Jenseits der Sehnsucht (German Edition)
eine Metalltür öffnete, die in eine Wand eingebaut war, entschied sie, dass es sich bei diesem Gerät um eine Art Ofen handeln musste.
Sie fand Jacob schließlich auf der Brücke, er saß vor der Kommandokonsole, nur mit einer Jeans bekleidet. Durch die Frontscheibe konnte sie das Panorama der Berge sehen. Jacob starrte durch die Scheibe hinaus, während er dem Computer Befehle gab.
»Koordinaten für fünfzehn Uhr setzen.«
Bestätigt.
»Anvisierte Ziellandung so nahe wie möglich bei den ursprünglichen Abflugdaten, einschließlich Datum, Zeit und Position.«
Bestätigt.
»Berechne geschätzte Flugdauer vom Startzeitpunkt bis zum Zeitsprung.«
In Arbeit … Schätzung liegt bei drei Stunden, zweiundzwanzig Minuten von Start bis Erreichen des Sonnenorbits. Wird genauere Kalkulation benötigt?
»Nein.«
»Jacob.«
Er drehte sich fluchend mit seinem Stuhl um. »Ausschalten.« Der Computerbildschirm wurde schwarz. »Ich dachte, du schläfst«, sagte er zu Sunny.
»Ich habe auch geschlafen.« Anschuldigungen, Drohungen, Bitten, alles schoss ihr in den Kopf. Sie hielt sie alle zurück. Sie hatte sich vorgenommen, stark zu sein. »Du gehst wieder zurück.«
»Ich muss.« Er stand auf und ging zu ihr. »Sunny, ich habe nach einem anderen Weg gesucht. Es gibt keinen.«
»Aber …«
»Liebst du deine Eltern?«
»Ja, natürlich.«
»Und ich liebe meine.« Er nahm ihre Hand, betrachtete sie. »Ich kann nicht beschreiben, was wir durchgemacht haben, als wir glaubten, Cal sei tot. Meine Mutter … sie ist eine sehr starke Frau. Aber als die Nachricht kam, dass Cal als vermisst galt, und man davon ausging, er sei tot, wurde meine Mutter krank vor Trauer. Wochenlang.«
»Das tut mir leid«, erwiderte sie leise. »Ich kann mir vorstellen, wie ihr euch gefühlt habt.«
Er schüttelte den Kopf. Die Erinnerung an jene Tage war immer noch schwer zu ertragen. »Und als wir dann die Wahrheit erfuhren, versuchten meine Eltern, sie zu akzeptieren. Cal lebte, das war das Wichtigste. Trotzdem wussten sie, dass sie ihren Sohn nicht wiedersehen würden.« Er hielt frustriert inne. »Vielleicht hilft es, wenn ich ihnen sage, dass er glücklich hier ist. Wenn ich ihnen von dem Kind erzähle, das er und deine Schwester bekommen werden.«
»Welchem Kind?«
»Cals. Libby trägt ein Kind unter dem Herzen. Hat sie dir das nicht gesagt?«
»Nein.« Erschüttert presste Sunny die Hände an die Schläfen. »Alles ging völlig drunter und drüber. Und ich … Libby ist schwanger.« Sie lachte leise und ließ die Hände sinken. »Ist das nicht wunderbar? Wir kriegen eine Nichte oder einen Neffen.« Es war wirklich wunderbar. Wenn die Welt am düstersten schien, zeigte sich ein Hoffnungsstrahl am Horizont. Ein neues Leben, eine neue Zukunft.
Und doch war es die Zukunft, an die sie Jacob verlieren würde.
»Eine Schwangerschaft dauert nur neun Monate«, setzte sie an. »Hast du nicht Lust zu bleiben, um herauszufinden, ob wir rosa oder blaue Luftballons kaufen sollen?«
Es war so leicht, hinter ihr Lächeln zu schauen, die Traurigkeit in ihren Augen zu erkennen. »Ich kann das Risiko nicht eingehen, das Schiff hier so lange liegen zu lassen. Und ich bin schon viel länger hier, als ich vorhatte. Sunny, meine Eltern haben das Recht zu erfahren, was mit Cal passiert ist. Sie müssen von dem Kind hören. Ihrem Enkelkind.«
»Ja, natürlich.«
»Wenn ich bleiben könnte … Dort gibt es nichts, was mir so viel bedeutet wie du. Das musst du mir glauben.«
Sunny versuchte, gefasst zu bleiben, während ihre Welt um sie herum einstürzte. »Ich glaube dir, dass du mich liebst.«
»Ja, das tue ich. Aber wenn ich nicht zurückgehe, wenn ich nicht wenigstens das für meine Eltern tue, könnte ich mir nie wieder in die Augen schauen.«
Sie wandte sich ab, denn sie verstand ihn nur zu gut. »Einmal, ich muss ungefähr neun oder zehn gewesen sein, bin ich einfach weggegangen. Wir verbrachten den Sommer in der Hütte, und ich wollte auf Entdeckungsreise gehen. Ich bildete mir ein, ich würde den Wald genau kennen, aber ich verlief mich. Die Nacht habe ich unter einem Baum verbracht. Als Mom und Dad mich am nächsten Nachmittag endlich fanden, waren sie beide völlig aufgelöst. Ich habe meinen Vater nie mehr so weinen gesehen wie an jenem Tag Ich kann dich also gut verstehen.«
»Dann weißt du, dass ich sie nicht zurücklassen kann.«
»Ja.« Sie brachte ein schwaches Lächeln zustande, als sie sich zu ihm umdrehte. »Es tut mir leid,
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