Jenseits der Finsterbach-Brücke
habe den Rauch eures Feuers gesehen. Westwind habe ich auch mitgebracht, falls ihr plant, irgendwann wieder nach Hause zu kommen. Was macht ihr hier? Wollt ihr die Tiere erschrecken?«
Ich knurrte nur und Almut saß ab und strich sich ihre Mähne, in der sich ein paar Zweige verfangen hatten, aus dem Gesicht. Danach trat sie ans Feuer, um Flop zu streicheln. Westwind schnaubte nervös. Er dachte wohl noch immer an seine Begegnung mit dem Kjerk und bestimmt hätte er den Wald lieber in dieser Minute verlassen als in der nächsten.
»Mein tapferer Westwind«, sagte ich und streichelte seine weiße Blesse. »Wir dachten, du wärst der Weiße Ritter, Almut.«
»Ihr denkt immer, ich wäre jemand anders!«, meinte Almut. »Erst der Kjerk, danach ein Geist, jetzt ein Ritter. Wiewäre es, wenn ihr zur Abwechslung einfach mal denkt, es ist Almut? Falls ihr übrigens gerade wild um die Flammen tanzen und dabei Indianergeheul ausstoßen wolltet oder so, lasst euch nicht stören«, fügte sie hinzu und wärmte ihre Hände. »Ich sehe gerne zu.«
»Jetzt halt mal die Luft an!«, zischte ich. »Unsere Sachen sind nass, deshalb hängen sie da auf den Stöcken.«
»Ach so«, sagte Almut. »Ich dachte, ihr bratet sie zum Abendessen.«
Dann sah sie Joern an. Joern blickte zu Boden und ich begriff, dass es ihm furchtbar peinlich war, nackt vor Almut in der Gegend herumzustehen.
»Was haben sie mit dir angestellt?«, fragte Almut und plötzlich grinste sie nicht mehr. »Bist du in deiner Schwarzen Stadt in eine Prügelei geraten?«
»In eine Demonstration«, sagten Joern und ich im Chor.
Almut schüttelte den Kopf.
»Was immer das ist«, sagte sie, »ich hoffe, du gehst nie, nie wieder zurück in diese Schwarze Stadt.«
Joern nickte stumm und murmelte etwas von »Kleider wieder trocken«. Während wir uns anzogen, kramte Almut in Ostwinds Satteltaschen und beförderte ein paar Kartoffeln hervor, die wir statt der Kleider auf die Stöcke steckten. Und dann saßen wir zu dritt am Feuer und warteten darauf, dass die Kartoffeln gar wurden. Flop rannte zwischen uns hin und her und war ganz aufgeregt, als müsste noch etwas passieren. Doch zunächst passierte nichts. Nur Almut redete sehr, sehr viel.
»Auf dem Norderhof sind alle endgültig verrückt geworden«, begann sie. »Ihr hättet es sehen sollen. Als Johann das Gewehr entsichert hat, hat Frentje sich an seinen Arm gehängt, damit er nicht schießt. Und Johann hat Frentje angeschrien und Olaf hat Johann angeschrien, dass er seine Frau nicht anschreien soll, und Flint hat mich angeschrien, weil er nicht wollte, dass ich hinauslaufe. Aber ich habe mich losgerissen und Tom kam auch angerannt und hat geschrien und überhaupt haben alle geschrien, alle außer dem armen Tök, der nur auf der Erde lag und mit den Ohren zuckte. Und dann kam ein Auto auf den Hof gefahren und alle haben aufgehört, zu schreien, und das war Doktor Bartens. Flint hat gesagt, er wusste, dass Doktor Bartens kommt, er hatte es nur vergessen. Und Doktor Bartens wollte wissen, was los ist, und da haben alle wieder angefangen durcheinanderzureden und dann …« Sie holte tief Luft. »Dann hat Doktor Bartens sich neben Tök gekniet und die Wunde untersucht und Johann hat sich nicht getraut, ihn daran zu hindern. Und Doktor Bartens meinte, es wäre wahrscheinlich bloß eine Fleischwunde, und er hat Tök auf die Arme genommen und sein Mantel wurde ganz blutig. Und dann hat er ihn ins Gutshaus getragen und hat auf dem Küchentisch – das müsst ihr euch mal vorstellen! – die Wunde gespült und genäht. Und alle standen darum herum und Flint ist ganz grün geworden im Gesicht. Die anderen übrigens auch. Bloß ich nicht«, sagte sie stolz. »Also habe ich Doktor Bartens geholfen. Ich habe Tök festgehalten und Wasser geholt und alles und vielleicht werde ich später auch mal ein Doktor, aber nur für Hunde.«
»Also hat er Tök nicht erschossen«, sagte Joern erleichtert.
Flop bellte zustimmend.
»Aber wir haben einen Schuss gehört!«, entgegnete ich.
»Ja«, sagte Almut, »das war, als Johann in die Luft geschossen hat, aus lauter Verwirrung, weil auch noch Doktor Bartens ankam. Es ist aber keinem was passiert dabei.«
»Ein Glück«, sagte Joern. »Manchmal denke ich fast, dass es in eurer Welt noch gefährlicher ist als bei uns, wenn alle dauernd mit Gewehren rumrennen und mit Pfeil und Bogen und wenn es solche Dinge gibt wie Stromschnellen und Felsen, die Boote zerschlagen.«
Da wollte Almut
Weitere Kostenlose Bücher