Jenseits Der Schatten
Befehl nur akzeptieren und in Zukunft alle seine Befehle akzeptieren oder diesen Befehl ablehnen und mit ihm alle, die jemals folgen würden. Ein Teil von ihm sehnte sich danach zu gehorchen. Er war davon überzeugt, dass die Ermordung Terahs das Richtige war, aber Logans moralischer Kompass war ein akkurateres Instrument als der Kylars. Was war an der Unterwerfung, das so hart war? Kylar wurde nicht um blinde Unterwürfigkeit gebeten. Er wurde darum gebeten, einem Mann zu gehorchen, den er kannte und liebte und respektierte und der seinerseits ihn respektierte.
Der Wolfshund ist vom Feuer verwöhnt. Der Wolf wird in der Kälte gejagt.
»Weißt du, wie sehr ich dich liebe, Logan?«, fragte Kylar. Logan öffnete den Mund, aber bevor er ein Wort sagen konnte, fügte Kylar hinzu: »So sehr.« Und ging.
29
Kylar war zurück in der Stadt auf seinem Weg zu dem einen sicheren Haus, von dem er zuversichtlich glaubte, dass es während der Herrschaft des Gottkönigs nicht entdeckt worden war, als plötzlich der Ka’kari zu sprechen begann.
~Wärst du begeistert über Logan als König, wenn er dir erklärte, Politik sei die Kunst des Möglichen, und dich bäte, seine Rivalen zu ermorden?~
Ich bin bereits verdammt. Meine Verbrechen können geradeso gut zu etwas nütze sein.
~Also wirst du sauberes Wasser aus einem schmutzigen Becher servieren? Du musst über bessere Tricks verfügen, als ich es tue.~
Das sichere Haus befand sich auf der Ostseite, aber weit weg von den besseren Vierteln im Außenbereich der Stadt. Das Gebäude, in dessen Schutz der Zugang zu dem sicheren Haus gelegen hatte, war allerdings nicht mehr da, und die Steinplatte, die den Zugang zu ebener Erde abschloss, trennten nur wenige Schritte von der neuen Mauer des Gottkönigs. In der einst verschlafenen Nachbarschaft herrschte rege Betriebsamkeit. Nach dem Tod des Gottkönigs waren Tausende von Menschen aus dem Labyrinth geflohen in der Hoffnung, sich entweder ihr Leben zurückzuerobern oder das bessere Leben eines anderen für sich zu fordern. Die Brände, die die Anhänger Terah Graesins beim Verlassen der Stadt gelegt hatten, hatten große, geschwärzte Schneisen der Ödnis hinterlassen. Das hatte unter den in der Stadt Verbliebenen sogleich zu einer Wohnungsnot geführt. Jetzt war Terah Graesin mit ihrem Anhang und ihren Truppen wieder da, aber es gab keine Baumaterialien. Da eine Armee die Stadt belagerte und die kalten Regenfälle begannen, waren die Menschen verzweifelt.
Kylar saß mit dem Rücken an die Stadtmauer gelehnt, um den Klängen der Stadt zu lauschen. Es war unmöglich, vor Einbruch der Nacht in das sichere Haus zu gelangen. Auch unsichtbar konnte er keine große Steinplatte anheben, ohne dass Dutzende von Menschen es bemerkten. Natürlich hatte das sichere Haus noch einen anderen Eingang. Unglücklicherweise stand eine neue Mauer darauf.
Die Stimmung unter den Leuten war zornig. Terah Graesin hatte an diesem Morgen den freien Verkehr über die Vanden-Brücke unterbunden, und das hatte beinahe zu einem Aufruhr geführt. Kylar lauschte einer Proklamation, die eine Rückkehr zu den Zuständen vor der Invasion versprach. Die Hausbesetzer
würden ins Labyrinth zurückgetrieben werden, und die rechtmäßigen Besitzer, Kaufleute und mindere Adlige, die vertrieben worden waren, würden ihre Häuser und Ländereien zurückerhalten, sobald sie ihre Forderungen beweisen konnten. Der Herold wurde mit Zischen und Johlen begrüßt.
»Und wie in den neun Höllen soll ich beweisen, dass mir eine Schmiede gehörte, wenn die Königin sie mitsamt meinen Urkunden niedergebrannt hat?«, brüllte ein Mann. Kylar hätte größeres Mitgefühl mit ihm gehabt, hätte er in dem Mann nicht einen Bettler erkannt. Andere dagegen äußerten sich beifällig.
»Ich gehe nicht zurück!«, schrie ein junger Mann. »Ich habe lange genug im Labyrinth gelebt.«
»Ich habe in der Nocta Hemata sechs von den Bleichen getötet«, rief ein anderer. »Ich verdiene etwas Besseres!«
Bevor der Zorn der Menge sich noch weiter aufschaukelte, zog der Herold sich hastig zurück.
Binnen einer Stunde boten Schreiber lauthals schlecht gefälschte Urkunden an. Eine Stunde danach tauchte ein Repräsentant der Sa’kagé auf. Seine Urkunden waren nicht nur von höherer Qualität und sehr viel teurer, er sagte auch, die Sa’kagé garantierten, dass keine Duplikate gefälscht werden würden. Er konnte nur Dokumente für dieses Viertel verkaufen, und er hatte nur ein begrenztes
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