Jenseits der Sehnsucht (German Edition)
Mund. Sie wollte sich eiskalt und unbeteiligt geben, aber zum ersten Mal war sein Mund nicht gierig, nicht leidenschaftlich, nicht verzweifelt, sondern unendlich zärtlich. Es durchzuckte sie wie gleißende Wärme, floss durch sie hindurch wie goldenes Sonnenlicht und ließ ihre angebliche Gleichgültigkeit schmelzen wie Schnee im Frühling.
Jacob sah sie an, und Sunny fragte sich, ob sie da etwa Verwirrung in seinen Augen erkannte. Im Grunde ist es egal, sagte sie sich. Sie würde sich nicht erlauben, ein zweites Mal so viel für ihn zu empfinden. Doch da legte er seine Hand an ihre Wange und berührte ihre Lippen erneut.
Er hatte nicht gewusst, dass Zärtlichkeit so schwach machen konnte. Oder so erfüllend sein konnte. Wenn er sie zuvor berührt hatte, war es immer wie eine ungebändigte Macht gewesen. Blitze purer Energie. Jetzt war da nur diese Wärme, wie ein stiller Fluss, die durch ihn hindurchfloss. Er wollte diese Wärme mit ihr teilen, wollte Sunny zeigen, wie wichtig sie für ihn war, immer für ihn sein würde.
»Ich liebe dich«, murmelte er. Als sie den Kopf schütteln wollte, wiederholte er die Worte immer und immer wieder an ihren Lippen.
So konnte sie nicht gegen ihn ankämpfen. Nicht, wenn dieser Nebel ihren Verstand verhüllte und ihr Körper in dieser süßen, samtenen Dunkelheit versank. Ihr Atem stockte, als sie seinen Namen aussprach. Jacob bedeckte ihre zitternden Lippen mit den seinen. Geduldig, behutsam, mit Hingabe.
Zeit, dachte er, während er den Kuss vorsichtig vertiefte. Sie würden sich so viel Zeit nehmen, wie sie brauchten. Und wenn es vorüber war, würde sie wissen, dass er nie wieder lieben würde, wie er sie geliebt hatte.
Langsam zog er sie aus. Obwohl seine Finger vor Verlangen zitterten, beeilte er sich nicht. Knopf für Knopf öffnete er ihre Bluse, presste den Mund auf jedes Stück Haut, das er freilegte. Sacht, unendlich zärtlich folgte er der Spur mit dem Finger und schob die Stoffhälften auseinander.
Kein gieriges Verlangen mehr, nur eine schmerzende Sehnsucht, bittersüße Zärtlichkeit.
Sunny ergab sich. Sie zog Jacob den Pullover über den Kopf, damit sie die Wärme seiner Haut fühlen konnte. Wenn ihr nur das Heute blieb, so würde sie das Gestern und das Morgen vergessen. Als sein Mund den ihren berührte, war es wie ein allererster Kuss.
An das hier würde sie sich erinnern. An den Geschmack seiner Lippen, an die zärtlichen Worte, die er an ihrem Mund murmelte. Es konnte keine Versprechen geben. Aber in den Tiefen dieser grünen Augen konnte sie versinken, sie konnte sich verlieren in der Sanftheit seiner Hände. In dem dämmrigen, stillen Raum gab es weder Tag noch Nacht. Und ein Herz, das so voll von Liebe war, konnte nicht brechen.
Sie verzauberte ihn, bis er glaubte, sie könnten für immer hier zusammen sein, nur sie beide allein. Mit einem leisen Seufzer, mit einer zaghaften Bewegung, mit einem vorsichtigen Streicheln über seine Haut, mit ihrem Duft, der ihn erfüllte.
Und die Liebe, die er für sie fühlte, pulsierte mit seinem Blut durch ihn hindurch, drang bis in sein Innerstes, bis ihn die Erkenntnis einholte, dass er sich nie wieder davon würde freimachen können. Es war ein gutes Gefühl. Sie würde immer bei ihm sein, trotz der Distanz.
Als er in sie eindrang mit unstillbarer Sehnsucht und sie ihn in sich aufnahm mit bedingungsloser Hingabe, stand die Zeit wunderbar still.
Sunny erwachte. Sie blinzelte in die Dunkelheit und hatte Angst. Der Platz neben ihr war kalt. Jacob war fort. Panik griff nach ihrer Kehle, abrupt setzte sie sich auf. Sie hielt den Aufschrei zurück und versuchte sich zu beruhigen.
Jacob war nicht weg – zumindest nicht weit weg. Schließlich war sie noch immer auf seinem Schiff, in seinem Bett. Mit pochendem Herzen legte sie sich zurück und versuchte nachzudenken.
Wie er sie heute Nacht geliebt hatte … so süß, so zärtlich, so aufmerksam. Und so sehr wie ein Abschied. Nein, sie würde nicht wieder weinen, versprach sie sich selbst und drängte die Tränen zurück. Weinen war keine Lösung. Wenn sie ihn wirklich liebte, und das tat sie, konnte sie nur eines für ihn tun – stark sein.
Sunny zog sich im Dunkeln an, dann ging sie ihn suchen.
Das Schiff verwirrte sie. Da gab es noch eine kleinere Kabine, aber in demselben hellen Blau gehalten. Sunny durchquerte einen Raum, den sie für die Kombüse hielt.
Ein leerer Karton auf einer Anrichte wies seinen ehemaligen Inhalt als Getränk aus, und als Sunny
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