrung wechselte zu verstörter Angst.
„Herr? Mebana, was …?“, flüsterte er erschrocken und versuchte vergeblich, vor ihm zurückzuweichen. Kumien starrte ihn verblüfft an, es dauerte einen langen Moment, bis er seine Gedanken verstand. Hastig senkte er den Dolch und griff nach Erek, drückte ihn fest an sich.
„Ich will dir nicht wehtun“, sagte er beruhigend und benutzte die Klinge, um die Fesseln zu durchtrennen, deren Knoten zu eng gezogen waren, um sie mit den Fingern rasch lösen zu können. Erek sank matt gegen seine Brust, ließ sich ohne Widerstand in seine Arme ziehen und festhalten.
„Ich will dir ganz gewiss nicht wehtun. Niemals.“
Kumien versuchte sich selbst zu überzeugen, dass dies die Wahrheit war. Es war sinnlos, er konnte sich nicht belügen. Dafür wusste er zu viel.
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„Schläfst du?“ Lys wandte den Kopf und lächelte müde. Es war angenehm so dazuliegen, die Nähe und Wärme seines Körpers zu spüren und an nichts zu denken. Doch Kumien wusste, dass die Zeit gekommen war, die entscheidende Frage zu stellen. Lys betrachtete ihn aufmerksam, rückte dann ein wenig von ihm ab, alarmiert von dem Ernst, mit dem er ihn ansah.
„Du hast mir deinen Körper überlassen, und das war wundervoll“, begann Kumien leise. „Aber dein Herz ist weiterhin nicht zu haben, oder?“
Lys blickte zur Seite, Kummer überschattete sein Gesicht. Stumm schüttelte er den Kopf.
„Und du glaubst auch nicht mehr, dass du lernen könntest, mich zu lieben, wenn ich dir genug Zeit gebe?“
Er wich ihm weiterhin aus, doch als Lys dann endlich zu ihm aufsah, erschrak Kumien, erschüttert von so viel tiefer Traurigkeit.
„Herr … Ich würde Euch mit Freuden alles schenken, was ich habe und alles, was ich bin und jemals sein werde. Ich weiß nicht, ob ich den Mann, den ich so sehr liebe, dass ich für ihn alles aufgegeben habe, jemals wiedersehen darf. Ich weiß nicht einmal, ob er noch lebt.“ Er befreite sich aus Kumiens Umarmung und setzte sich hin, die Beine an den Bauch gezogen, mit beiden Armen umschlungen, und legte den Kopf auf den Knien ab. Verzweiflung lag in seiner Stimme, als er fortfuhr: „Kumien, Ihr habt mir so viel gegeben … das alles hier ist wie ein Traum. Aber in Träumen kann man nicht leben.“
„Wovon sprichst du?“ Kumien wollte nach ihm greifen, doch etwas hielt ihn zurück.
„Ihr seid ein Jäger, mein Layn“, flüsterte Lys. „Ein Jäger, kein Sammler. Wenn ich mich Euch ergebe, wie lange würde es dauern, bis ich Euch zu langweilen beginne? Bis Ihr keine Lust mehr habt, mich als Eure Trophäe zu behalten, sondern wieder auf die Pirsch wollt, um ein neues Opfer zu erlegen?“
Eisige Kälte kroch über Kumiens Rücken.
„Sagt es mir, Fürst von Irtrawitt, wie lange würde der Traum andauern? Einen Winter? Ein Jahr vielleicht? Und was dann? Wo sind sie, meine Vorgänger, die Euch ihr Herz schenkten?“
„Tot“, flüsterte Kumien. „Die Frau, die ich liebte, dir mir ihr Herz gab, sie ist tot. Sie starb bei der Geburt meines jüngsten Sohnes, und er mit ihr. Sie hat mein Herz mit sich ins Grab genommen.“
„Das tut mir leid“, wisperte Lys. Kumien fuhr vor der rückhaltlos aufrichtigen Trauer zurück, die sich in den schönen Augen spiegelte.
„Danach habe ich niemanden mehr geliebt, niemals mehr. Männer und Frauen gaben sich mir hin, schenkten alles, was ich forderte. Ich habe sie weggeschickt, einen nach dem anderen, bevor ich sie vernichten konnte. Zumindest die meisten. Einige sind gestorben … Aber dich, dich könnte ich lieben.“
„Nein.“ Lys schüttelte den Kopf. „Ihr würdet mich halten und zugrunde richten. Fordern, bis ich nichts mehr zu geben habe. Wir wären niemals ein Paar, auf gleicher Augenhöhe, sondern Herr und Sklave. Ich bin zur Demut fähig, Kumien. Ein Teil von mir verlangt danach, unterworfen und niedergehalten zu werden. Der andere Teil von mir aber kann nicht dauerhaft auf den Knien liegen. Ihr würdet den Widerstand in mir zerbrechen und mich damit zerstören, ob Ihr das wollt oder nicht.“
Es war, als hätte Lys ihm ein Messer in den Bauch gerammt. Kumien wusste, jedes einzelne Wort entsprach der Wahrheit. Eine Wahrheit, die er weder hören noch hinnehmen wollte, doch gleichgültig, wie mächtig er war, er konnte die Wahrheit nicht verändern.
„Wenn ich nichts zu verlieren hätte, als mich selbst, Kumien, ich würde mich Euch hingeben. Ein Winter oder ein Jahr in
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