Jenseits Der Schatten
angezapft hatte, durfte er weder den Ka’kari noch irgendwelche Magie benutzen. Also hatte Kylar Vergeltung mit dem Ka’kari bedeckt und beides in Durzos sicherem Haus zurückgelassen.
Kylar begann zu würdigen, warum Durzo ihn so viele Fertigkeiten gelehrt hatte, die keiner Magie bedurften und die ihm
überflüssig erschienen waren, nachdem er gelernt hatte, seine Magie anzuzapfen.
»Alles bestens«, antwortete er. Die Chantry hatte ihm eine enorme Summe Geldes gegeben, um ein Haus am Seeufer zu kaufen. Er und Vi zogen heute ein, und das Haus hatte auch Platz genug für Elene und Durzo; Uly allerdings würde weiter in der Chantry leben. Für den größten Teil des Tages würde Kylar Vi nicht zu sehen bekommen: Sie würde früh aufstehen, in die Chantry gehen und erst abends nach Hause zurückkehren. Später, wenn ihre »Rebellion« begann, würden sie und die Schwestern, die sie begleiteten, in dem großen, von Mauern umgebenen Innenhof des Hauses trainieren. Das Haus war natürlich zu eben diesem Zweck ausgewählt worden.
»Wann hast du diese Tarnung erlernt?«, erkundigte sich Ariel. »Sie ist bemerkenswert. Ich hätte so etwas nicht für möglich gehalten.«
»Vielleicht habt Ihr Euch zuvor einfach geirrt.«
»Oh, mir sind schon Irrtümer unterlaufen, Kyle , und du spielst eine herausragende Rolle in ihnen, aber ich habe ein perfektes Gedächtnis.« Sie räusperte sich. »Ich möchte mich entschuldigen. Deine Zwangslage ist mehr meine Schuld als die irgendeines anderen Menschen. Ich wusste nicht genau, was ich dir auferlegte, aber ich habe Vi tatsächlich dazu gebracht, es zu tun.«
»Und würdet Ihr irgendetwas anders machen, wenn Ihr noch einmal die Chance dazu hättet?«, fragte Kylar.
Sie hielt inne. »Nein.«
»Dann ist es nicht wirklich eine Entschuldigung, oder?«
Schwester Ariel drehte sich um und ging und ließ Kylar, der sich die Schläfen rieb, allein zurück.
»Hallo«, erklang eine Stimme an der Tür.
Als Kylar auf blickte, sah er Elene. Sie lächelte schüchtern.
Ein Prickeln durchlief ihn. Er war wie erstarrt, während er sie anschaute. Zuerst überraschte ihn einmal mehr ihre Schönheit, die feine Balance ihrer Gesichtszüge, das Leuchten ihrer Haut. Dann richtete sich seine Aufmerksamkeit auf die Unsicherheit ihres Lächelns, die große, zerbrechliche Hoffnung in ihren Augen, während sie darauf wartete, wie er auf sie reagieren würde. Selbst wenn sie Angst hatte, erhellte sie einen Raum. Ein riesiger Kloß stieg ihm in die Kehle. Bevor er länger nachdenken konnte, durchquerte er den Raum und zog sie in die Arme.
Sie umarmte ihn heftig und ließ nicht los. Er hielt sie fest, und alles auf der Welt war gut. Er roch ihr Haar, ihre Haut, und dieser vergessene Duft war der Duft von Heimat.
Er wusste nicht, wie lange es dauerte, aber nur allzu bald kam er wieder zu sich.
Elene spürte die Veränderung sofort. Sie zog sich zurück und umfasste sein Gesicht mit beiden Händen. Dann schaute sie ihm direkt in die Augen, und als er den Blick abwandte, zog sie ihn zurück. »Kylar, da ist etwas, das du wissen musst«, sagte sie.
»Etwas, das ich wissen muss?«
»Ja«, antwortete sie. »Ich weiß über alles Bescheid, und ich liebe dich.« Ihre Hände, mit denen sie noch immer sein Gesicht umfasst hielt, entspannten sich, und sie strich mit den Fingern über seine Wangen. »Ich liebe dich.«
»Elene«, sagte Kylar. Er fragte sich, was es war, das ihren Namen anders klingen ließ als alle anderen Namen, wenn er ihm über die Lippen kam. »Es ist mehr als nur Vi.«
»Beides«, sagte Elene.
Kylar hielt inne. »Beides« - meinte sie damit die beiden Dinge, an die er dachte, oder verzieh sie ihm noch etwas anderes, von dem er nicht einmal wusste, dass er es getan hatte? Während ihrer kurzen Zeit als glückliche Familie in Caernarvon hätte Kylar es
auf sich beruhen lassen, voller Angst, von etwas getroffen zu werden, das er nicht hatte kommen sehen. Jetzt schüttelte er den Kopf. »Liebes, dies ist zu wichtig, um nicht in Worte gekleidet zu werden.«
Elene neigte kaum merklich den Kopf zur Seite, und er sah, dass sie die Veränderung in ihm bemerkte und ihn deswegen noch mehr respektierte. Es war eins der Dinge, die das Zusammensein mit Elene so intensiv machten: Sie war so offen, er wusste sofort, was sie empfand, und es war häufig überwältigend. »Ich weiß über die Beringung Bescheid. Vi und ich hatten einige lange und unangenehme Unterredungen. Ich weiß, dass du dein Schwert für
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