Jenseits der Eisenberge (German Edition)
Hofnarren suchen. Ich lüge nicht“, sagte er fest.
Kumien verbarg das Gesicht in seinen Händen und eine Weile lang war nichts zu hören außer dem Schaben, das durch Maggarns Rasiermesser entstand.
„Es ist der einzige Weg, ihn nicht langsam zugrunde zu richten“, flüsterte Kumien schließlich. „Behalte ich ihn hier, wird es ihn vernichten, es gibt keine Hoffnung, dass es sich zum Guten wenden könnte, denn er wird nicht nach Onur heimkehren, ohne Kirian gefunden zu haben. Ich kann ihn nicht glücklich machen oder auch nur an meiner Seite leben lassen, das hat er mir deutlich gemacht. Lasse ich Kirian herbringen, erfährt Maruv durch seine Spione, dass ich ihn hintergangen habe, und wer weiß, was er dann versucht. Einen Krieg mit Onur kann ich mir nicht leisten, es ist wahrlich das Einzige, worin diese Bastarde unschlagbar sind. Es gibt keinen Weg, Lys zu helfen, oder? Nicht einmal, wenn ich ihm sage, was mit Kirian geschehen ist.“
„Nein. Er würde sehen, dass sein Geliebter für ihn verloren ist, bei dir Trost suchen und dich hassen. Schickst du ihn fort, musst du ihn brandmarken, sonst hat er dort in den Minen nichts, was ihn schützt. Nichts, und das weißt du.“
„Es wird ihn zerbrechen, ich kann es nicht!“
Kumien wollte aufspringen, doch Maggarn packte ihn am Arm und hielt ihn zurück.
„Wenn es ihn zerbricht, dann soll es so sein und er hat es wenigstens schnell hinter sich. Ohne diesen Schutz überlebt er nicht einmal den Weg dorthin! Falls er stark genug ist, besteht ein wenig Hoffnung. Für ihn und für den Mann, den er liebt.“
„Ein wenig, ja. Darum wollte ich es auch … um ihm die einzige Art von Hoffnung zu schenken, die es für ihn gibt. Aber kann ich das tun? Kann ich ihm das wirklich antun?“
Maggarn lächelte, was nur sehr selten bei ihm vorkam.
„Du hast es Dutzenden Menschen angetan. Aus Hass, aus Rache, um sie zu bestrafen, aus Gleichgültigkeit. Du bist der Layn von Irtrawitt. Es ist brutal, was du diesem Jungen antun willst, aber es ist der richtige Weg. Ich würde nachts ruhiger schlafen mit dem Wissen, dass mein Fürst fähig ist, immer das Richtige zu tun. Gleichgültig, was es ihn selbst kostet.“
Kumien nickte mit versteinerter Miene.
„Ich rufe die Wachen“, flüsterte er.
Maggarn beendete seine Rasur in aller Ruhe, dann folgte er seinem Herrn und Bruder. Er wusste, er würde ihm beistehen müssen.
17.
Elyne spürte, dass ihre Glücksträhne nun bald enden würde. Seit Wochen war es ihr gelungen, zusammen mit Tomar Katz und Maus mit den fürstlichen Truppen zu spielen, sie von einem verlassenen Lager zum Nächsten zu führen. Es hatte sich anfangs alles so wunderbar gefügt – Maruv, Archym und Erebos hatten beschlossen, zu ihren jeweiligen Residenzen zurückzukehren und die Suche nach Lynn einem Trupp ausgewählter Soldaten zu überlassen. Diese Männer waren jederzeit bereit, sich von dem angeblichen Priester täuschen zu lassen und beugten sich gefügig Elynes erprobter Launenhaftigkeit.
Seit sie gestern bei Einbruch der Nacht zum vierten Mal in einem verlassenen Lager angekommen waren, schien allerdings die Geduld des Truppenführers erschöpft zu sein.
Im besten Fall würde er davon ausgehen, dass Elyne unschuldig an den Misserfolgen war, man konnte eine Anklage als Verräterin allerdings nicht ausschließen … Immerhin ging es hier um ihren eigenen Sohn! Vielleicht verfasste er jetzt gerade einen entsprechenden Brief an den König, und dann –
„Elyne?“
Tomars Stimme erklang am Zelteingang.
„Kommt herein, ich bin wach“, erwiderte sie müde und legte sich ihre Decke um die Schultern. Es war noch früh am Morgen, aber im Lager waren bereits die ersten Vorbereitungen für den Aufbruch zu hören. Traurig war sie nicht, dass es nun bald vorbei sein würde. Die Nächte wurden kalt, und sie hasste es mit jedem Tag mehr, auf unebener Erde zu schlafen und reiten zu müssen, von allen Seiten angestarrt von Soldaten, die sich nur zurückhielten, weil sie so hochgestellt war und sich stets nahe bei dem Priester aufhielt …
„Elyne, ich habe wichtige Neuigkeiten“, wisperte Tomar kaum hörbar, als er sich in respektvollem Abstand niederließ. „Ich bin eben mit Albor zusammengetroffen. Er will eine Entführung riskieren, um Euch aus dieser unmöglichen Zwangslage zu befreien.“
„Aber woher wusste er, dass wir …?“
„Die Bande scheint uns schon seit einigen Tagen zu folgen und zu beobachten, heute Nacht war wohl die
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