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Jenseits Der Schatten

Titel: Jenseits Der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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»Könnt Ihr mich beschützen?«
    Sein Blick flackerte zu den Vürdmeistern, die für Vi alle gleich aussahen. »Drei zehnte, zwei elfte und eine zwölfte Shu’ra. Mist. Vielleicht?«
    Einer der jüngeren Vürdmeister lachte und wandte sich über die Schulter um, um etwas zu sagen. Vi griff an, packte den Saum seiner Robe und riss daran. Wenn Vi darüber nachgedacht hätte, hätte sie es nicht versucht. Sie konnte eigentlich nicht so weit greifen. Sie hatte es nie gekonnt …
    Der Mann war schon halb die Schlucht hinunter, bevor er aufschrie.
    Feirs Augen waren riesig. »Schön gemacht.«
    »Das ist das Dümmste, was ich je getan habe«, entgegnete Vi. Mit ihrer Magie schob sie rechts und links Männer beiseite. Der Weg über den Staudamm lag etwa zehn Schritt vor und sieben Schritt unter ihr. Sie riss sich die Roben vom Leib.
    »Lenkt sie ab. Jetzt!«, rief sie.
    Die Schlachtenmagae gehorchten und schleuderten Dutzende von Feuerbällen.
    Vi rannte durch die Gasse, die sie freigemacht hatte, und
brauchte nur einige schnelle Schritte, bis sie Geschwindigkeit aufgenommen hatte. Dann sprang sie in den Abgrund und hätte beinahe vergessen, sich mit einem Schild zu beschirmen. Der Sprung war perfekt. Sie landete mit beiden Füßen mitten auf dem Weg, so dass Wasser in alle Richtungen spritzte, dann warf ihr Schwung sie gegen die Staumauer. Blind tastete sie um sich und spürte für einen kurzen Moment Stein unter den Fingerspitzen, dann flog sie ins Leere.
    Dumm, Vi, dumm.
    Sie stellte sich vor, dass sie Nysos lachen hören konnte. Sie hatte seit Monaten nicht mehr an den Gott starker Schnäpse gedacht, und jetzt würde sie durch Wasser sterben.
    Sie spannte die Muskeln für den Aufprall an, doch er kam nicht. Als Vi die Augen öffnete, konnte sie durch das Wasser der Flut nichts erkennen. Dann sah sie ein dickes Seil aus Magie um sich herumgeknotet, das sich bis zurück zu Schwester Ariel erstreckte, die vor Anstrengung das Gesicht verzog. Einen Moment später befand sich Vi neben einer der Ketten. Sie ergriff sie, und Schwester Ariel ließ Vi los.
    Vi wurde sofort von den Füßen gerissen und von der Wucht des Wassers umhergewirbelt, aber mit einiger Anstrengung schaffte sie es, sich aufzurichten. Über sich sah sie die Vürdmeister - es waren jetzt nur noch drei -, die feurigen Tod in ihre Richtung schleuderten, aber keins ihrer Geschosse kam auch nur in ihre Nähe. Am cenarischen Ufer leuchteten zweihundert Frauen wie Fackeln im Glanz ihrer Magie: ihre Schwestern. Sie beschützten sie, und nichts konnte sie aufhalten. Vis Herz wollte schier bersten. Diese Frauen würden für sie sterben. Zum ersten Mal in ihrem Leben gab es Menschen, die zu ihr gehörten.
    Sie lachte und weinte, noch während sie die andere Kette fand. Mit einer Kette in jeder Hand stand sie da, wobei jedes Glied so
lang war wie ihr Unterarm. Sie zog, doch ohne die Flaschenzüge war es einfach zu schwer.
    Sie trat einen Schritt zurück, aus dem Schatten des Damms in die Sonne hinein. Es war noch nicht ganz Mittag. Sie spürte Sonnenlicht auf der Haut und öffnete sich ihm, öffnete sich, bis das Licht brannte, bis es jede Pore mit Hitze erfüllte.
    Dann zog sie abermals. Zuerst bewegte sich nichts, dann hatte sie das Gefühl, als drohten in den Tiefen des Damms Mechanismen nachzugeben; sie protestierten in ihren eisernen Kehlen, und endlich … drehten sie sich. Ihre Magie erstreckte sich über ihre Arme hinaus und ergriff die Ketten wie ein halbes Dutzend Hände, fasste zu, zog und fasste wieder zu. Ein Zischen erfüllte ihre Ohren, und sie öffnete die Augen. Irgendetwas leuchtete blendend hell. Es war sie. Sie strahlte. Vi leuchtete wie der Seraph selbst. Dampf erhob sich in großen, zischenden Schwaden, wo das Wasser über ihre Gliedmaßen floss.
    Die Schleusentore öffneten sich langsam, drei auf der linken und drei auf der rechten Seite. Vi zog und spürte, wie ihre Kraft nachließ. Sie musste ihr Werk vollenden. Sie zog noch ein weiteres Mal, und die Tore hatten sich vollends geöffnet. Das Wasser, das über den Damm auf sie herabfloss, verebbte langsam. Sie konnte wieder sehen.
    Die sechs offenen Tore unter ihr spritzten mit unglaublicher Wucht Wasser in das Tal. Das Wasser schoss in Richtung der vielen tausend Hochländer, die auf den Großen Markt zugingen. Männer eilten auf höher gelegenes Gelände, rannten aufs Ufer zu und zertrampelten ihre Kameraden.
    Einzig Garuwashis Männer ließ die Flut ungerührt. Ob sie überhaupt gesehen

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