Jenseits Der Schatten
ein Feigling, der Jorsin von dort wegholte, wo er hingehörte: in die vorderste Schlachtreihe. Als die Kämpfer gewählt wurden - die Männer und Frauen, die Jorsins letzte Hoffnung auf den Sieg waren -, beabsichtigte Ezra, den Verschlinger an sich zu binden. Es war der bei weitem mächtigste Ka’kari, und er hatte für ihn geschwitzt und geblutet. Aber der Verschlinger erwählte nicht Ezra. Oder Jorsin. Er erwählte den Schwertschwinger.
Vielleicht kannst du abschätzen, warum es seltsam wirkte, dass ein Artefakt, das von seinem Wesen her auf Verheimlichung bedacht war, sich mit einem Mann verband, dem jede Raffinesse völlig abging.«
Es schien tatsächlich merkwürdig, obwohl sich die Entscheidung eindeutig als weise erwiesen hatte.
»Der Verschlinger hat deinen Meister nicht einfach deshalb gewählt, weil er eine obskure Wahl war. Er hat Acaelus gewählt, weil der Verschlinger Acaelus’ Herz verstand. Acaelus liebte das Aufeinanderprallen von Waffen, aber die meisten Männer, die die Schlacht lieben, lieben sie, weil sie ihre Herrschaft über andere sicherstellt. Wenn der Verschlinger sich an einen Mann gebunden hätte, der Macht liebte, wie Ezra es tat, hätte er einen Tyrannen
von schrecklichen Ausmaßen erschaffen. Denk an einen Gottkönig, der wahrhaft zum Gott gemacht wird, und du hast eine kleine Ahnung davon. Was dein Meister im tiefsten Herzen liebte, war die Bruderschaft des Krieges. Er dürstete nach der Verbundenheit von Männern, die alles füreinander aufs Spiel setzten, um durchzukommen.
Wenn der Verschlinger eines ist, dann ist er ein Meister darin, Spannungen zu erzeugen. Damit dein Meister den schwarzen Ka’kari nehmen konnte, musste er diese Bruderschaft verlassen. Er musste aufgeben, was er am meisten liebte, und wurde Verräter genannt. Diese Spannung zwang Acaelus, zu einem tiefgründigeren, weiseren und traurigeren Mann zu werden. Dann war da natürlich noch die größere Spannung des Verschlingers und seine größere Macht. Dein Meister war ein Mann des Krieges, aber die Wirrnisse des Krieges sind solcher Art, dass selbst die Mächtigen von einem verirrten Pfeil oder einem stürzenden Pferd oder durch den Fehler eines Freundes gefällt werden können. Also lebte dein Meister mit der Spannung, die ihn zwischen seiner Berufung und seiner Furcht um jeden, den er liebte, hin und her riss.
Acaelus trachtete danach, in Frieden zu leben. Er hatte einige wenige Existenzen als Bauer, als Jäger, als Apotheker, als Parfümeur, als Schmied - kannst du dir das vorstellen? Doch obwohl es volle Leben waren - manchmal verheiratet, manchmal sogar mit Kindern -, waren es keine erfüllten Leben, denn ein Mann, der leugnet, was unabdingbar für ihn ist, ist ein Mann, der Löcher in den Becher seines eigenen Glückes bohrt. Wie hätte er anders können, als jenen zu grollen, die er liebte, da sie ihn von seiner Berufung fernhielten? Hier war ein Mann, der Armeen führen konnte, der beinahe allein Invasionen niederschlagen konnte. Dieser Mann war gezwungen, Landwirtschaft zu betreiben? Wieder und wieder kehrte er aufs Schlachtfeld zurück, weil das Böse
zu groß war, um es zu ignorieren. Und manchmal war er siegreich, und es gab keinen Preis zu zahlen. Und manchmal starb seine Frau, aber es war schlimmer, wenn seine Kinder starben; seine Ehen überlebten den Tod seiner Kinder niemals. Er war ein Mann, der niemals lernte, sich selbst zu verzeihen.«
Irgendein wesentlicher Teil, von dem der Wolf dachte, er verstehe ihn, entging Kylar, aber der Mann sprach weiter, und Kylar hungerte so sehr danach, mehr über seinen Meister zu erfahren, dass er es nicht wagte, ihn zu unterbrechen.
»Also trachtete er am Ende danach, die Macht des Ka’kari zu besiegen, indem er die Liebe besiegte«, fuhr der Wolf fort. »Er dachte, wenn er die Liebe verweigerte, könne der Tod ihm nichts mehr nehmen. Er machte sich taub gegen die Stimme der Liebe, indem er tötete und hurte und trank. Er wurde ein Blutjunge, weil Blutjungen nicht lieben können. Er war zu guter Letzt erfolgreich, und der Ka’kari ließ ihn im Stich, weil er endlich das Gegenteil der Liebe kannte.«
»Hass?«
»Gleichgültigkeit. Als Vondas Leben in Gefahr war, war Durzo erleichtert. Der Pfad, den er wählte, war ein vernünftiger - er sorgte dafür, dass der Ka’kari dem jungen Garoth Ursuul nicht in die Hände fiel -, aber die Wahrheit war, dass es ihn nicht wirklich kümmerte, ob Vonda starb. Das war es, was das Band des Ka’kari gebrochen
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