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Jenseits der Finsterbach-Brücke

Jenseits der Finsterbach-Brücke

Titel: Jenseits der Finsterbach-Brücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Michaelis
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Schwarzen Stadt.«
    »Große Worte«, sagte Joern und lächelte. »Ehe du irgendwelche Schlüssel findest, musst du mir aber helfen, etwas anderes zu tun. Du musst mir helfen, Onnar nach Hause zu holen.«
    Als wir in die Küche kamen, saßen die vier D am Tisch und sahen uns entgegen.
    »Mama besucht eine Freundin«, sagte Damian. »Und das ist auch besser so. Wir haben etwas zu besprechen.«
    Wir setzten uns und ich kam mir beinahe erwachsen vor: Wir waren Teil einer Runde aus Männern, die etwas zu besprechen hatten.
    »Ich habe telefoniert«, sagte Damian. »Mit denen, die nach dem Nachtspat gefragt haben. Was sie bieten, reicht für die Kaution. Onnar wird nächste Nacht zu Hause schlafen. Um zwölf sind wir im stillgelegten Stollen verabredet.«
    »Mit wem?«, fragte Joern. Ich hörte das Misstrauen in seiner Stimme.
    »Wer sie sind, geht uns nichts an«, sagte Dirk. »Sie bezahlen den Preis, den wir haben wollen, das reicht.«
    »Und nun brauchen wir nur noch die Steine«, meinte Damian. »Joern? Gib sie mir.«
    »Das könnte dir so gefallen«, sagte Joern. »Wir kommen mit und sehen uns diese Leute erst mal an. Dann überlegen wir uns gründlich, ob wir ihnen die Steine geben, nicht wahr, Lasse?«
    Ich zog schnell den Kopf ein, ehe Damians Faust auf die Tischplatte niedersauste.
    »Ihr seid viel zu klein, um mitzukommen!«, rief er. »Ihr habt nichts in einem stillgelegten Stollen zu suchen, wo sich Leute treffen, denen man im Dunkeln lieber nicht begegnen möchte!«
    »Wir haben die Steine nicht gestohlen«, antwortete Joern ruhig. »Wir brauchen eure zwielichtigen Käufer nicht. Wir können ganz einfach zum nächsten Juwelier gehen …«
    »Nicht gestohlen!«, rief Dario. »Und an welchem wunderbaren Ort habt ihr sie gefunden?«
    »Hinter der untersten Schublade der Kommode im Flur«, sagte Joern.
    »Am Grunde eines Baches«, sagte ich.
    Die vier D sahen sich an und prusteten los.
    Und da begriff ich. »Joern«, sagte ich. »Niemand wird uns glauben! Es ist besser, wir tun, was sie sagen.«
    Da hieb Joern mit der Faust auf den Tisch und ich zuckte zusammen, denn das hatte ich von ihm nicht erwartet.
    »Wie ich diese Stadt hasse!«, sagte er. »Gehen wir.«
    Damian nahm Dirk auf den Gepäckträger, Dario nahm Dennis mit und Joern mich. Flop lief mit hängender Zunge hinter uns her. So fuhren wir durch die Schwarze Stadtmit ihren Ampeln und Autos und tausend Häusern hindurch, von denen mir schwindelig wurde. Doch nun war ich nicht mehr allein, wir waren zu sechst und ich fühlte mich nicht mehr so hilflos. Ich sah mir Joerns Brüder an, die vor uns herfuhren, und fragte mich, ob einer von ihnen der Weiße Ritter war. Ich konnte es mir nicht vorstellen. Sie waren vielleicht nicht die besten Brüder, die man haben konnte, und sie schrien herum und hieben mit Fäusten auf Tische, aber sie hatten mich in ihre winzige Wohnung aufgenommen und keiner hatte gefragt, wie lange ich bleiben würde.
    Die Straße führte jetzt bergan. Ich hörte bereits das Bohren und Hämmern aus den Stollen. Vor ihren Eingängen erhob sich bedrohlich wie ein geducktes Raubtier die Fabrik. Es war, als beobachtete sie uns aus hundert kalten, lauernden Augen, aber natürlich waren es nur ganz gewöhnliche Fenster. Der Feiertag schien nicht für alle zu gelten, denn auch aus der Fabrik drang Maschinenlärm. Nur am östlichen Rand des Bergwerks war es still. Fast zu still. Dorthin lenkten die vier D und Joern ihre Räder. Der alte Stollen klaffte als schwarzes Loch im Berg, unheimlicher noch als die Augen der Fabrik.
    Die vier D schlossen die Fahrräder mit einer großen Kette zusammen und Damian sah auf die Uhr. »Fünf vor zwölf«, sagte er und irgendwie klang das, als wäre es um zwölf Uhr zu spät für etwas, das wir vorher noch tun konnten. Umkehren vielleicht. Nach Hause fahren. Den toten Stollen nie betreten.
    »Komm, Lasse«, sagte Joern. »Es ist alles in Ordnung. Es wird nur dunkel sein dort drin, sonst nichts. Außerdem ist der Wind hier draußen zu kalt zum Warten.«
    Ich folgte ihm zögernd ins Innere des Stollens. Damian leuchtete mit einer Taschenlampe die Wände ab und ich dachte an Flint und den Gang vom Keller zur Höhle des Kjerks. Hier waren die Wände weiter voneinander entfernt. Auf dem Boden lagen Zigarettenkippen und Müll. Etwas raschelte und quietschte dazwischen und ich erschrak, doch es war bloß eine Ratte, die ein winziges, nacktes Rattenjunges vor unseren tödlichen Stiefeln in Sicherheit brachte. Wir gingen

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